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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Brandenburgs Ministerpräsident Woidke "Wenn ich verliere, bin ich weg"
Dietmar Woidke setzt in seinem Wahlkampf vor allem darauf, dass ihn die Wähler seit elf Jahren als Ministerpräsidenten kennen. Seine Popularität ist hoch – deswegen kann er keinen unbeliebten Bundeskanzler an seiner Seite gebrauchen.
"Emotionale Erpressung am Wähler" – das wird Dietmar Woidke (SPD) von der Linkspartei in Brandenburg gegenüber dem rbb vorgeworfen. Denn der amtierende Ministerpräsident Brandenburgs hat angekündigt, seinen Posten zu räumen, sollte seine SPD nicht die meisten Stimmen bei der kommenden Landtagswahl erhalten. "Mein Ziel ist es, gegen die AfD zu gewinnen – und wenn ich gegen die AfD verliere, bin ich weg. Ich werde nicht mit irgendjemandem rumverhandeln, wenn ich auf dem zweiten oder dritten Platz gelandet bin", sagte Woidke der Nachrichtenagentur dpa.
Kein unrealistisches Szenario. Schließlich liegen die Sozialdemokraten laut Umfragen hinter der AfD. Doch mit der Ankündigung eines möglichen Rückzugs hat Woidke zur Aufholjagd geblasen. Denn seine Popularitätswerte sind hoch. Zudem ist er mit einer Amtszeit von elf Jahren einer der dienstältesten Regierungschefs Deutschlands. Deswegen setzt die SPD im Wahlkampf auf Personalisierung. "Die Menschen in Brandenburg kennen mich – und das ist ein wichtiges Pfund für den Wahlkampf", so Woidke.
In der SPD hoffen manche, dass die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen die Menschen in Brandenburg beeinflussen könnten. Die komplizierten Mehrheiten, die durch die Wahlerfolge von BSW und AfD entstanden sind, könnten die Wählerinnen und Wähler in Brandenburg auf Sicherheit setzen lassen.
Steckbrief Dietmar Woidke
Beruf: Ministerpräsident Brandenburg
Geburtstag: 22. Oktober 1961
Geburtsort: Naundorf bei Forst (Brandenburg)
Familienstand: verheiratet, ein Kind
Berufsausbildung: Diplomagraringenieur
Wofür steht Dietmar Woidke politisch?
"Es geht diesmal um alles. Wirtschaftliche Entwicklung, soziale Sicherheit, gesellschaftlichen Zusammenhalt – und dafür braucht es politische Stabilität", sagte Woidke im Interview dem Magazin "Stern". Und für diese Stabilität steht Woidke nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich.
Unter seiner Regierung erreichte Brandenburg im Vergleich zum bundesweiten Trend ein starkes Wirtschaftswachstum. Im ersten Halbjahr 2023 legten die Unternehmen im BIP um sechs Prozent zu – so stark wie in keinem anderen Bundesland. Dafür verantwortlich ist unter anderem das Tesla-Werk in Grünheide und seine Zulieferer.
Woidke steht aber auch für einen Kurs, der auf Distanz zur Ampelregierung geht. Er bezeichnete den Dauerstreit der Koalitionspartner als "demokratiezersetzend" und nannte das Heizungsgesetz ein "kommunikatives Desaster". Die Erhöhung des Bürgergelds war ihm zu hoch, zudem möchte er am Kohleausstieg 2038 festhalten und ihn nicht wie die Grünen in Bund und Land auf 2030 vorziehen. "Das ist alles sehr naiv, wie das da diskutiert wird", sagte Woidke.
Aus seiner Abneigung zur AfD macht Woidke aber auch keinen Hehl. Ihre Bekämpfung ruft er sogar als größten Wahlvorsatz aus: "Zu verhindern, dass unsere stolze Brandenburger Fahne große braune Flecken bekommt, das, meine Damen und Herren, ist mein wichtigstes Ziel." Er bezeichnet die AfD nicht als Alternative, sondern als Absturz für Brandenburg und ganz Deutschland. Woidke sagt, dass es ohne "Menschen aus dem Ausland" nicht gehe und spricht sich für "Weltoffenheit und Toleranz" aus. Das hat er mit mehreren Besuchen auf Demonstrationen gegen Rechtsextremismus unterstrichen.
Mit welchen konkreten Versprechen wirbt Woidke im Wahlkampf?
Die SPD geht mit den Themenbereichen Wirtschaft, Gemeinschaft und Sicherheit in den Wahlkampf. Konkret heißt das, dass die Ansiedlung von Industriebetrieben gefördert und klimaneutraler Umbau unterstützt werden soll. Außerdem soll die Zahl der 250.000 Menschen, die auf Mindestlohnniveau arbeiten, gesenkt werden.
Woidkes Partei hat das Ziel einer vollständig kostenfreien Bildung ausgerufen. Dafür sollen unter anderem alle verbliebenen Elternbeiträge für Krippe und Hort abgeschafft werden. Zudem soll in Cottbus eine Universitätsmedizin entstehen, die das Land mit über hundert Millionen Euro jährlich unterstützen will.
Die SPD setzt sich dafür ein, dass die Brandenburgerinnen und Brandenburger finanziell von der hohen Windenergieerzeugung in ihrer Region profitieren, indem die hohen Netzentgelte gesenkt werden. Zudem sollen Unternehmen direkte Verträge mit Wind- oder Solarparks abschließen können, um günstigeren Strom zu beziehen.
Welche Kritik gibt es an Woidke?
Woidkes Konkurrenz im Wahlkampf zweifelt an dessen Distanz zur Ampelkoalition und Bundeskanzler Olaf Scholz. "Es ist ein einigermaßen peinliches Schauspiel, wenn Dietmar Woidke nun so tut, als hätte er nichts mit Olaf Scholz zu tun", sagte Brandenburgs CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann dem Tagesspiegel.
Tatsächlich verzichtete Woidke im bisherigen Landtagswahlkampf auf Auftritte mit dem Bundeskanzler. Immerhin vertritt dieser im Bundestag den brandenburgischen Wahlkreis Potsdam-Mittelmark II und hat selbst eine Wohnung in Potsdam.
Doch von Scholz und der Ampel möchte Woidke im Wahlkampf nichts wissen. "Manchmal bin ich wirklich froh, wenn ich von der Bundesregierung mal ein paar Tage nichts höre", so Woidke in einem Handelsblatt-Interview. Auch auf den Wahlplakaten ist nur Woidke zu sehen, der das damit begründet, dass die Brandenburger SPD immer das Glück gehabt habe, auf starke eigene Führungspersönlichkeiten setzen zu können.
Im Wahlkampf zur Europawahl wurde die SPD dafür kritisiert, mit Scholz' Gesicht auf Wahlplakaten um Stimmen zu werben. Um nun in Brandenburg erfolgreicher abzuschneiden, tue Woidke jetzt so, als wäre er in der Opposition, so die Kritik aus der CDU. "Woidke ist im Frühjahr auf jeden Traktor gestiegen und hat den Bauern versichert, an ihrer Seite zu stehen – aber den Weg zu seinen eigenen Abgeordneten hat er nicht geschafft", sagt Hoffmann und spricht vom "doppelten Dietmar" den man derzeit in Brandenburg erlebe.
Was ist über Woidke privat bekannt?
Woidkes Vater war Schlosser und seine Mutter Hauptbuchhalterin einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG). Auch Woidke interessierte sich für den Agrarsektor und studierte ab 1982 Landwirtschaft und Tierproduktion.
Seit 2007 ist er mit seiner Frau Susanne verheiratet, beide haben jeweils ein Kind aus erster Ehe. Der Zeitschrift "Bunte" erzählte Woidke, dass die beiden sich auf einem Konzert von Roland Kaiser im Rosengarten ihrer Heimatstadt Forst begegnet seien. "Bei mir funkte es schon da", so der Ministerpräsident.
Zudem legte Woidke die Jägerprüfung zum deutschen Jagdschein ab und war von 2006 bis 2008 Präsident des brandenburgischen Radsport-Verbands.