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Innenminister: "Rechtsextremistische Lagen" auf Corona-Demos nehmen zu


Innenminister zu Protesten
"Rechtsextremistische Lagen" auf Corona-Demos nehmen zu

Von dpa
Aktualisiert am 28.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Ein Teilnehmer bei einem Protest gegen die Corona-Politik: Die Innenminister von Bund und Ländern wollen gegen gewaltbereite Demonstranten vorgehen.Vergrößern des Bildes
Ein Teilnehmer bei einem Protest gegen die Corona-Politik: Die Innenminister von Bund und Ländern wollen gegen gewaltbereite Demonstranten vorgehen. (Quelle: Fabian Sommer/dpa)

Mit großer Sorge blicken die Innenminister auf aktuelle Entwicklungen in der Corona-Protest-Szene. Unangemeldete Kundgebungen würden nicht geduldet – schon gar nicht vor den Häusern von Politikern.

Die Innenminister von Bund und Ländern haben unter anderem über die zunehmenden Proteste gegen die Corona-Maßnahmen beraten. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sieht hier unter anderem die AfD als einen Faktor, der zur Radikalisierung beiträgt. "Sie ist ganz eindeutig eine Gefahr für diese Demokratie", sagte der SPD-Politiker am Freitag bei dem Innenministertreffen in Stuttgart.

Die Partei versuche, Kapital aus der Corona-Krise zu schlagen, "indem ihre Ortsverbände diese organisierten nicht-angemeldeten Versammlungen auf den Weg bringen, teilweise sind es örtliche Abgeordnete, die das tun", kritisierte Pistorius. In Niedersachsen seien die Teilnehmerzahlen bei Corona-Protesten zwar geringer als in manchen anderen Bundesländern, allerdings sei eine "Zunahme von verbaler Aggression und Übergriffen" festzustellen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte mit Blick auf das Protestgeschehen: "Es ist in der Tat so, dass es zunimmt, und was auch zunimmt, sind die rechtsextremistischen Lagen vor Ort." Unter den Protestierenden seien Verschwörungstheoretiker, aber auch Menschen, die gegen eine Impfpflicht seien, "und das ist ja auch ihr gutes Recht". Allerdings sei zu beobachten, dass Rechtsextremisten den Unmut immer stärker für ihre Zwecke missbrauchten. Es gehe um ein "Aufbegehren gegen den Staat". Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) betonte: "Anständige Staatsbürger beteiligen sich nicht an verbotenen Demonstrationen."

Auch Gewaltaufrufe über Telegram waren Thema

Strikt verurteilten die Innenminister Kundgebungen vor den Häusern von Ministerinnen oder Kommunalpolitikern. Auf der Tagesordnung ihres Treffens in Stuttgart stand auch die Frage nach einer Strategie gegen Aufrufe zu Mord und Gewalt, die über Telegram verbreitet werden. Faeser sagte, sie sehe bei Google und Apple Bereitschaft, gegen Gewaltaufrufe in Telegram-Gruppen vorzugehen. Ihr Ministerium habe festgestellt, dass insbesondere Google da "sehr kooperativ" sei. Bei den Gesprächen mit den beiden Unternehmen gehe es um eine Kooperation "damit die Inhalte gelöscht werden". Weitere Details wollte sie nicht nennen.

Faeser und die Innenminister der SPD-geführten Landesregierungen hatten nach einem Treffen am 19. Januar erklärt, sie wollten Apple und Google wegen Gewaltaufrufen und Hetze in Telegram-Gruppen auffordern, die App aus ihrem Angebot zu verbannen. Davon war in Stuttgart jetzt nicht mehr die Rede.

Hermann: "Auf bedrohlichere Gefahrenlagen einstellen"

Einig waren sich die Innenminister in dem Bestreben, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) stärker an der Bewältigung von Naturkatastrophen, Cyberangriffen auf die kritische Infrastruktur und anderen Krisenlagen zu beteiligen. Bisher sind die Aufgaben so verteilt, dass sich Länder und Kommunen um den Katastrophenschutz in Friedenszeiten kümmern, während der Bund Vorkehrungen für den Schutz der Bevölkerung im Fall eines militärischen Angriffs trifft. Diese strikte Trennung erscheint vielen Politikern inzwischen überholt, weshalb inzwischen Vorbereitungen für die Einrichtung eines gemeinsamen Kompetenzzentrums von Bund und Ländern laufen.

Man müsse sich für die Zukunft "auf deutliche komplexere und bedrohlichere Gefahrenlagen einstellen", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Wir müssen jetzt aus den bisherigen Erfahrungen die richtigen Schlüsse ziehen", fügte er hinzu. Als ein Beispiel nannte er das verheerende Hochwasser vom vergangenen Juli, von dem vor allem Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen betroffen gewesen waren.

Damals starben mehr als 180 Menschen, als sich kleine Flüsse und Bäche nach Starkregen in reißende Fluten verwandelten. Nach der Katastrophe kam die Frage auf, warum die Bevölkerung vor der drohenden Gefahr mancherorts wohl nicht früh und ausreichend gewarnt worden war. Mit Bezug auf den Kreis Ahrweiler beschäftigt das inzwischen auch die Staatsanwaltschaft Koblenz.

Bei dem Treffen in Stuttgart wurde der Vorsitz der Innenministerkonferenz turnusgemäß von Baden-Württemberg an Bayern übergeben. Herrmann kündigte an, man wolle Anfang Juni in Würzburg und Ende November in München zusammenkommen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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