Abzug der deutschen Truppen? Diskussion um Bundeswehr im Irak entbrennt
Inmitten der Eskalation zwischen USA und Iran fordern die Grünen das Ende der Ausbildungsmission der Bundeswehr im Irak. Auch SPD-Vorsitzende Esken hält ein Umdenken für möglich.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock fordert nach der Tötung des hohen iranischen Generals Ghassem Soleimani durch die US-Armee den Abzug deutscher Soldaten aus dem Irak. "Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran eskaliert dramatisch", sagte Baerbock. Damit sei die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten im Irak nicht mehr zu gewährleisten. "Wir fordern die Bundesregierung inständig auf, die sofortige Evakuierung aller deutschen Truppen einzuleiten." Am Irak-Einsatz jetzt festzuhalten, wäre "schlicht unverantwortlich". Auch der Wehrbeauftragte des Bundestages hatte zuvor Bedenken geäußert.
Nach der Tötung des iranischen Top-Generals Ghassem Soleimani bei einem US-Raketenangriff im Irak wächst im Nahen Osten die Sorge vor einem neuen Krieg. Auch SPD-Chefin Saskia Esken hält deswegen eine Überprüfung des Einsatzmandats der Bundeswehr für möglich. "Wir müssen sehen, wie sich die Situation jetzt entwickelt", sagte sie im Deutschlandfunk. Die Mission sei zwar "richtig angelegt" gewesen, nun aber ausgesetzt worden. Esken spricht von einer "Sicherungsmaßnahme für unsere Soldatinnen und Soldaten". Einen möglichen Abzug hatte der außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid, zuvor als verfrüht bezeichnet. FDP-Chef Christian Lindner schloss diese Option allerdings ebenfalls nicht aus.
Kritik an deutscher Außenpolitik
Die Bundeswehr hatte am Freitagabend mitgeteilt, die Ausbildung von Sicherheitskräften der Kurden und der Zentralregierung im Irak werde ausgesetzt. Eine entsprechende Entscheidung habe das Hauptquartier der Koalition gegen die Terrormiliz IS zum Schutz der eigenen Kräfte getroffen. Dies sei für alle beteiligten Partnernationen bindend. "Damit ruht vorübergehend die Ausbildung für die irakischen Sicherheits- und Streitkräfte im gesamten Irak", hieß es in der Unterrichtung.
Baerbock kritisierte, der Weg in die Eskalation sei mit einer falschen Politik der USA und dem Fehlen einer einheitlichen europäischen Strategie "mutwillig bereitet" worden. Die deutsche Außenpolitik habe sich auf Warnungen und undurchdachte Vorschläge aus dem Verteidigungsministerium beschränkt. "Es wird Zeit, dass Deutschland wieder zu einer aktiven und wertegeleiteten Außenpolitik zurückfindet", forderte Baerbock. "Eine Initiative für eine Krisensitzung des UN-Sicherheitsrates zur Situation im Irak wäre dafür jetzt der notwendige Anfang." Auch die EU-Außenminister müssten sich treffen und eine gemeinsame Position finden.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters