Scharfe Kritik nach Eishöhleneinsturz in Island "Solche Reisen anzubieten, ist absurd"
Eine Touristen-Gruppe ist in Island vom Einsturz einer berühmten Eishöhle überrascht worden, ein Mensch starb. Jetzt hagelt es massive Kritik.
Nach dem tödlichen Eishöhlenunglück am Breidamerkurjökull-Gletscher herrscht in Island Fassungslosigkeit. Am Pranger stehen sowohl das Unternehmen, das die Tour anbot, als auch die Behörden, die sie genehmigten.
Berichten zufolge hatte das Geowissenschaftliche Institut der Universität Island im Jahr 2017 eine brisante Risikobewertung erstellt: Während der Sommermonate sei es zu gefährlich, Eishöhlen im betreffenden Nationalpark zu besuchen. "Touristen solche Reisen anzubieten, ist absurd", sagte einer der Autoren des Berichts dem isländischen Rundfunksender RÚV.
Regierung beruft Arbeitsgruppe mit vier Ministerien ein
Die isländische Regierung stellte eine Arbeitsgruppe zusammen, um den Eishöhleneinsturz aufzuarbeiten. Beteiligt sind vier Ministerien. Eine große Rolle soll die Frage spielen, wieso Tourismusunternehmen trotz der bescheinigten Gefahr Eishöhlen-Touren im Sommer anbieten konnten. "Wir müssen uns sehr genau ansehen, warum der Bericht bei der Erteilung der Genehmigungen nicht berücksichtigt wurde", sagte Tourismusministerin Lilja Alfredsdóttir.
Zusätzlich für Empörung sorgt die Tatsache, dass zunächst von 25 Personen ausgegangen worden war, die am Unglückstag die Eishöhle besucht hatten. Tatsächlich waren jedoch bloß 23 Menschen in der Gruppe. Laut Polizei hatte es offenbar Fehler bei der Registrierung für die Tour gegeben.
Ein Tourist starb, seine Partnerin wurde schwer verletzt
Dies führte zu umfangreichen Suchmaßnahmen nach zwei vermeintlich Vermissten. Hunderte Rettungskräfte beteiligten sich unter schwierigen Bedingungen daran und räumten mit den Händen dicke Eisblöcke zur Seite.
Tourismusministerin Alfredsdóttir nannte den Fehler "inakzeptabel". Kritik kam auch von den Rettungskräften selbst. Deren Sprecher nannte die Informationspanne "unglücklich".
Das Unglück am Breidamerkurjökull-Gletscher hatte sich am Sonntag ereignet. Die Besuchergruppe war unter Leitung eines Führers in eine Eishöhle in der Nähe der Gletscherlagune Jökulsarlon gegangen, als die Höhle plötzlich einstürzte. Ein Tourist aus den USA starb. Seine Partnerin – ebenfalls US-Bürgerin – wurde schwer verletzt per Hubschrauber in ein Krankenhaus in Reykjavik geflogen.
Schauplatz für "James Bond" und "Tomb Raider"
Island mit seinen Gletschern und Geysiren, Vulkanen und Wasserfällen ist unter anderem bei vielen Outdoor-Freunden ein sehr beliebtes Reiseziel. Im vergangenen Jahr besuchten rund 2,2 Millionen Menschen die Nordatlantik-Insel, die selbst nur weniger als 400.000 Einwohner hat, darunter knapp 140.000 Deutsche.
Neben anderen Naturspektakeln zählen gerade Wanderungen über Gletscherzungen und durch Eishöhlen zu den beliebtesten Dingen, die Touristen auf Island unternehmen können. Auch Bootstouren auf dem Jökulsarlon sind eine spektakuläre Erfahrung: Auf dem Wasser des Gletschersees treiben viele Eisberge, die vom Gletscher Vatnajökull und seinem Ausläufer Breidamerkurjökull abgebrochen sind. Die spektakuläre Szenerie diente bereits als Schauplatz für mehrere Filmproduktionen, darunter "James-Bond"- und "Tomb-Raider"-Filme.
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- Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa