Von Dietmar Bär bis Gloria Viagra Diese Promis wählen den Bundespräsidenten
Schauspieler, Fußballtrainer, Dragqueens: Neben Politikern bestimmen auch Prominente an diesem Sonntag das Staatsoberhaupt. Diese bekannten Gesichter haben die Ehre.
Fußballstars, ein Astronaut, Schauspieler – sie alle haben am Sonntag eine große Aufgabe. Dann wählen zum Beispiel Fußball-Bundestrainer Hansi Flick, Komiker Klaas Heufer-Umlauf und Astronaut Alexander Gerst den neuen Bundespräsidenten. 1.472 Mitglieder hat die 17. Bundesversammlung und längst nicht alle sind von Beruf Politiker.
Embed
Schon länger gibt es bei der Wahl des Staatsoberhaupts eine Faustformel: Je klarer der Ausgang, desto mehr Promis tummeln sich unter den Wahlfrauen und -Männern. Da die erneute Kür des Sozialdemokraten Frank-Walter Steinmeier (66) als sicher gilt, wird es im coronabedingten Ersatz-Wahlort, dem Paul-Löbe-Haus, in Berlin eine hohe Dichte an TV-Gesichtern zu sehen geben. Die heimlichen Stars dürften aber die Corona-Helden sein.
Schon Heuss wollte Bundesversammlung bunter machen
Aber fangen wir von vorn an: Dass in der Bundesversammlung auch Menschen sitzen, die nicht zu den Landtagen und nicht zum Bundestag gehören, hat Tradition. Es war die Idee von Theodor Heuss, auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens mitstimmen zu lassen, sagt der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte.
"Aber erst ab 2004 wird dies auch medial anders begleitet und auf Medienprominenz gesetzt", sagt Korte. "Waren früher Alt-Abgeordnete, Alt-Ministerpräsidenten für die Parteien dabei, sind es seit dieser Zeit medienbekannte Personen des öffentlichen Lebens – aus allen Arbeitsbereichen."
"Privileg und Ehre": Hansi Flick folgt auch hier Jogi Löw
Nehmen wir mal den Arbeitsbereich Fußball: Da tritt Flick auch in der Bundesversammlung die Nachfolge von Jogi Löw an. Der Bundestrainer stimmt im Auftrag der Südwest-CDU ab. Flick erzählt, die Idee sei in seiner Heimatgemeinde Bammental bei Heidelberg an ihn herangetragen worden.
"Ich habe keine Bedenkzeit gebraucht, denn ich empfinde es als Privileg und als Ehre, den Bundespräsidenten wählen zu dürfen." Der Gewählte müsse ein Bundespräsident für alle sein – "für ganz Deutschland, für ein vielfältiges, buntes, offenes, tolerantes Land". In Berlin trifft Flick auch alte Bekannte, etwa Freiburgs Trainer Christian Streich und Bayern-Star Leon Goretzka.
Schauspieler beim "Feiertag für die Demokratie"
Einer der Promis ist Schauspieler Marcus Mittermeier ("München Mord"), der von der Landtagsfraktion der bayerischen Grünen nominiert wurde. "Dass dieser Tag so feierlich begangen wird, kann man mit Fug und Recht als Feiertag für die Demokratie bezeichnen." Parteimitglied ist Mittermeier nicht, sagt er. Zu den Grünen gebe es inhaltlich aber schon eine große Schnittmenge, vor allem in der Klimapolitik.
Embed
Die Liste der TV-Gesichter bei der Wahl ist recht lang: "Tatort"-Star Dietmar Bär und Leonard Lansink ("Wilsberg") sind für die NRW-SPD dabei, Komiker Dieter Nuhr für die NRW-FDP. Schauspielerin Fritzi Haberlandt ("Babylon Berlin") kommt für die Grünen in Brandenburg, Sibel Kekilli ("Gegen die Wand") wurde von den Grünen in Baden-Württemberg nominiert.
Stille Corona-Helden: "Hoppla, man wird ja doch gesehen"
Natürlich wird die Corona-Krise auch in der Bundesversammlung sichtbar. Fast aus jedem Land wird jemand mitwählen, der im Gesundheitswesen arbeitet – ob Charité-Virologe Christian Drosten, seine Kollegin Sandra Ciesek, die Tübinger Ärztin Lisa Federle, Notfallmedizinerin und Bloggerin Carola Holzner – bekannt als Doc Caro. Oder auch bisher eher Unbekannte: So schicken die Südwest-Grünen Ayse Jeter vom Klinikum Stuttgart nach Berlin.
Die 50-Jährige war Stationsleiterin einer Intensivstation und freut sich über diese wertschätzende Geste. Lange habe sie das Gefühl gehabt, die Politik habe ihren Berufsstand vergessen. Als der Anruf kam, habe sie gedacht: "Hoppla, man wird ja doch gesehen." Sie sei "total glücklich", in Berlin die Kollegen zu vertreten. "Eine höhere Aufgabe gibt es ja nicht." Auch mit dabei: Özlem Türeci, Gründerin von Biontech.
92-Jährige aus Mannheim will Zeichen gegen AfD setzen
Corona hat Karla Spagerer (92) gut überstanden, am liebsten würde sie auch noch die AfD überleben. Am Sonntag ist das SPD-Mitglied jedenfalls die älteste Wahlfrau in der Bundesversammlung. Die Frau aus Mannheim besucht seit einigen Jahren Schulen, um dort über die Schrecken der Nazi-Zeit zu berichten.
Die Motivation für ihr spätes Engagement sei das Erstarken der AfD gewesen, sagt sie. "Da habe ich gegen kämpfen wollen." Dass nun das CDU-Mitglied Max Otte als AfD-Kandidat gegen Steinmeier antritt, findet Spagerer unerhört: "Die CDU müsste den hochkant rausschmeißen."
Fürstlicher Fauxpas hallt nach
Die frechste Frisur dürfte dieses Mal die Dragqueen Gloria Viagra in der Bundesversammlung haben und damit die Nachfolge von Olivia Jones antreten, die vor vier Jahren mit ihrer orange-roten Mähne der bunteste Paradiesvogel war. Apropos Gloria und freche Frisur: Dafür war einst auch Gloria Fürstin von Thurn und Taxis bekannt. Doch sie sorgte bei der CSU für großen Schrecken, als sie nach der Wahl 2004 bekannte, nicht für Horst Köhler, sondern für Gesine Schwan gestimmt zu haben.
"Erinnern Sie mich nicht daran", seufzte die Fürstin später. Das wäre besser nicht herausgekommen. Seitdem werde sie in Bayern bei keinem Empfang der Staatsregierung mehr eingeladen. Fürstlichen Glanz gibt es aber auch diesmal: Niedersachsens FDP schickt Alexander zu Schaumburg-Lippe.
- Nachrichtenagentur dpa