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Corona-Lockdown wird erneut verlängert: "Frau Merkel, es reicht!"


Meinung
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Kommentar zum verlängerten Lockdown
Es reicht!

MeinungEin Kommentar von Tim Kummert

Aktualisiert am 11.02.2021Lesedauer: 5 Min.
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Grenzen ihrer Macht: Angela Merkel muss eingestehen, dass sie sich bei Schulöffnungen gegen die Wünsche der Ministerpräsidenten nicht durchsetzen konnte (ab 0:21). (Quelle: reuters)

Der verlängerte Lockdown beweist endgültig: Bundesregierung und Länder sind bei der Bekämpfung der Pandemie an ihre Grenzen gekommen. Ohne erkennbare Strategie kann es nicht weitergehen.

Erinnern Sie sich noch an den 28. Oktober 2020? Es ist ein historischer Tag der Corona-Krise. Denn Kanzlerin und Ministerpräsidenten setzen eine Mechanik in Gang, die sich rückblickend am besten als "Vierwöchige Lockdown-Schleife" bezeichnen lässt.

Denn vor mehr als 100 Tagen wird der November-Lockdown für Deutschland beschlossen. Jetzt einmal vier Wochen zur Ruhe kommen, damit Weihnachten trotz Corona schön wird. Das war die Theorie.

In der Praxis entscheiden die Regierungschefs am 25. November 2020 eine Verlängerung des Teil-Lockdowns. Bis zum 20. Dezember, damit Weihnachten ... Ach, Sie wissen schon. Allerdings trifft sich die Runde bereits Anfang Dezember wieder und entscheidet frühzeitig, dass das öffentliche Leben bis zum 10. Januar 2021 teilweise heruntergefahren bleibt. Ein Weihnachtsessen im Restaurant wird es also nicht geben.

Und kurz darauf entscheiden Kanzlerin und Ministerpräsidenten: Auch Schulen, Geschäfte und Friseure müssen zumachen. Das Versprechen: Einmal richtig zur Ruhe kommen, jetzt aber wirklich, dann wird vielleicht nicht alles gut, aber vieles besser.

Anfang Januar wird der Lockdown, nun ja, verlängert — und am 19. Januar noch einmal.

Hauptsache, das Land steht weiterhin erst einmal still

Mittlerweile ist es fast Mitte Februar — und was ist das Ergebnis der jüngsten Bund-Länder-Runde? Genau: Der Lockdown wird verlängert. Dieses Mal bis in den März hinein. Und was passiert danach? Zu gegebener Zeit werde man weitersehen, heißt es.

Klar, es ist nun erstmals von vorsichtigen Öffnungen die Rede. Friseure scheinen plötzlich geradezu systemrelevant zu sein. Und auch an den Schulen könnte es bald wieder so etwas wie Unterricht geben. Aber einen verbindlichen Stufenplan für alle Länder, der sich an den Inzidenzen in den Landkreisen bemisst, gibt es vorerst nicht.

Hauptsache, das Land steht weiter weitgehend still. Das Kalkül dahinter ist klar: Bis Ende März sollen die Corona-Zahlen möglichst weit gedrückt werden, weil danach das Wetter besser werden dürfte und die Impfzentren wahrscheinlich endlich ausgelastet sein könnten.

Doch das dauerhafte Einfrieren Deutschlands offenbart: Der Lockdown bleibt das wichtigste Mittel der Bundesregierung in der Pandemie-Bekämpfung. Man muss das zweimal schreiben, weil der Satz nicht so banal ist, wie man glauben mag: Der Lockdown bleibt das wichtigste Mittel der Bundesregierung in der Pandemie-Bekämpfung.


Diese Aussage zeugt von einem politischen Missmanagement. Die vielen kleinen Lockdowns, die zu einem großen verschmelzen, beweisen: Die Politik hat es versäumt, mithilfe anderer Instrumente die Corona-Pandemie schneller in den Griff zu bekommen. Es ist das Versäumnis der Kanzlerin, ihres Kabinetts und der Landesregierungen.

Selbstverständlich ist klar, dass man vorsichtig sein muss. Die Mutationen des Virus sind sehr riskant. Wahr ist aber auch: Sie allein sind nicht der Grund, dass wir alle in fast völliger Bewegungsstarre verharren müssen. Es gibt allerlei Versäumnisse.

Wer ohne Symptome wissen will, ob er Corona hat, muss Geld in die Hand nehmen

Da steht zum einen die Frage im Raum, warum nicht viel mehr getestet wird. Die Kriterien des Robert Koch-Instituts (RKI) sind inzwischen so streng, dass wir die Testkapazitäten nur rund zur Hälfte ausnutzen.

Es ist schon bemerkenswert, welch hohen Aufwand man mitten in der Corona-Pandemie betreiben muss, um an einen Test zu kommen. Es wirkt, als spare der Staat am falschen Ende. In manchen Bundesländern steht man für einen Abstrich stundenlang vor einer Arztpraxis an, in anderen Ländern gibt es zwar ein besseres Angebot, doch es wird häufig zu wenig wahrgenommen: Die Stationen liegen zu weit auseinander, der Aufwand scheint vielen Bürgern zu hoch.

Und wer ohne Symptome einen PCR-Test machen will oder andere RKI-Kriterien nicht erfüllt, kann das zwar tun. Aber nicht selten kostet der Test dann mehr als 100 Euro.

Natürlich gibt es mit den Schnelltests längst günstigere Möglichkeiten. Aber auch hier haben es Bundesregierung und Länder versäumt, die entsprechenden Möglichkeiten zu schaffen. Es bräuchte sie – um es mit den Worten der Bundesbildungsministerin auszudrücken – tatsächlich an jeder Milchkanne.

Tübingen als Vorbild bei Schnelltests

Mithilfe von Schnelltests könnte auch schon lange mehr Regelbetrieb in den Schulen und im sonstigen Alltag möglich sein. In Österreich kann man seit zwei Tagen bereits wieder zum Friseur – vorausgesetzt man legt einen frischen, negativen Corona-Test vor.

Eine Stadt, in der die Tests übrigens erfolgreich angewendet werden, ist Tübingen. Dort wurden seit Ende November etwa 18.000 Menschen gratis getestet – bei 89.000 Einwohnern. Über 300 waren positiv, die sich dann in Quarantäne begeben haben. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat Corona bei sich in der Stadt so gut in den Griff bekommen wie nur wenige andere.

Das zweite zentrale Thema ist der Impfstoff – oder besser: der fehlende Impfstoff. Großbritannien impft pro Tag etwa fünf Mal so viele Menschen wie Deutschland, Israel ist der Impfweltmeister – dort sinken die Corona-Zahlen. Und Deutschland schaut bei diesem enormen Erfolg nur zu, bei uns geht das Impfen quälend langsam voran.

Im November kam, zur großen Überraschung, dann der Winter

Dabei war Zeit, die Impfungen zu organisieren, viel Zeit sogar. Doch in der EU feilschte man allzu lange um den richtigen Preis beim Corona-Impfstoff. Und weitere Maßnahmen wurden nicht unternommen. Das ging den Juli über so, den August, den September und den Oktober. Und im November kam, offenbar zur großen Überraschung vieler Verantwortlicher, der Winter. Die Corona-Zahlen schossen in die Höhe, die Krankenhäuser füllten sich.

Nun wird für die – mögliche – Lockerung des Lockdowns auch über die Sieben-Tage-Inzidenz gesprochen, also die Zahl der Infizierten pro 100.000 Menschen innerhalb von einer Woche. Als kritische Marke galt lange eine Zahl von 50, nun ist von einem Wert von 35 die Rede.

Entscheidend ist: Auf 50 wurde sich deshalb geeinigt, weil bis zu diesem Wert die deutschen Gesundheitsämter die Kontakte nachverfolgen können. Zugespitzt ausgedrückt: Ein Land verharrt unter anderem deshalb über Monate im Lockdown, weil in manchem Gesundheitsamt noch gefaxt wird. Die Digitalisierung der Ämter mithilfe eines einheitlichen Meldesystems für die Corona-Fälle wurde zwar eingeleitet, doch auch sie zieht sich quälend langsam dahin. Es ist kostbare Zeit, die bereits verloren ist und weiter verloren geht.

Und gleichzeitig wachsen die Schäden der Pandemie: Viele Kinder sitzen zu Hause fest. Es gibt bereits Warnungen vor großen Folgen für die Psyche, Depressionen nehmen zu, die häusliche Gewalt steigt. All diese Probleme stauen sich auf, sie wachsen von Monat zu Monat.

Sie könnten gelöst werden, wenn Kanzlerin und Ministerpräsidenten die Pandemie besser in den Griff bekämen. Aber ihnen fällt offenbar nicht viel mehr ein als ein Verharren in der "Vierwöchigen Lockdown-Schleife". Die ist allerdings alles andere als eine Corona-Strategie.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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