Marine-Segelschulschiff Kostenexplosion – "Gorch Fock"-Werft will Insolvenz anmelden
Viel Geld und viel Zeit sind in die Sanierung des Segelschulschiffs "Gorch Fock" geflossen. Und noch immer liegt die Bark im Dock. Die beauftragte Werft steckt in großen Schwierigkeiten.
Die durch die Sanierung der "Gorch Fock" in die Schlagzeilen geratene niedersächsische Elsflether Werft AG will einen Insolvenzantrag stellen. Ziel sei ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, sagte der neue Vorstandschef Axel Birk am Mittwoch bei der Abfahrt von der Werft zum Amtsgericht Nordenham. "Wir werden es versuchen." Zuvor war die Belegschaft über die Lage informiert worden.
Die Kosten für die Sanierung des Dreimast-Seglers sind über die Jahre in die Höhe geschnellt. Ursprünglich waren 10 Millionen Euro vorgesehen, dann wurde auf 75 Millionen Euro erhöht, inzwischen ist der Kostenansatz auf bis zu 135 Millionen Euro gestiegen. Bis zum 2. Januar 2019 seien rund 69 Millionen Euro ausgegeben worden, schreibt die Bundesregierung. Offen ist zunächst, welche Auswirkungen das Insolvenzverfahren für die "Gorch Fock" haben wird.
Geschäftsleitung könnte im Amt bleiben
Unternehmen, die gute Aussichten auf eine Fortführung des Geschäftsbetriebs sehen, können bei Gericht ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragen. Das ist eine Variante des Insolvenzrechts, die statt einer Abwicklung auf die Sanierung eines Unternehmens zielt.
Wichtigster Unterschied: Die Geschäftsleitung bleibt dann im Amt, ihr wird allerdings ein sogenannter Sachwalter von außen zur Seite gestellt. Die alte Geschäftsführung behält damit große Teile der Verfügungsgewalt über das Unternehmen. Zugleich ist die Firma aber vor Vollstreckungen und Zwangsmaßnahmen von Gläubigern geschützt.
Die Werft in der Wesermarsch macht rund 80 Prozent ihres Umsatzes mit Aufträgen von der Marine. Die "Gorch Fock"-Sanierung ist derzeit der wichtigste Auftrag. Allein in der über 100 Jahre alten Traditionswerft geht es um rund 130 Arbeitsplätze.
Zwei Staatsanwaltschaften ermitteln
Zwei Staatsanwaltschaften – Hamburg und Osnabrück – sind mit Ermittlungen beschäftigt. Es geht um den Verdacht der Untreue gegen einen Ex-Vorstand, um den sich die Ermittler in Hamburg kümmern, zudem um einen Korruptionsverdacht, der in die Zuständigkeit von Osnabrück fällt. Ende Januar wurde der alte Werft-Vorstand ab- und ein neuer eingesetzt. Neuer Aufsichtsratsvorsitzender der Werft ist der Hamburger Manager Pieter Wasmuth, neuer Werft-Vorstandschef Birk.
- Kostenexplosion: Kritik an von der Leyen wegen ''Gorch Fock'' wächst
- "Gorch Fock"-Reparatur: Rechnungshof zieht Bundeswehr zur Verantwortung
- Wehrbeauftragter: Armeebürokratie schuld am "Gorch-Fock"-Chaos
Planungsfehler der Marine, Kritik des Rechnungshofs, der Korruptionsverdacht und die Absetzung der Werftleitung machen die Sanierung der "Gorch Fock" zu einem Problem für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie sagte kürzlich bei einem Besuch der Werft, die neue Leitung brauche Zeit zur Einarbeitung, um dann Zahlen und Fakten auf den Tisch zu legen.
Das Thema "Gorch Fock" sollte an diesem Mittwoch auch auf der Tagesordnung der Bundestagsausschüsse für Haushalt und Verteidigung stehen.
- Nachrichtenagentur dpa