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Mietendeckel – Berlins SPD-Chef Saleh: "Damit liegt Ball jetzt bei CDU im Bund"


Gericht kippt Mietendeckel
Berlins SPD-Chef Saleh: "Damit liegt der Ball jetzt bei der CDU im Bund"

Von dpa, reuters, ann, joh

Aktualisiert am 15.04.2021Lesedauer: 5 Min.
Berlins SPD-Chef Raed Saleh nach dem Urteil zum Mietendeckel: "Es darf keine Drohungen geben."Vergrößern des Bildes
Berlins SPD-Chef Raed Saleh nach dem Urteil zum Mietendeckel: "Es darf keine Drohungen geben." (Quelle: Jens Jeske/imago-images-bilder)

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht, den Berliner Mietendeckel zu kippen, wird unterschiedlich gewertet. Die CSU begrüßt das Urteil, die Berliner SPD fordert jetzt die CDU zum Handeln auf.

Berliner Mieterinnen und Mieter müssen sich auf höhere Mieten einstellen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte den 2020 in zwei Stufen in Kraft getretenen Mietendeckel mit am Donnerstag veröffentlichtem Beschluss für nichtig. Damit gilt das Landesgesetz nicht nur ab sofort nicht mehr - die Rechtslage ist nun so, als hätte es den Mietendeckel nie gegeben. Zur Begründung teilten die Verfassungsrichter mit, der Bundesgesetzgeber habe spätestens mit der Mietpreisbremse eine abschließende Regelung geschaffen. Für eigene Gesetze der Länder sei deshalb kein Raum. Politiker, Parteien und Verbände haben sich nun zu dem Urteil geäußert. Ein Überblick:

Raed Saleh: "Damit liegt der Ball jetzt bei der CDU im Bund"

Raed Saleh, Vorsitzender des SPD-Landesverbandes und der SPD-Fraktion in Berlin, fordert nach dem Urteil zum Mietendeckel die Bundes-CDU zum Handeln auf: "Damit liegt der Ball jetzt bei der CDU im Bund", sagte er t-online am Donnerstag. Die Berliner CDU habe sich bereits lange disqualifiziert und betreibe "reine Lobbyarbeit", so Saleh. "Denen ist der Schutz der Mieter schnuppe." Es liege jetzt an der Bundespartei zu beweisen, dass das nicht für die gesamte CDU gelte. "Die SPD fordert ein Mietmoratorium auf Bundesebene. Die CDU muss sich jetzt entscheiden, ob sie ihre Blockadehaltung aufgibt oder weiter für die Lobby kämpft."

In Berlin gelte es jetzt vor allem, Härtefälle zu vermeiden. Von landeseigenen Unternehmen dürfe es keine Rückforderungen zu Beträgen aus dem vergangenen Jahr geben, so Saleh. Auch bei großen privaten Wohnungsunternehmen will er darauf in direkten Gesprächen drängen. "Es darf keine Drohungen geben, es darf niemand seine Wohnung verlieren", so Saleh.

Kevin Kühnert: Brauchen bundesweiten Mietendeckel

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert fordert einen bundesweiten Mietendeckel, damit rechtssicher in angespannten Wohnungsmärkten Mieten gesenkt werden können. „Das Bundesverfassungsgericht hat Klarheit geschaffen: Einzelne Bundesländer können keinen Mietenstopp beschließen, der Bund kann dies sehr wohl“, sagte Kühnert dem "Tagesspiegel". „Bei der Bundestagswahl am 26. September macht die SPD den Mieterinnen und Mietern ein klares Angebot: In der nächsten Bundesregierung wollen wir einen Mietenstopp in allen angespannten Wohnlagen durchsetzen.“

Zudem wolle man jährlich mindestens 100.000 preisgebundene neue Wohnungen, um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum entgegenwirken. Das Kippen des Mietendeckels sei „eine verlorene Schlacht, aber der Kampf gegen explodierende Mieten ist dadurch noch lange nicht entschieden“, betonte Kühnert mit Blick auf die heftige Klatsche für den SPD-regierten Senat in Berlin, die SPD muss nun wegen des handwerklich unsauberen Gesetzes bei der parallel zur Bundestagswahl stattfindenden Abgeordnetenhauswahl in Berlin Auswirkungen dieser Pleite fürchten.

Kühnert hingegen griff die Kläger an. „284 Abgeordnete von CDU, CSU und FDP haben ihre Masken fallen lassen. Sie sind für den Profit der Immobilienlobby vor Gericht gezogen, während ihre Parteien auf allen Ebenen gegen einen effektiven Mieterschutz kämpfen“, meinte der frühere Juso-Chef. „Deutlicher kann man nicht zum Ausdruck bringen, auf welcher Seite des außer Kontrolle geratenen Wohnungsmarktes man steht.“ Gedankt werde es ihnen mit großzügigen Wahlkampfspenden.

Horst Seehofer: "Baupolitisch der falsche Weg"

Bundesbauminister Horst Seehofer hat das Urteil des Bundesverfasssungsgerichts zum Berliner Mietendeckel begrüßt. "Der Mietendeckel ist jetzt Geschichte. Das ist gut, denn auch baupolitisch war er der völlig falsche Weg", erklärte der CSU-Politiker am Donnerstag. "Er hat für Unsicherheit auf den Wohnungsmärkten gesorgt, Investitionen ausgebremst und keine einzige neue Wohnung geschaffen."

Um Wohnungsknappheit zu begegnen, gebe es nur eine Devise: "bauen, bauen, bauen!" Im vergangenen Jahr seien 300.000 neue Wohnungen gebaut worden und damit "soviel wie seit 20 Jahren nicht mehr". Bauen "ist und bleibt der beste Mieterschutz". Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor entschieden, dass der seit Februar 2020 geltende Berliner Mietendeckel ab sofort nicht mehr gültig ist.

Paul Ziemiak: "Leidtragende sind die Mieter"

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat nach der Entscheidung zum Berliner Mietendeckel einen Schub beim Wohnungsbau gefordert. Mehr und bezahlbaren Wohnraum gebe es nur "mit einem Bau-Turbo", schrieb Ziemiak auf Twitter. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezeichnete er als "eine Klatsche für verantwortungslose rot-rot-grüne Politik". Weiter schreibt er: "Leidtragende sind Mieter, denen hohe Nachzahlungen drohen."

Parteikollege Jan-Marco Luczak forderte für etwaige Mietnachzahlungen einen Sicher-Wohnen-Fonds. "Den muss das Land Berlin auflegen, um soziale Härten zu verhindern." Am Ende müsse klar sein, dass kein Mieter aufgrund der "verfehlten Wohnungspolitik" seine Wohnung verlieren dürfe.

Peter Altmaier: Kein neuer Anlauf für Mietendeckel

Bund und Länder sollten neuen Anläufen für einen Mietendeckel laut Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier eine klare Absage erteilen. Hauptziel müsse es sein, mehr Wohnungen zu bauen, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag in Berlin. "Das geht nicht durch Deckelung." Er sei erleichtert, dass das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel gekippt habe. Zu starke staatliche Eingriffe in private Verträge würden am Ende nur zu einer eingeschränkten Bautätigkeit führen. "Er hatte sehr stark verunsichert."

FDP: Gekipptes Urteil ist gute Nachricht

Die FDP begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, den Berliner Mietendeckel für nichtig zu erklären. "Dass der Mietendeckel nichtig ist, ist eine gute Nachricht. Denn derlei Eingriffe in den Markt sind bloße Symptombekämpfung", sagte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer am Donnerstag nach der Entscheidung.

Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst, ergänzte: "Der Berliner Senat hat die Mieterinnen und Mieter wider besseren Wissens für ein ideologisches Experiment missbraucht und das ist gründlich misslungen". Die Zeche zahlten nicht die Politiker, sondern die Menschen in Form von Mietnachzahlungen und Wohnungsnotstand.

Berliner Grüne fordern bundesweite Regelung

Nach der Entscheidung hat die Berliner Grünen-Fraktion eine bundesweite Regelung gefordert. "Wir halten die Regulierung von Mietpreisen weiter für richtig und kämpfen dafür", sagte Fraktionsvorsitzende Antje Kapek am Donnerstag. "Wir fordern den Bund auf, es den Ländern gesetzlich zu ermöglichen, Mietendeckel einzuführen, um den unterschiedlichen Wohnungsmarktlagen endlich gerecht zu werden."

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"Wir sind als Rot-Rot-Grün angetreten, alles dafür zu tun, die Verdrängung von Menschen durch explodierende Mieten in unserer Stadt endlich zu beenden", so die Grünen-Politikerin. "Deshalb haben wir uns entschieden, der Blockade der Bundesregierung in Sachen soziale Wohnungspolitik zu trotzen und mit dem Mietendeckel juristisches Neuland zu betreten." Die Entscheidung aus Karlsruhe bedeute einen Rückschlag auf dem Weg zu einer sozialen Wohnungspolitik.

Berliner Linke: Entscheidung ist ein herber Rückschlag

Die Berliner Linke hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedauert, das Mietendeckel-Gesetz für nichtig zu erklären. "Für die Berliner Mieterinnen und Mieter, aber auch für die Bundesländer insgesamt, ist der Beschluss ein herber Rückschlag", teilten unter anderem die Landesvorsitzende Katina Schubert und der Kultursenator Klaus Lederer mit. Dass das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für nichtig erklärt habe und damit Rückzahlungen auf die Mieterinnen und Mieter zukämen, sei vor dem Hintergrund des Sozialstaatsprinzips völlig unverständlich.

"Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dass das Land Berlin besonders bedürftige Mieterinnen und Mieter mit einem Nothilfefonds bei der Nachzahlung unterstützt", so die Linke. "Wir werden weiter nach kreativen Möglichkeiten suchen und alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um in Berlin die Mieten zu drosseln." Jetzt sei allerdings klar, dass dafür Regelungen auf Bundesebene notwendig seien. "Für ein soziales Mietrecht, einen bundesweiten Mietendeckel oder eine Öffnungsklausel, die den Ländern die Begrenzung der Mieten ermöglicht, brauchen wir einen konsequenten Politikwechsel im Bund."

Eigentümerverband: Guter Tag für Wohnbaupolitik

Der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland hat das Urteil zum Mietendeckel begrüßt. Es sei eindeutig: "Das Gesetz ist nichtig", sagte Verbandspräsident Kai Warnecke am Donnerstag in Berlin. "Schärfer kann man es nicht formulieren."

Der Berliner Senat sei damit "komplett abgewatscht worden." Die politisch Verantwortlichen müssten die Konsequenzen tragen und zurücktreten. Mieter müssten jetzt nicht mit explodierenden Mieten rechnen. Die bundesweite Mietpreisbremse gelte weiter, sagte Warnecke. "Das ist nicht nur ein sehr guter Tag für die Wohnungspolitik und private Vermieter, sondern auch ein sehr guter Tag für Mieter."

Durch das Mietendeckel-Gesetz sei das Angebot an Mietwohnungen eingebrochen. Viele Vermieter hätten ihre Wohnungen zum Verkauf angeboten. Auch notwendige Investitionen seien aufgrund des Gesetzes ausgeblieben.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Raed Saleh
  • Nachrichtenagenturen Reuters, dpa
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