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Flüchtlinge in Deutschland: Beim Thema Flucht ist die Kirche in der Pflicht


Nach Missbrauch- und Protz-Skandalen
Die Kirche findet in der Flüchtlingshilfe neue Bestimmung

Von dpa, pdi

06.11.2017Lesedauer: 2 Min.
Flüchtlinge laufen über eine Brücke zwischen Hanging (Österreich) und Wegscheid (Deutschland) nach Deutschland.Vergrößern des Bildes
Flüchtlinge laufen über eine Brücke zwischen Hanging (Österreich) und Wegscheid (Deutschland) nach Deutschland. (Quelle: dpa)
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Noch vor einigen Jahren war die katholische Kirche vor allem mit dem Missbrauch-Skandal oder dem Limburger "Protz-Bischof" in den Schlagzeilen. Das hat sich gründlich geändert - die Kirche hat eine neue Rolle als Anwalt der Flüchtlinge gefunden.

Auch Jesus war ein Flüchtling. Der Evangelist Matthäus berichtet, wie Maria und Joseph mit ihrem kleinen Jungen nach Ägypten fliehen, um dem Potentaten Herodes zu entgehen. Die Geschichte hat Künstler durch alle Epochen immer wieder inspiriert. Pieter Bruegel (1525/30-1569) versetzte die Flüchtlingsfamilie kurzerhand in eine mitteleuropäische Gebirgslandschaft - wenn man das Bild heute sieht, könnte man an die Balkanroute denken.

Tatsächlich gehören sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche zu den Hauptpfeilern der Flüchtlingshilfe. Die katholische Seite organisiert in Köln bereits zum dritten Mal einen Flüchtlingsgipfel, zu dem 130 Praktiker, Experten und Ehrenamtliche aus ganz Deutschland zusammenkommen.

"Circa 100 000 freiwillige Flüchtlingshelfer in den Kirchengemeinden haben die Erstaufnahme von Geflüchteten unterstützt", erläutert der für Flüchtlingsfragen zuständige Hamburger Erzbischof Stefan Heße im dpa-Interview. Darüber hinaus bemühten sich 6000 professionelle Mitarbeiter um die Flüchtlinge. Allein im vergangenen Jahr hätten die deutschen Bistümer und die kirchlichen Hilfswerke 128 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe aufgebracht.

"Wir sind Kirche"

Ist das genug? "Ich glaube, es wird für das Engagement, was von uns allen in Zukunft noch nötig sein wird, keine Obergrenze geben können", meint Christian Weisner von der katholischen Reformbewegung "Wir sind Kirche". "Die Kirchen haben vielfältige Möglichkeiten, sie haben Grundbesitz und große finanzielle Ressourcen, denken wir an die Kirchensteuereinnahmen."

Und sie bekommen für eine ganze Menge Leistungen Ersatz. "Das ist etwas, was viele gar nicht wissen: Die Kirchen werden vom Staat finanziell entschädigt, wenn sie zum Beispiel Gebäude zur Verfügung stellen", erläutert Weisner. "Das sollte man nicht vergessen, wenn die Kirchen auflisten, was sie alles für die Geflüchteten tun."

So lobenswert die Hilfe sein mag - sie erfolgt nicht nur aus reiner Nächstenliebe. Vor allem die katholische Kirche hat damit ein Thema besetzt, mit dem sie sich gesellschaftlich positionieren kann und nahezu permanent in der öffentlichen Debatte präsent ist. Vorher machte sie vor allem durch den Missbrauchsskandal oder den Limburger "Protz-Bischof" Franz-Peter Tebartz van Elst von sich reden - jetzt tritt sie als Anwalt der Flüchtlinge auf. Die Kirche habe dadurch "eine neue Relevanz gewonnen", sagte der Kölner Erzbischof Rainer Woelki vor einiger Zeit in einem dpa-Interview.

Menschen mitnehmen

Bei der Hilfeleistung kann die Kirche eine ihrer größten Stärken ausspielen - ihren hohen Organisationsgrad. Der Wohlfahrtsverband Caritas und das noch immer dichte Netz von Pfarrgemeinden sind dabei von unschätzbarem Wert. Denn auch das hat die Flüchtlingskrise gezeigt: Guter Wille allein reicht oft nicht aus, man muss auch auf Erfahrung und auf gewachsene Strukturen zurückgreifen können.

Vielleicht ebenso wichtig ist die Bewusstseinsbildung, die die Kirche in Deutschland betreibt: Sie nimmt viele Menschen mit - auch solche, die eher konservativ eingestellt sind und Vorbehalte gegenüber dem Zuzug von Fremden haben.

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