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Zum journalistischen Leitbild von t-online.SPD-General Kühnert attackiert Merz "Hochnäsige Belehrungen von ostdeutschen Wählern"
Friedrich Merz hat mit einem Wahlaufruf für Ostdeutsche bei den Ampelparteien Empörung ausgelöst. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kritisiert den CDU-Chef scharf – und wirft ihm vor, damit nur eigene Probleme verdecken zu wollen.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat CDU-Chef Friedrich Merz für seinen Wahlappell an Ostdeutsche scharf kritisiert. "Friedrich Merz sollte seine hochnäsigen Belehrungen von ostdeutschen Wählern stecken lassen. Die Zeiten, in denen der Wahlzettel schon vorausgefüllt in der Kabine lag und das Ergebnis bereits vorher feststand, die sind glücklicherweise vorbei", sagte Kühnert t-online.
Merz hatte im "ZDF-Sommerinterview" am Sonntag erklärt, die Ampel-Parteien spielten im Osten kaum noch eine Rolle, während die CDU zweitstärkste Partei sei. Daher sei sein Aufruf: Diejenigen, die überlegten, SPD, FDP oder Grüne zu wählen, "die allesamt einstellig sind und möglicherweise alle drei unter fünf Prozent bleiben, kann ich nur bitten, jetzt in dieser Situation die CDU zu wählen. In Brandenburg, aber vor allem Dingen in Thüringen und in Sachsen".
In Sachsen und Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt, in Brandenburg am 22. September. Merz begründete seinen Appell mit der AfD, die im Osten stärkste Kraft werden könnte: Wenn Wähler klare Verhältnisse und eine stabile Regierung wollten, werde es in Thüringen und Sachsen nur die CDU geben, "die verhindert, dass es eine entsprechende schwierige Lage gibt", so der CDU-Chef.
"Niemand braucht einen Besserwessi"
Tatsächlich droht den Ampel-Parteien in den drei Ost-Ländern eine heftige Wahlschlappe. Abgesehen von Brandenburg, wo die SPD mit Dietmar Woidke den Ministerpräsidenten stellt und in den Umfragen derzeit bei 16 Prozent steht, müssen alle drei Regierungsparteien um den Einzug in den jeweiligen Landtag fürchten. Dass die Ampel-Wähler deswegen zur CDU überlaufen sollen, hält SPD-General Kühnert für ein durchschaubares Manöver von Merz.
"Die Menschen in Ostdeutschland haben sich vor bald 35 Jahren die Freiheit erkämpft, ihre eigenen Entscheidungen treffen zu können. In Dresden und Erfurt braucht niemand einen Besserwessi, der ihnen erklärt, welche Wahlentscheidung die vermeintlich richtige ist", so Kühnert. Merz versuche, mit seiner "Blut, Schweiß und Tränen"-Rhetorik zu verdecken, dass er mit seinen ostdeutschen Landesverbänden in zentralen Politikfeldern über Kreuz liege.
Der SPD-Generalsekretär sagte, die SPD werbe mit ihrem Programm und ihrer Erfahrung um das Vertrauen der Wähler in Ostdeutschland. In Bezug auf die absehbar komplizierten Mehrheitsverhältnisse im Herbst verwies er darauf, dass die Sozialdemokratie über Jahrzehnte bewiesen habe, dass sie "die Verantwortung nicht scheut und unter Demokraten kompromissfähig" sei. Kühnert betonte zudem die möglichen Folgen der Wahl für den Sozialstaat:
"Klar ist auch: Ohne eine starke SPD in den Landesregierungen gehen mit Blick auf Renten, Löhne und Daseinsvorsorge schnell die Lichter aus."
- Statement von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert