Als Kanzlerkandidat nominiert Scholz: Wollen bei der Wahl "vorne liegen"
Die SPD hat ihren Kandidaten für die Bundestagswahl im Februar aufgestellt. Olaf Scholz soll die Sozialdemokraten erneut in den Wahlkampf führen. Der gibt sich optimistisch.
Nach der kontroversen Debatte in der vergangenen Woche hat der SPD-Vorstand Olaf Scholz am Montag einstimmig als Kanzlerkandidaten der Sozialdemokraten nominiert. Das erfuhr t-online während der Sitzung des 33-köpfigen Führungsgremiums in Berlin aus Teilnehmerkreisen. Am 11. Januar soll die Entscheidung noch auf einem Parteitag bestätigt werden.
Ungeachtet schlechter Umfragewerte für die SPD setzt Scholz auf Sieg bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar. Was die SPD erreichen wolle, sei ziemlich offensichtlich, sagte er nach seiner einstimmigen Nominierung als Kanzlerkandidat durch den Vorstand seiner Partei. "So wie beim letzten Mal (...) wollen wir vorne liegen, stärkste Partei werden.
Pistorius verzichtete auf Kandidatur
Scholz kündigte an, die SPD werde sich im Wahlkampf für die weitere Unterstützung der Ukraine, für den Erhalt von Arbeitsplätzen, für gute Löhne und für bezahlbare Energiepreise einsetzen. Auch die Zukunft der Rente werde ein Thema werden. "Bei der nächsten Bundestagswahl wird entschieden, ob es eine stabile Rente in Deutschland gibt oder nicht."
In den vergangenen zwei Wochen hatte die Partei öffentlich darüber diskutiert, ob der deutlich beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius als Ersatzkandidat für den nach dem Ampel-Aus angeschlagenen Scholz eingewechselt werden soll. Am vergangenen Donnerstag verzichtete Pistorius auf eine Kandidatur und machte so den Weg für die Nominierung von Scholz frei.
In der SPD wirkt die Hängepartie in der K-Frage weiter nach. Beim Bundeskongress der Jungsozialisten (Jusos), des Jugendverbands der SPD, gab es am Wochenende scharfe Kritik an der Parteiführung deswegen. Juso-Chef Philipp Türmer warf den Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil Führungsversagen vor und sprach von einer "Shit Show". Scholz selbst hingegen gibt sich optimistisch und will mit der SD wieder stärkste Kraft werden.
Esken: "Wir haben kein wirklich gutes Bild abgegeben"
Parteichefin Saskia Esken räumte ein: "Nein, wir haben kein wirklich gutes Bild abgegeben bei der Nominierung unseres Kanzlerkandidaten." Klingbeil verteidigte das Vorgehen der Parteiführung dagegen. "Mein Führungsanspruch ist schon, dass man in die Partei reinhorcht, dass man Debatten führt, dass man in unterschiedlichen Szenarien auch denkt", sagte er im Deutschlandfunk.
Klingbeil rief die Partei gleichzeitig auf, den Blick jetzt nach vorn zu richten auf die Wahl am 23. Februar. "Jetzt sind alle gemeinsam auch in der Pflicht, den Schalter umzulegen und zu gucken, dass wir in den Wahlkampf starten." Esken sagte im ZDF mit Blick auf Scholz: "Mit ihm gemeinsam gehen wir jetzt in diesen Kampf."
96,2 Prozent als Messlatte
Nach der Nominierung muss die Kanzlerkandidatur von Scholz noch auf dem Parteitag am 11. Januar bestätigt werden. Das gilt als Formsache. Scholz muss sich jedoch an seinem Ergebnis vom Mai 2021 – gut vier Monate vor der letzten Bundestagswahl – messen lassen. Damals wurde Scholz mit 96,2 Prozent der Stimmen bestätigt.
Die SPD lag zu diesem Zeitpunkt wie heute in den Umfragen zwischen 14 und 16 Prozent. Erst ein Lacher des Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet im Flutgebiet brachte im Sommer die Wende: Die SPD wurde mit 25,7 Prozent noch stärkste Kraft.
SPD will Duell Scholz gegen Merz
Auf Fehler des Herausforderers hofft die SPD auch diesmal. Die Partei will den Wahlkampf auf das Duell zwischen Scholz und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zuspitzen. Ihm werfen die Sozialdemokraten rückwärtsgewandte Politik vor und wollen vor allem mit der Regierungserfahrung und Themensicherheit von Scholz punkten.
Bei den Beliebtheitswerten schneidet der Kanzler in den Umfragen aber weiterhin schlechter ab als Merz. Im aktuellen ZDF-Politbarometer liegt er auf Platz 7 und Merz auf Platz 5. Pistorius ist unangefochten die Nummer 1. Die Daten wurden aber vor der Entscheidung der SPD in der K-Frage am vergangenen Donnerstag erhoben.
Erstmals vier Kanzlerkandidaten
Zugleich hofft man in der SPD, dass sich Scholz im Wahlkampf anders präsentiert als ein auf Ausgleich bedachter Regierungschef. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sagte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", die Partei brauche nun einen kämpferischen und kämpfenden Scholz. "Die Zeit der Moderationen in einer schwierigen Ampelkoalition ist jetzt vorbei. Jetzt brauchen wir den starken Olaf Scholz, der auch zeigt, wohin er das Land bringen will", betonte Schweitzer.
Scholz ist nach Merz und bei den Grünen Vizekanzler Robert Habeck der dritte Kanzlerkandidat, der von seiner Partei für die Wahl am 23. Februar aufgestellt wurde. Am 7. Dezember will der AfD-Vorstand dann noch Parteichefin Alice Weidel als Kanzlerkandidatin nominieren. Erstmals gibt es damit vier Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen bei einer Bundestagswahl.
- Nachrichtenagentur dpa