Personaldebatte in der SPD Martin Schulz hält sich spätere Kandidatur für Fraktionsvorsitz offen
Noch will er nicht, aber später vielleicht schon: Martin Schulz tritt in der kommenden Woche nicht gegen Andrea Nahles in der Abstimmung um den Fraktionsvorsitz an. Nahles wiederum erhält Zuspruch aus der CSU.
Ex-SPD-Chef Martin Schulz hält sich die Möglichkeit offen, die Führung der SPD-Bundestagsfraktion zu übernehmen, will aber gegenwärtig nicht gegen Fraktionschefin Andrea Nahles antreten. Er habe den Abgeordneten geschrieben, "dass ich zur Wahl am Dienstag nicht antrete", sagte er der "Welt am Sonntag". Dafür habe er persönliche Gründe. Die Frage, ob er ausschließe, zu einem späteren Zeitpunkt anzutreten, ließ er unbeantwortet.
Der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Ralf Stegner will einen Showdown am Dienstag möglichst verhindern. "Ich hoffe, dass wir in den Führungsgremien der SPD zu einer guten Lösung kommen, wichtige strategische Weichenstellungen über die GroKo hinaus verabreden und Personalquerelen vermeiden", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Zuspruch erhielt Nahles wiederum von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Dieser sagte der "Bild am Sonntag": "Andrea Nahles hat echte Handschlagqualität, ist eine absolut verlässliche Partnerin. Das Problem der SPD heißt nicht Andrea Nahles, das Problem heißt Linksruck, Enteignungsfantasien und Sozialismusromantik."
Personaldebatte soll enden
Nahles will am Dienstag über ihre Zukunft als Fraktionsvorsitzende abstimmen lassen. Die SPD-Chefin hatte die von September vorgezogene Wahl mit dem Ziel angesetzt, die Personaldebatte zu beenden, die ihre Kritiker bereits vor dem schlechten Abschneiden der SPD bei der Europawahl und der Landtagswahl in Bremen angezettelt hatten.
Die SPD brauche eine inhaltliche Neuorientierung und ein klares Profil, sagte Schulz. "Deshalb rate ich dazu, nicht primär über Personen zu reden." Das sei auch das Ergebnis der Debatten in Parteivorstand am vergangenen Montag gewesen. Nahles lege mit der Entscheidung über die Wahl des Fraktionsvorsitzes den Schwerpunkt auf Personalfragen. "Das finde ich zum aktuellen Zeitpunkt falsch."
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte dem "Tagesspiegel" dagegen, ohne eine vorgezogene Wahl habe der Fraktionsvorstand befürchtet, "dass die kommenden Wochen und Monate nur noch von der Debatte geprägt worden wären, ob sich die Fraktionschefin im Herbst wieder durchsetzen kann." Die SPD-Fraktion müsse sich aber auf ihre Arbeit konzentrieren können.
Schulz plädiert für Verbleib in Regierung
In dem Interview schloss Scholz eine weitere Koalition mit der CDU nach der laufenden Legislaturperiode aus. "Eine Fortsetzung der heutigen Koalition nach 2021 will niemand – nicht die Bürgerinnen und Bürger, nicht die Union – und wir Sozialdemokraten schon gar nicht." Drei große Koalitionen in Folge würden der Demokratie in Deutschland nicht guttun. Die SPD ist nach zwei Regierungsbündnissen mit der CDU in der Wählergunst auf Rekordtiefstände gefallen.
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Ex-Parteichef Schulz sprach sich dagegen aus, die große Koalition zu verlassen. "Die Regierungskoalition hat eine Menge erreicht. Ich würde sie unter anderem deshalb fortsetzen, weil Deutschland 2020 die EU-Ratspräsidentschaft innehat und die SPD dann die treibende Kraft der Reform der Europäischen Union werden könnte", sagte er der "Welt am Sonntag". Bundeskanzlerin Angela Merkel agiere nur noch passiv. "Darin liegt auch eine Chance für die SPD, die Initiative zu ergreifen und weiterzukommen bei Mindestlohn, Digitalsteuer, Umweltpolitik und Handelsverträgen mit ambitionierten Klimazielen."
- Nachrichtenagentur Reuters
- Nachrichtenagentur dpa