Streit um Benin-Bronzen Scheitert Baerbocks Mission am Ende doch?
Bei der Rückgabe einiger Benin-Bronzen an Nigeria setzte Baerbock auf ein Museumsprojekt vor Ort. Das könnte durch die Weitergabe der Skulpturen schwierig werden.
Kommen die Benin-Bronzen nun doch nicht ins Museum? Außenministerin Annalena Baerbock und Kultusstaatsministerin Claudia Roth (beide Grüne) übergaben im vergangenen Dezember die ersten Statuen feierlich an Nigeria. Damals war angekündigt worden, dass die Raubkunst im Edo Museum of West African Art (EMOWAA) ausgestellt werden sollen.
Diesen Eindruck erweckt auch die Website des Museums, dessen Bau die Bundesregierung mit mehreren Millionen Euro unterstützt, weiterhin. Doch nun gibt es Zweifel daran, ob es tatsächlich so kommen wird. Denn der scheidende Präsident Nigerias, Mohammedu Buhari, hat das Eigentumsrecht der Kunstwerke an das aktuelle Oberhaupt der königlichen Familie, Oba Ewuare II., übertragen.
Ethnologin spricht von "Fiasko"
Damit erhält er Anspruch auf alle Kunstwerke, die 1897 bei einer britischen Strafexpedition im Königspalast von Benin geplündert wurden. Der entsprechende Erlass wurde bereits am 23. März dieses Jahres veröffentlicht. Darin heißt es, der Anspruch gelte "unter Ausschluss jeder anderen Person und Institution", wie nigerianische Zeitungen schreiben. Das gilt für alle bereits zurückgegebenen und noch folgenden Skulpturen.
In Zukunft soll der Oba gemeinsam mit der nigerianischen Regierung darüber entscheiden, wie die Artefakte sicher und geschützt aufbewahrt werden können. Dabei könne es sich um den Palast handeln, aber auch andere Orte seien möglich, heißt es von der Regierung. Über mögliche Ausstellungen entscheidet laut dem Erlass der Oba.
In Deutschland berichtete zuerst die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" in Form eines Gastbeitrages der emeritierten Ethnologie-Professorin Brigitta Hauser-Schäublin. In ihrem Text nennt sie die nigerianische Entscheidung "ein Fiasko". Der Erlass beende die Vision eines staatlichen Museums als neuem Zuhause für die Skulpturen, denn es sei dem "Gutdünken" des Oba überlassen, wie es weitergehe. Darin sieht sie ein Problem, denn das Königshaus Benin war in den Sklavenhandel eingebunden, aus dessen Gewinnen die Kunstwerke einst hergestellt wurden.
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Für ihren Beitrag wurde Hauser-Schäublin auf Twitter deutlich kritisiert. Der Jurist Matthias Goldmann etwa zweifelte an, ob die Skulpturen so, wie von verschiedenen Medien angedeutet, der Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Wie der Oba letztlich mit den Bronzen verfahren wird, ist unklar und damit auch, ob es zu der von Baerbock geäußerten Ausstellung im EMOWAA kommen wird.
Vom Auswärtigen Amt hieß es dazu am Sonntag, dass Nigeria entscheide, was mit den Bronzen passiere. "Die Rückgabe der Bronzen an Nigeria war nicht an Bedingungen geknüpft." Es sei dabei darum gegangen, historisches Unrecht zu beheben. Dennoch habe man "weiterhin den Wunsch, dass die Bronzen ausgestellt werden". Das Präsidialdekret sei noch nicht in Kraft getreten und es habe bereits Änderungsanträge gegeben, so das Ministerium weiter.
Übertragung wohl wegen Streit auf Regionalebene
Hintergrund für die Eigentumsübertragung ist laut nigerianischen Medien ein Streit zwischen dem Oba und dem Gouverneur der Region Benin, Godwin Obaseki. Obaseki gilt als großer Förderer des Museumsprojekts EMOWAA und will Benin City zu einem kulturellen Zentrum aufbauen. Doch Kritiker werfen ihm Zusammenarbeit mit den Gegnern des Königshauses war und verweisen auf seinen Großvater, der den Briten nach der Zerstörung von Benin City im Jahr 1897 als Interims-Regent diente. Präsident Buhari hat diesem Streit nun ein Ende gesetzt – warum er so entschied und das nicht einmal einen Monat vor der Vereidigung seines Nachfolgers Bola Tinubu, ist unklar.
Bei den Benin-Bronzen handelt es sich um mehr als 5.000 Reliefs und Skulpturen. Mehr als tausend davon befinden sich seit mehr als hundert Jahren in den Sammlungen deutscher Museen. Im vergangenen Jahr hatten Deutschland und Nigeria sich über die Rückgabe von rund zwei Drittel der in Deutschland befindlichen Bronzen geeinigt. Das verbleibende Drittel sollte als Dauerleihgabe in deutschen Museen ausgestellt werden.
Die Bronzen wurden zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert im Königreich Benin zum Großteil aus Messing gefertigt. Das Königreich lag auf dem Gebiet des heutigen Kenia. Ab dem 15. Jahrhundert wurden für Fertigung hauptsächlich Armreifen aus Kupfer verwendet. Diese sogenannten Manillen wurden von portugiesischen Händlern unter anderem als Zahlungsmittel für Sklaven verwendet.
- faz.de: "War das der Sinn der Restitution?"
- welt.de: "'Fiasko' – Zurückgegebene Benin-Bronzen in Privatbesitz gegeben statt ausgestellt"
- focus.de: "Benin-Bronzen landen in Nigeria nicht im Museum, sondern in Privatbesitz"
- Website des Edo Museum of West African Art (EMOWAA)
- arise.tv: "Nigeria Recognises Oba of Benin as Owner and Custodian of All Looted Benin Artefacts"