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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Sachsen-Anhalt Kramp-Karrenbauer verteidigt Haseloff bei Rundfunk-Entscheidung
Eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags wird es erst einmal nicht geben. Dafür sorgte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff. Er wird teilweise scharf kritisiert – doch die CDU-Chefin nimmt ihn in Schutz.
Sachsen-Anhalt hat am Dienstag die Erhöhung des Rundfunkbeitrags in Deutschland blockiert. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) habe den Gesetzentwurf zum entsprechenden Staatsvertrag vor der entscheidenden Abstimmung im Landtag zurückgenommen, teilte die Staatskanzlei mit. Damit erübrige sich die weitere Befassung mit dem Entwurf im Parlament. Faktisch bedeutet das eine Blockade der geplanten Beitragsanpassung. Stimmen nicht alle Landesparlamente dem Vorhaben bis Jahresende zu, ist es gekippt.
Am Vorgehen Haseloffs gibt es Kritik, doch die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer lobt ihn. Sie sagte zu t-online: "Es ist gut, dass die Koalition in Sachsen-Anhalt eine Lösung gefunden hat und sich nun weiter auf die Bekämpfung der Pandemie konzentrieren kann. Dies ist vor allem das Verdienst von Ministerpräsident Reiner Haseloff, mit dem ich in den vergangenen Tagen und Wochen in engem Kontakt stand und dem ich für seinen Einsatz besonders danke."
Zugleich kritisierte Kramp-Karrenbauer auch die Haltung der CDU-Landtagsfraktion in Magdeburg, die sich kritisch gegenüber einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags gezeigt hatte: "Diese Position wurde und wird von mir und der Mehrheit in der CDU nicht geteilt." Die Verantwortlichen sollten nun nach einer Lösung zu suchen. Die Koalition in Sachsen-Anhalt solle das Land weiterhin "gut durch die Corona-Krise" bringen.
"Das muss die CDU dringend klären"
Andere sehen das deutlich kritischer. So beispielsweise der SPD-Chef Norbert Walter-Borjans: "Am Ende bleibt die Besorgnis, dass der nächste Fall, bei dem die CDU vor der AfD einknickt, nicht lange auf sich warten lassen wird", sagte Walter-Borjans dem Nachrichtenportal t-online. "Dass sich der Ministerpräsident jetzt, von seiner Fraktion verlassen, auf eine Weise aus der Affäre zu ziehen versucht, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in ganz Deutschland schadet und 15 Landesregierungen düpiert, sollte Gegenstand einer 'Beratung' aus dem Konrad-Adenauer-Haus sein."
Sein Parteifreund, der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese, sieht dringenden Handlungsbedarf in der CDU. "In Sachsen-Anhalt zeigt sich das Führungsvakuum der Bundes-CDU", sagte Wiese t-online. "Niemand hat die Autorität, die Landesfraktion auf Linie zu bringen. Und das, obwohl alle anderen CDU-Landesregierungen die vereinbarte Erhöhung des Rundfunkbeitrags mittragen."
Wiese führte aus: "Ob sich an der fehlenden Autorität mit einem neuen CDU-Vorsitzenden etwas ändert, ist fraglich, besonders wenn er nur mit knappem Ergebnis gewählt wird." Der SPD-Politiker warf der CDU vor, "gerade in Thüringen und Sachsen-Anhalt ein Problem mit der Abgrenzung nach rechts" zu haben. "Das muss die CDU dringend klären, auch mit Blick auf die nächste Bundestagswahl."
"Höchst alarmierend"
Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wirft der CDU wegen der Entwicklungen in Sachsen-Anhalt Unverantwortlichkeit vor. "Sachsen-Anhalt ist durch das schädliche Verhalten der CDU isoliert", sagte Göring-Eckardt t-online. "Die CDU lässt es zu, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk attackiert wird. Das ist gerade in diesen Zeiten unverantwortlich." Göring-Eckardt erklärt weiter: "Dass es der Bundes-CDU nicht gelingt, hier Führung zu zeigen, die Demokratie zu stärken und eindeutig hinter dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk zu stehen, ist höchst alarmierend."
Göring-Eckardt zollte den Grünen in Sachsen-Anhalt "großen Respekt" für die Entscheidung, die Regierung doch nicht zu verlassen. "Unter normalen Umständen wäre dies der Moment, eine solche Koalition zu verlassen", sagte Göring-Eckardt. "Dass Grüne und SPD dennoch in der Regierung bleiben, geschieht ausschließlich aus staatspolitischer Verantwortung inmitten der sich in Sachsen-Anhalt zuspitzenden Coronalage." Die Fraktionschefin erklärte: "Eine sonst drohende Tolerierung durch die AfD kann keine Lösung sein."
Der medienpolitische Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag, Thomas Hacker, schätzt die Situation so ein: "Die Entscheidung des Ministerpräsidenten mag einen Koalitionsbruch vermeiden, die ausstehende Beitragserhöhung wird nun aber die Gerichte beschäftigen. Dies erhöht den großen Druck auf den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, sich konsequent auf notwendige Strukturreformen zu fokussieren. Die Politik hat die Aufgabe, den Programmauftrag neu zu fassen und mit einer Konzentration auf die Programmbereiche Information, Bildung und Kultur klar zu reagieren."
- Eigene Recherche