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US-Raketen | SPD-Chefin Esken: "Putin muss mit Gegenschlag rechnen"


SPD-Chefin Esken
"Putin muss mit einem Gegenschlag rechnen"

MeinungEin Gastbeitrag von SPD-Chefin Saskia Esken

23.10.2024 - 05:30 UhrLesedauer: 3 Min.
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Saskia Esken: Im Gastbeitrag erklärt die SPD-Vorsitzende, warum sie heute für Stationierung von US-Raketen in Deutschland und Waffenlieferungen an die Ukraine ist.Vergrößern des Bildes
Saskia Esken: Im Gastbeitrag erklärt die SPD-Vorsitzende, warum sie heute für die Stationierung von US-Raketen in Deutschland und Waffenlieferungen an die Ukraine ist. (Quelle: IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON/imago)

SPD-Chefin Saskia Esken demonstrierte einst gegen das Wettrüsten im Kalten Krieg. In einem Gastbeitrag erklärt sie jetzt, warum neue US-Mittelstreckenraketen und die Unterstützung der Ukraine nötig sind für den Frieden in Europa.

Viele Menschen in Deutschland sind in Sorge wegen des Krieges in der Ukraine und auch wegen der angekündigten Stationierung von US-amerikanischen Raketen in Deutschland. Das kann ich gut verstehen. Europäerinnen und Europäer, allen voran die Menschen in der Ukraine, wünschen sich nichts sehnlicher, als dass der Krieg bald beendet wird und dass wieder Frieden und Sicherheit in Europa herrschen. Und das muss auch das gemeinsame Ziel aller demokratischen Kräfte in Deutschland sein.

Der Aggressor sitzt in Moskau. Wladimir Putin hat diesen völkerrechtswidrigen, imperialistisch motivierten Krieg lange zuvor angekündigt und vorbereitet. Spätestens mit dem Einmarsch russischer Truppen im Februar 2022 hat er die europäische Friedensordnung zerstört. Nur er kann diesen Krieg beenden, doch er ist nicht bereit, sein Kriegsziel der Unterwerfung der Ukraine und der Ausweitung seines Staatsgebiets aufzugeben.

Kanzler und Regierung bemühen sich um Gespräche

Und dennoch bemühen sich der Bundeskanzler und seine Regierung auf diplomatischen Wegen stetig und immer wieder um Gespräche mit Russland und anderen Gesprächspartnern zu einer möglichen Verhandlungslösung, um diesen Krieg zu beenden.

Russland führt zudem nicht nur Krieg auf den Schlachtfeldern in der Ukraine. Putin bedroht auch unser Land und ganz Europa mit seinen Desinformationskampagnen und Cyberangriffen, die einzig dazu dienen, unsere Gesellschaften zu destabilisieren, Wahlen zu beeinflussen und die von ihm verhassten Demokratien zu zerstören. Dazu kommen russische Mittelstreckenraketen, die atomar bestückt in wenigen Minuten Ziele in der Mitte Europas und damit auch in Deutschland erreichen können.

Das alles führt dazu, dass wir – nach Jahrzehnten der Friedensdividende – unsere Landesverteidigung intensivieren, unsere Bündnisse stärken und mehr Verantwortung übernehmen müssen. EU und NATO sind aufgrund der gemeinsamen Bedrohung durch Russland enger zusammengerückt und haben damit eines der Kriegsziele Putins, nämlich die Spaltung des Westens, vereitelt.

Putin muss mit Gegenschlag rechnen

Militärisch werden wir die Verteidigungsfähigkeit Europas mit einem gemeinsamen europäischen Flugabwehrschirm organisieren. Die Stationierung der US-Mittelstreckenraketen in Deutschland dient der Abschreckung. Sollte Putin uns oder unsere Verbündeten angreifen, muss er mit einem Gegenschlag rechnen.

Es fällt mir nicht leicht, diese Entwicklung zu akzeptieren. Damals in der Debatte um den NATO-Doppelbeschluss war auch ich auf der Seite derer, die gegen die Nachrüstung demonstrierten. Damals stand die NATO einer aufrüstungsbereiten Sowjetunion gegenüber. Es wurde argumentiert, wir müssten ein Gleichgewicht herstellen, um die Sowjets zur Rüstungskontrolle zu bewegen. Mich hat das nicht überzeugt.

Russland hat mit Ukraine-Angriff Sicherheit in den Staub getreten

Was ist heute anders, warum befürworte ich die Waffenlieferungen an die Ukraine, warum akzeptiere ich den Einsatz dieser Waffen über die ukrainische Grenze hinaus und trage auch die angekündigte Stationierung der US-Raketen mit?

Im Kalten Krieg der 80er-Jahre standen sich zwei hochgerüstete Blöcke gegenüber. Dabei hatten wir erst wenige Jahre zuvor in Helsinki die "Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE) mit der Vereinbarung über eine Friedensordnung in Europa abgeschlossen. Diese Vereinbarung war auf Betreiben des Warschauer Paktes zustande gekommen und sie besagte ganz klar: Nie wieder dürfen in Europa Grenzen mit militärischer Gewalt verschoben werden.

Diese Vereinbarung hat uns Jahrzehnte des Friedens in Europa beschert. Die Schlussakte von Helsinki gab uns eine Sicherheit, die Russland nun fast 50 Jahre später mit seinem völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine in den Staub getreten und zerstört hat. Das ist die Zeitenwende, von der Olaf Scholz bei seiner Rede im Bundestag gesprochen hat: dass Russland mit seinem imperialistisch motivierten Krieg die Sicherheit unserer regelbasierten Friedensordnung angegriffen hat. Dadurch ist die russische Bedrohung von Frieden, Freiheit und Demokratie nicht nur in der Ukraine, sondern in ganz Europa eine bittere, sehr konkrete Realität.

Zurück zu einer friedenssichernden Rüstungskontrolle

Unsere Unterstützung der Verteidigung der Ukraine mit Waffenlieferungen, die Stärkung von Bundeswehr und NATO und auch die Stationierung der US-Raketen haben deshalb für mich ein ganz konkretes Ziel: Wir wollen Frieden!

Wir wollen einen gerechten Frieden in der Ukraine, der nachhaltig wirkt und den Wiederaufbau des Landes garantiert. Wir wollen in Europa zu einer friedenssichernden Rüstungskontrolle zurückkehren, die eine immer weiter eskalierende Rüstungsspirale aufhält. Und natürlich wollen wir eine wirksame neue Friedensordnung für unseren Kontinent entwickeln, an die sich alle gebunden fühlen und die allen die Sicherheit eines friedlichen Europas gibt. Doch um das zu erreichen, müssen wir die russische Aggression unmissverständlich und klar zurückweisen und die Ukraine unterstützen so lange wie nötig.

Wir bleiben dabei: Nie wieder wollen wir akzeptieren, dass in Europa das Recht des militärisch Stärkeren gilt! Stattdessen muss die Stärke des Rechts gelten, denn nur sie kann uns Frieden sichern.

Verwendete Quellen
  • Gastbeitrag von SPD-Chefin Saskia Esken
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