Aus dem China der Ming-Zeit Jahrhundertealte Buddha-Statue lässt Australien rätseln
Das TV-Format "Bares für Rares" ist auch in Australien beliebt. In der jüngsten Ausgabe schien kurz die Geschichte des Kontinents infrage zu stehen.
Australiens Geschichte muss wohl nicht umgeschrieben werden. Doch Anlass für Spekulationen liefert ein geheimnisvoller Fund im Westen des Kontinents allemal. Am Strand der Shark Bay buddelten Filmemacher 2018 eine 15 Zentimeter hohe und ein Kilo schwere Buddha-Statue aus. Jetzt steht fest: Die Bronzefigur wurde in China hergestellt – und das womöglich vor mehr als 600 Jahren.
"Lassen Sie uns das gleich festhalten: Ja, die Statue stammt aus der Zeit der Ming-Dynastie", erklärte in der britischen Ausgabe von "Bares für Rares" Lee Young, ein Experte für asiatische Kunst vom Auktionshaus "Dore and Rees". "Es handelt sich um einen kindlichen Buddha, der bei Feierlichkeiten zum Geburtstag des Religionsstifters gezeigt wurde", so Young weiter. Die Figur müsse einer Person von hohem Stand gehört haben und sei definitiv ein "Welterbe".
Kam die Figur mit Admiral Zheng He nach Australien?
Die Ming-Dynastie beherrschte China zwischen 1368 und 1644. Eine metallurgische Untersuchung am Western Australian Museum bestätigte zwar die Echtheit der Statue, konnte sie zeitlich aber nicht näher eingrenzen. Doch der Name Ming reichte schon aus, um die Fantasie von Finder Leon Dechamps zu beflügeln: War die Statue womöglich mit der legendären chinesischen Flotte von Admiral Zheng He nach Australien gekommen?
Zheng He kommandierte eine Flotte von 300 Schiffen und 30.000 Seeleuten, die Anfang des 15. Jahrhunderts im Auftrag von Ming-Kaiser Yongle den Indischen und den Pazifischen Ozean erkundete – Jahrzehnte bevor die Europäer Amerika erreichten. Die Expeditionen Zheng Hes führten die Chinesen bis an die Küsten Ostafrikas, doch Belege für eine chinesische Präsenz in Australien vor den Europäern gibt es nicht. Der erste Europäer auf dem Kontinent soll 1616 der Niederländer Dirk Hartog gewesen sein. Die China-Kennerin Jocelyn Chey äußerte umgehend Zweifel an der Theorie des begeisterten Buddha-Finders.
"Betrachten uns nicht als Besitzer der Statue"
"Nur weil die Statue vielleicht 500 Jahre alt ist, muss sie nicht schon vor 500 Jahren nach Australien gekommen sein", sagte Chey dem "Guardian". "Doch sie ist wohl das älteste chinesische Objekt in Australien." Der Historiker Paul Macgregor äußerte die Vermutung, die Figur könne den Kontinent mit chinesischen Fischern in den 1870er-Jahren erreicht haben – oder absichtlich als falsche Fährte in der Shark Bay platziert worden sein. Auktionator Young schätzte allein den Kunstwert des kindlichen Buddhas auf umgerechnet fast 113.000 Euro. Profit machen wollen die Finder mit der Statue allerdings nicht.
"Heilige Objekte gehören den Gemeinden, denen sie heilig sind", schrieben Shayne Thomson and Leon Deschamps in einer Stellungnahme. "Wir betrachten uns nicht als Besitzer, sondern als Bewahrer der Statue." Die Erforschung des Buddha habe die Filmemacher umgerechnet fast 50.000 Euro gekostet. Jetzt hoffen sie auf eine Beteiligung des australischen Staates an der weiteren archäologischen Erforschung der Fundstelle.
- theguardian.com: Could a Ming dynasty Buddha found near an Australian beach rewrite history? (englisch; Stand: 9. März 2023)
- sz.de Chinas Weltentdecker (Stand: 9. März 2023)