Bei Koalitionsverhandlungen Hat Porsche Einfluss auf Lindner ausgeübt? FDP weist Vorwurf zurück
Ein ZDF-Bericht über Äußerungen des Porsche-Chefs über seinen engen Draht zu Finanzminister Lindner sorgt für Aufsehen. Porsche zeigt sich zerknirscht.
Die FDP hat die Darstellung zurückgewiesen, dass sich Parteichef Christian Lindner in der Frage zum Umgang mit synthetischen Kraftstoffen eng mit dem Chef des Autoherstellers Porsche ausgetauscht habe. Lindners Position zu den sogenannten E-Fuels sei "seit Jahren bekannt" und stamme noch aus der Zeit der FDP in der Opposition, erklärte ein Parteisprecher am Samstag. Porsche erklärte: "Im Rahmen einer internen Veranstaltung im Juni ist überspitzt formuliert worden, dafür entschuldigen wir uns." Es habe keine Einflussnahme gegeben.
Das ZDF-Sartiremagazin "Die Anstalt" hatte am Dienstag über Äußerungen von Porsche-Chef Oliver Blume bei einer Betriebsversammlung am 29. Juni berichtet. Demnach soll Blume vor Mitarbeitern gesagt haben, dass Porsche "sehr großen Anteil" daran gehabt habe, dass eine weitere Nutzung von synthetisch hergestellten E-Fuels für Verbrennungsmotoren "in den Koalitionsvertrag miteingeflossen" sei. "Da sind wir Haupttreiber gewesen, mit ganz engem Kontakt an die Koalitionsparteien. Der Christian Lindner hat mich in den letzten Tagen fast stündlich auf dem Laufenden gehalten", wurde der Porsche-Chef in der ZDF-Sendung zitiert. Hier lesen Sie mehr dazu.
FDP: Nur kurzes Gespräch im Oktober 2021
Ende Juni hatte es innerhalb der Ampel-Koalition Streit über ein Verbot für die Neuzulassung von Verbrennerautos ab 2035 auf EU-Ebene gegeben. Lindner hatte die Verbotspläne abgelehnt. In den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2021 hatte sich die Ampel darauf geeinigt, Neuzulassungen für Verbrennermotoren ab 2035 zu verbieten – für Autos, die nur mit E-Fuels betrieben werden können, sollte es jedoch eine Ausnahme geben.
Der FDP-Sprecher teilte am Samstag mit, es habe "im Oktober 2021 lediglich ein kurzes Telefonat zwischen Herrn Blume und Herrn Lindner zu Fragen der Verwendung von E-Fuels" gegeben. Solche Gespräche hätten auch die übrigen Verhandler der Koalitionspartner geführt, was angesichts der Bedeutung der deutschen Automobilindustrie auch richtig sei. Mit Blick auf Lindners Vorgehen Ende Juni erklärte die FDP, dass es vor dieser Entscheidung "keinerlei Kontakt in der Sache mit Herrn Blume und auch danach keinerlei Versuch einer Einflussnahme auf die lange bestehende Position von Herrn Lindner gegeben" habe.
Porsche: "Die Wortwahl entspricht nicht den Tatsachen"
Das ZDF hatte zuvor mitgeteilt, für Blumes Äußerungen gebe es verifizierte Belege. Diese lagen dpa nicht vor. Ein Porsche-Sprecher erklärte am Freitag auf Anfrage, den fraglichen Austausch "hat es so nicht gegeben". Am Freitagabend wurde bekannt, dass Blume zum 1. September Nachfolger von Herbert Diess als Vorstandschef des Volkswagen-Konzerns werden soll.
Am Samstag äußerte Porsche dann sein Bedauern über die Vorfälle: "Im Rahmen einer internen Veranstaltung im Juni ist überspitzt formuliert worden, dafür entschuldigen wir uns", so ein Sprecher. "Die Wortwahl entspricht nicht den Tatsachen. Der Austausch hat so nicht stattgefunden und es gab keine Einflussnahme." Zur genauen Wortwahl von Blume machte der Sprecher keine Angaben.
Linke: Sache hat 'Geschmäckle'
Die Linke im Bundestag warnte angesichts der Berichte vor einer Gefährdung der Demokratie. "Es kann nicht sein, dass der Porsche-Chef augenscheinlich besser über den Stand der Koalitionsverhandlungen informiert wurde als der Rest der Bevölkerung. Das wäre eine weitere Aushöhlung der Demokratie", sagte der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte der "Welt am Sonntag". "Die Sache hat mindestens ein "Geschmäckle".
Eine Sprecherin der Transparenz-Organisation Lobby Control, Christina Deckwirth, sagte der Zeitung: "Es ist hochproblematisch, wenn es bei Koalitionsverhandlungen Sonderzugänge für große finanzstarke Konzerne gibt." Bei Twitter gab es im Lauf der Woche Tausende Posts mit dem Hashtag "LindnerRücktritt", vereinzelt auch mit "PorscheGate".
Kritiker halten E-Fuels für teuer und ineffizient
Bei E-Fuels handelt es sich um Treibstoffe für Benzin- oder Dieselmotoren, die durch ein schwieriges chemisches Verfahren hergestellt werden. Kritiker führen gegen synthetische Kraftstoffe an, die Herstellung brauche extrem viel Energie und sei deswegen sehr teuer und ineffizient. Zudem stießen die Autos bei der Verbrennung von E-Fuels anders als E-Fahrzeuge klimaschädliches CO₂ aus.
Der Einsatz der Regierung für E-Fuels wurde 2021 auch im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung festgehalten. Neben dem Einsatz für Elektromobilität und dem Vorhaben, ab 2035 in Europa nur noch CO₂-neutrale Fahrzeuge zuzulassen, steht dort: "Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können."
- Nachrichtenagentur dpa