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Hessen: So lebt es sich im Trinkwassernotstand – Folgen für die Bevölkerung


Bußgelder fürs Autowaschen
So lebt es sich im Trinkwassernotstand

t-online, ld

07.08.2022Lesedauer: 3 Min.
Knappes Gut Grundwasser (Symbolbild): In Teilen Hessens haben einige Kommunen den Trinkwassernotstand ausgerufen.Vergrößern des Bildes
Knappes Gut Grundwasser (Symbolbild): In Teilen Hessens haben einige Kommunen den Trinkwassernotstand ausgerufen. (Quelle: IMAGO/Durand T/Alpaca/Andia.fr)
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Teile Hessens ächzen unter anhaltender Dürre. Manche Kommunen können den Wassermangel nicht mehr ausgleichen – was Folgen für die Bevölkerung hat.

In Teilen Hessens wird seit mehreren Wochen das Wasser knapp – mancherorts wurde gar der Trinkwassernotstand ausgerufen: so wie in Schmitten im Obertaunus. "Das geht jetzt schon das dritte oder vierte Jahr hintereinander so", sagt Karsten Löw. Der Anwohner erzählt, er lebe in der Nähe eines Baches. Wenn dieser im Sommer weniger Wasser führe, wisse er inzwischen: Jetzt kommt bald das Schreiben. Gemeint ist die Bekanntmachung der Gemeindeverwaltung, dass ab sofort der Trinkwassernotstand gilt.

Notstand – das klingt dramatisch. Zuletzt wurde er in mehreren hessischen Orten ausgerufen. Vielen anderen droht er, weil die Wasserknappheit immer größer wird. Aber was bedeutet das im Alltag?

In Schmitten gilt der Notstand in diesem Jahr seit dem 20. Juli. Damit ist es grundsätzlich verboten, Wasser aus Trinkwasserleitungen zu verschwenden oder zu speichern. Das heißt: Rasen sprengen? Nicht erlaubt. Springbrunnen? Auch nicht. Auto waschen? Ebenfalls verboten – außer man benutzt eine Waschanlage mit Wasseraufbereitung und Kreislaufnutzung. Die Bußgelder sind hoch: Bis zu 5.000 Euro Strafe drohen.

Ausnahmen gibt es für Unternehmen, aber nur soweit ihre Wassernutzung "zur unmittelbaren Aufrechterhaltung des Betriebes" unbedingt nötig ist. "Schwierige Zeiten", so nennt es die Gemeinde in einem Schreiben.

Die Feuerwehr fährt durch die Orte und ruft zur Sparsamkeit auf

In Schmitten hat sich die Lage so zugespitzt, dass nun auch sogenannte Sperrzeiten gelten: Von 1 Uhr bis 3.30 Uhr dürfen Wasserhähne gar nicht mehr benutzt werden. Ein mulmiges Gefühl?

"Dass es in diesen Zeiten keine gute Idee ist, seinen Pool zu befüllen und verschwenderisch Wasser zu verbrauchen, sollte jedem klar sein", sagt Karsten Löw. Für ihn ist es das zumindest. Er engagiert sich in der freiwilligen Feuerwehr im Ort. Seit ein paar Jahren schon fahren sie im Sommer mit ihren Einsatzfahrzeugen herum und rufen per Lautsprecher dazu auf, Wasser zu sparen. Es ist fast schon Routine geworden. Mulmig, sagt Löw, werde ihm erst, wenn das Wasser eines Tages tatsächlich gar nicht mehr laufe.

Wasserwerke: Missverhältnis zwischen Verbrauch und Neubildung

Ein paar Orte weiter, in Königstein, ist noch kein Notstand ausgerufen. Hier gilt eine Vorstufe: die behördlich festgestellte Trinkwasserknappheit. Auch in Königstein werden die Bürger schon seit Monaten dazu aufgerufen, sparsam mit dem Wasser umzugehen. Die Stadtwerke machten dabei mit besonders deutlichen Worten Schlagzeilen. Sie beklagen ein Missverhältnis zwischen dem Verbrauch einiger Bürger und der sogenannten Grundwasserneubildung.

Im hessischen Taunus werde Trinkwasser vor allem aus tiefliegenden Stollen abgepumpt, erklären sie auf Anfrage von t-online. Das Wasser sei dann schon durch mehrere Gesteinsschichten gesickert und ordentlich mineralisiert. Man müsse es nur noch wenig aufbereiten, um es genießbar zu machen.

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Das Problem: Es bilde sich nicht mehr ausreichend Grundwasser nach. Die entscheidenden Wintermonate von November bis Februar fielen in der Vergangenheit zu trocken aus. Was die Gemeinden dann im Sommer in die Mangelversorgung treibe, seien sogenannte Spitzenlastverbräuche – wenn also Anwohner nachts ihre Pools volllaufen ließen und dadurch viele Kubikmeter Wasser auf einmal verbrauchten. Das Winterreservoir sei dann irgendwann einfach aufgebraucht.

Eine Kommune müsse in solchen Fällen Wasser zukaufen, zumindest so weit es die Infrastruktur überhaupt zulasse. Nachts durchgehend den Rasen zu sprengen, mit einer Ressource, von der andere auf dem Planeten ohnehin kaum etwas haben, das sei schon dekadent, heißt es bei den Stadtwerken in Königstein scharf.

Das Wasser weicht: In Hessen herrscht Dürre

Zahlen verdeutlichen das Problem: Ein Hesse verbrauchte zuletzt durchschnittlich knapp 130 Liter Wasser am Tag. Die öffentliche Wasserversorgung habe bei der letzten Messung die größte Menge Wasser seit knapp dreißig Jahren an Gewerbe und Haushalte abgegeben, wie das Statistische Landesamt Hessens bekannt gab.

Zugleich regnet es immer weniger. Die vergangenen drei Monate haben nach Angaben des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie unterdurchschnittlich viel Regen gebracht. Für den vergangenen Monat weist das Land 63 Prozent weniger Niederschlag aus als im langjährigen Mittel (1991-2020). Derzeit lägen außerdem etwa zwei Drittel der Pegelstände von Flüssen im niedrigen Bereich, Tendenz weiter fallend.

Lage beim Grundwasser ist ähnlich dramatisch

Ähnlich dramatisch ist die Lage beim Grundwasser: 40 Prozent der Messstellen in Hessen wiesen im Juli sehr niedrige Werte auf. Fast drei Viertel aller Messstellen meldeten zudem weniger Grundwasser als noch im Vorjahr. Dabei war 2021 bereits von außergewöhnlicher Dürre geprägt.

Dem Wasserexperten Siegfried Gendries zufolge ist der kommende Winter mit seinen Niederschlägen entscheidend. Davon sei es abhängig, ob sich die Grundwasserstände regenerieren. Ansonsten drohe eine Verschärfung der Lage: "Dann wird es auch dazu kommen, dass immer mehr Kommunen zu restriktiveren Maßnahmen greifen werden – und die Kommunen werden auch alle Verbraucher stärker überwachen", sagte er dem Hessischen Rundfunk.

Der Trinkwassernotstand könnte dann nicht nur für Karsten Löw in Schmitten zur Routine werden.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Karsten Löw
  • Telefonat mit den Wasserwerken Königstein
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