Trotz Einmarsch in Syrien Deutschland verkauft weiter Rüstungsgüter an die Türkei
Keine Waffen mehr für die Türkei: Das hatte Kanzlerin Merkel nach dem türkischen Einmarsch in Nordsyrien angekündigt. Das gilt aber nicht für alle Rüstungsgüter. In Einzelfällen darf weiter geliefert werden.
Auch nach dem Einmarsch der Türkei in Nordsyrien hat die Bundesregierung Rüstungsexporte an den Nato-Partner genehmigt. In den ersten sechs Wochen nach dem Start der Offensive am 9. Oktober gab sie grünes Licht für vier Lieferungen im Wert von 3,09 Millionen Euro. Nach einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Politikerin Sevim Dagdelen waren darunter aber keine Kriegswaffen.
Die türkischen Truppen waren in Nordsyrien einmarschiert, um dort die von Ankara als Terrororganisation angesehene Kurdenmiliz YPG zu bekämpfen. Die Bundesregierung hatte daraufhin einen teilweisen Rüstungsexportstopp gegen den Nato-Partner verhängt, der allerdings nur für Waffen und andere militärischen Geräte gilt, die in Syrien eingesetzt werden können. "Dementsprechend beziehen sich die Genehmigungen nicht auf Rüstungsgüter, die in Syrien zum Einsatz kommen könnten", heißt es in der Antwort des Wirtschaftsministeriums, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Bundesregierung hält Einmarsch für völkerrechtswidrig
Um welche Art von Ausrüstung es sich genau handelt, geht daraus allerdings nicht hervor. Lediglich die Rüstungskategorien werden genannt:
- Für den maritimen Bereich wurden Lieferungen im Wert von 2,69 Millionen Euro an die Türkei genehmigt. Das kann zum Beispiel jede Art von Ausrüstung für Kriegsschiffe sein.
- 400.000 Euro entfallen auf Elektronik für militärische Zwecke.
- Der kleinste Posten auf der Genehmigungsliste sind Handfeuerwaffen oder Zubehör für 2.556 Euro.
Die Bundesregierung hat die türkische Militäroperation als völkerrechtswidrig eingestuft. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete sie im Oktober in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag als "humanitäres Drama mit großen geopolitischen Folgen". "Und deshalb wird die Bundesregierung unter den jetzigen Bedingungen auch keine Waffen an die Türkei liefern", sagte sie.
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Die Türkei reagierte allerdings gelassen auf den teilweisen Exportstopp. "Es stärkt uns nur", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. In der kommenden Woche werden Merkel und der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan beim Nato-Gipfel in London aufeinandertreffen. Dagdelen nannte die Genehmigungen "völlig unverantwortlich". "Für die Türkei muss es ein generelles Waffenembargo geben", forderte sie. Auch die Grünen sind für einen solchen kompletten Exportstopp.
- Nachrichtenagentur dpa