Pressestimmen zum Tod vom Papst "Gefühl der halbherzigen Reform"

Er war das Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken auf der ganzen Welt: Nach dem Tod von Papst Franziskus erinnern sich viele – auch kritisch – an den Pontifex.
Am Samstag soll Papst Franziskus beigesetzt werden. Hunderte Staats- und Regierungschefs aus aller Welt werden erwartet. Gläubige trauern auf dem Petersplatz um den Papst. Das schreibt die internationale Presse zu seinem Tod:
Italien
"La Republica": "Diese leere Wohnung hinter dem Fenster, auf das die Gläubigen nun blicken, wenn sie den Petersplatz überqueren, vermittelt ein Gefühl der Unfertigkeit, der halbherzigen Reform. Als hätte der Papst das ruhige Ufer, an dem die Kirche lehnte, verlassen und es versäumt, das andere Ufer zu erreichen. Dies ist das Schicksal vieler Reformer, die letztlich sowohl von den Progressiven angegriffen werden, weil sie in der Mitte der Furt stehen geblieben sind, als auch von den Konservativen, weil sie zu weit gegangen sind."
Frankreich
"Liberation": "Mit Papst Franziskus (...) starb eine der wenigen Stimmen, die in der Lage waren, das Korsett zu sprengen, das die Kirche seit Jahrhunderten umklammert. Der Papst, der sein Pontifikat den Armen und der Peripherie widmen wollte, hat trotz aller Hoffnungen, die manche in ihn setzten, unter seiner Herrschaft keine wirkliche Revolution in der Kirche bewirkt."
Spanien
"El Mundo": "Der Tod von Franziskus (...) markiert das Ende eines einzigartigen Pontifikats. Es war geprägt von seinem Bestreben, die am stärksten benachteiligten Gruppen zu schützen und die Kirche den Gläubigen näherzubringen – ebenso wie von seinem Anspruch, in einer Zeit tiefgreifender geopolitischer Umbrüche eine prägende Stimme zu sein. Sein Einsatz für die Ausgegrenzten und seine Kritik an den Eliten lassen keinen Zweifel daran, dass Jorge Mario Bergoglio ein Papst seiner Zeit war. Sein Vermächtnis wird untrennbar mit dem Versuch verbunden bleiben, weniger die kirchliche Lehre als vielmehr die Kultur der Kirche zu erneuern."
- Nach dem Tod des Papstes: Hier lesen Sie alle Entwicklungen im Newsblog.
Großbritannien
"The Guardian": "Während seiner zwölf Jahre auf dem Stuhl des Heiligen Petrus hat Franziskus in bewundernswerter Weise versucht, die Energien der katholischen Kirche wieder auf die Menschen am Rande der Gesellschaft zu konzentrieren und gleichzeitig die Macht etablierter Interessengruppen zurückzudrängen. (...) Während nationalistische Bewegungen den politischen Kompass des Westens immer weiter nach rechts zogen, wurde Franziskus zu einem immer wichtigeren Gegengewicht bei Themen wie der Migration, der globalen Erwärmung und dem Schicksal des Globalen Südens."
USA
"Washington Post": "Franziskus hat oft die richtigen Kämpfe geführt. Er setzte sich im Kampf gegen den Klimawandel und (...) für verfolgte religiöse Minderheiten ein, für die Armen im Globalen Süden und die Migranten und Flüchtlinge, zu deren Ehren er ein Denkmal auf dem Petersplatz enthüllte. Als er Papst wurde, waren mehr als die Hälfte der Kardinäle Europäer; bei seinem Tod waren es weniger als 40 Prozent. Obwohl er die Toleranz der Kirche erweiterte (...), schien Franziskus blind für andere Probleme zu sein. Er weigerte sich, Russlands blutigen Landraub in der Ukraine zu verurteilen. Er beförderte Frauen in wichtige Verwaltungspositionen, duldete aber nicht deren Priesterweihe."
Australien
"Sydney Morning Herald": "Franziskus wird für vieles in Erinnerung bleiben – als Reformer, als Jesuit, als Verteidiger der Armen. Doch das vielleicht beständigste Bild wird das eines Sterbenden sein, der sich weigerte, sich zurückzuziehen, der seine Botschaft über den Schmerz hinaus in die Geschichte trug. An seinem letzten Osterfest predigte Franziskus nicht die Auferstehung. Er verkörperte sie."
- Nachrichtenagentur dpa