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Bundeswehr: Wehrbeauftragter zeichnet düsteres Bild


Mängel bei der Bundeswehr
Wehrbeauftragter zeichnet düsteres Bild von der Truppe

Von dpa, rtr
Aktualisiert am 20.02.2018Lesedauer: 3 Min.
Bundeswehrsoldaten bei einer Übung in Schleswig-Holstein: Die jüngsten Berichte über Mängel bei der Truppe bringen Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU) in Bedrängnis.Vergrößern des Bildes
Bundeswehrsoldaten bei einer Übung in Schleswig-Holstein: Die jüngsten Berichte über Mängel bei der Truppe bringen Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU) in Bedrängnis. (Quelle: Christian Charisius/dpa-bilder)

Zuletzt häuften sich Berichte über gravierende Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr. Dieser Zustand sei inzwischen normal, heißt es im jüngsten Jahresbericht des Wehrbeauftragten.

Die Ausrüstungsprobleme bei der Bundeswehr haben sich nach Ansicht des Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels in den vergangenen Jahren verschlimmert. Wegen der 13 Auslandseinsätze bestehe eine Überlastung, sagte Bartels am Dienstag bei der Vorlage seines Jahresberichts 2017: "Gleichzeitig ist die materielle Einsatzbereitschaft der Truppe in den vergangenen Jahren nicht besser, sondern tendenziell noch schlechter geworden." Die vom Verteidigungsministerium proklamierten Trendwenden bei Personal, Material und Finanzen seien zwar gut: "Nur macht die Proklamation allein noch nichts besser."

So seien etwa bei Flügen in und aus den Einsatzgebieten tagelange Verspätungen sowie Flugabsagen schon beinahe Normalität. Zum Jahresende seien zudem alle sechs deutschen U-Boote außer Betrieb gewesen. Von den 14 in Dienst gestellten neuen Transportflugzeugen A400M flog nach Angaben des SPD-Politikers zeitweise keine Maschine. Auch andere fliegende Verbände beklagten, dass ihnen massiv Flugstunden für die Ausbildung fehlten. Bei der Marine gebe es statt der 15 vorgesehenen Fregatten nur neun. Ursache der Mangelwirtschaft seien Entscheidungen im Zusammenhang mit der Bundeswehrreform 2011.

Wehrbeauftragter gilt als "Anwalt der Soldaten"

Bartels forderte, künftig stärker darauf zu achten, neue Waffensysteme zusammen mit Ersatzteilen und weiterem Gerät zu bestellen. Das sei zwar teurer, funktioniere aber besser. Der SPD-Politiker beklagte zudem, dass die von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) aufgegriffene Diskussion über rechtsextreme Vorfälle in der Truppe erhebliche Unruhe verursacht habe. "Viele Soldatinnen und Soldaten sahen sich einem Generalverdacht gegen alle Bundeswehr-Angehörigen ausgesetzt." Das Vertrauensverhältnis zwischen Führung und Geführten befinde sich derzeit "in der Reparatur."

Einmal im Jahr legt der Wehrbeauftragte des Bundestags bestehende Defizite in der Truppe offen. Er gilt als "Anwalt der Soldaten", jährlich erreichen ihn Tausende Anliegen und Beschwerden von Soldaten. Am Montag war bekannt geworden, dass der Truppe für Nato-Verpflichtungen im Jahr 2019 nicht nur Panzer, sondern auch Schutzwesten, Winterbekleidung und Zelte fehlen. Aus Sicht des Verteidigungsministeriums ist die Einsatzbereitschaft der Truppe nicht gefährdet.

Bartels kritisiert "Schneckentempo" bei Reformen

Bartels hält die Mängellisten für symptomatisch für den Zustand der Truppe. "Diese Art von Mangelverwaltung ist mittlerweile normal", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist ein Zeichen für die allgemeine Materialschwäche." Fehle die Ausrüstung in einem Verband, werde sie woanders weggenommen. "Wir haben bekanntermaßen vom Panzer bis zum Zelt von allem zu wenig."

Mehr als ein Vierteljahrhundert bestimmten Sparzwänge die deutsche Verteidigungspolitik. Von der Leyen versprach 2016 ein Ende der Schrumpfkur. Vergangenes Jahr hatte Bartels deutlich mehr Tempo bei der Bundeswehrreform gefordert. "Es geht alles viel zu langsam", hatte er kritisiert. Der Soldat spüre von den Reformen nichts. Er warf der Regierung "Schneckentempo" bei den Reformen vor.

Auch Landesverteidigung rückt wieder in den Fokus

Gleichzeitig ist die Bundeswehr wachsenden Belastungen in aller Welt ausgesetzt, etwa durch die Friedenssicherung in Mali oder die Mission in Afghanistan. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, die Bundeswehrtruppen in Afghanistan und Mali aufzustocken. Zudem will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) künftig den ganzen Irak mit einer Ausbildungs- und Beratungsmission unterstützen. Neben den Einsätzen im fernen Ausland rückt für die Bundeswehr angesichts der bedrohlich wahrgenommenen russischen Außenpolitik auch die Landes- und Bündnisverteidigung wieder stärker in den Fokus.

Der Deutsche Bundeswehrverband hat die mangelnde Ausrüstung der Armee angeprangert. Bei Beschaffung von Munition und beim Gerät müsse es Verbesserungen geben, sagte der Verbandsvorsitzende André Wüstner am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin" und fügte hinzu: "Jetzt muss beschleunigt werden." Die Politik erhöhe zwar die Zahl der Aufträge und Einsätze, unterfüttere diese aber nicht. "Das muss sich in den nächsten drei Jahren verändern. Das Jahr 2018 wird eine Art Jahr der Wahrheit."

Scharfe Kritik an von der Leyen

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Wolfgang Hellmich (SPD), kritisierte die CDU-Verteidigungsministerin von der Leyen in scharfer Form. "Das Vertrauen in die Bundesverteidigungsministerin ist schon erschüttert. Die Nachrichten über die Ausrüstungsmängel verstärken diese Erschütterung. Frau von der Leyen muss jetzt der Truppe sagen, wie sie die Mängel abstellt. Die Geduld geht zu Ende", sagte Hellmich der "Passauer Neuen Presse".

Nach einem Bericht des MDR-Magazins "Fakt" nimmt die Zahl der Soldaten zu, die nach Einsätzen psychisch erkranken. Demnach stieg die Gesamtzahl von Bundeswehrangehörigen, bei denen eine psychische Einsatzerkrankung diagnostiziert wurde, im vergangenen Jahr auf 784 (2016: 751), wie eine Anfrage des Magazins beim Wehrbeauftragten ergab. Darunter seien 605 Soldatinnen und Soldaten (2016: 557), die unter einer sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung, kurz PTBS leiden.

Verwendete Quellen
  • Reuters, dpa
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