Klagen über neue Kosten "Nicht zu verkraften": Der Nahverkehr wackelt
Die Kosten für die Schienennutzung sollen insbesondere im Nahverkehr stark steigen. Die Bundesländer sorgen sich deshalb um die Finanzierung.
Mehrere Bundesländer befürchten offenbar Einschnitte beim öffentlichen Nahverkehr. Weil die sogenannte Schienenmaut ab 2026 teurer werden soll, steht die Finanzierung des Angebots auf der Kippe, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (SZ). So soll der Preis für die Nutzung des Schienennetzes der Deutschen Bahn (DB) durch den Nahverkehr ab 2026 um 23,5 Prozent steigen. Für den Fernverkehr wären es 10,1 Prozent und für den Güterverkehr 14,8 Prozent.
Das Trassennetz wird von der gemeinnützigen Bahntochter DB Infrago betrieben. Diese hatte die Branchenverbände und Verkehrsverbünde laut "SZ"-Informationen bereits vertraulich über die steigenden Kosten informiert. Beim Betrieb der S-Bahnen und Regionalzüge hätte das bundesweit Mehrkosten zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro pro Jahr zur Folge.
"Erhebliche Probleme": Kosten sorgen Bundesländer
In Bayern wäre diese Preissteigerung nach Angaben des Verkehrsministeriums mit den derzeit für den Nahverkehr vorhandenen Mitteln "nicht zu verkraften". Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte der Zeitung, "sollte sich das Vorhaben bestätigen, dass die DB Infrago von 2026 an die Trassenpreise drastisch erhöhen will, dann ergeben sich für den Nahverkehr auf der Schiene in den Ländern erheblich Probleme". Die Länder könnten nicht einfach "zusätzliche Trassenkosten übernehmen, um die mangelhafte Finanzierung der Bahn auszugleichen".
Aus Sicht von Sachsens Verkehrsministerium wäre die geplante Erhöhung der Trassenpreise "eine schwere zusätzliche Belastung". Thüringens Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij warnt davor, "dass die Verkehrswende ausfällt".
Die Preissteigerung der Trassenpreise liegt vor allem an den neuen Finanzierungsplänen der Bundesregierung. Für die Sanierung des teilweise maroden Schienennetzes erhält die Infrago vom Bund nun Eigenkapital statt Zuschüsse. Dieses muss verzinst werden, später folgen Abschreibungen. Allerdings muss die DB Infrago entsprechende Erlöse erst einmal erwirtschaften – etwa durch höhere Einnahme bei den Trassenpreisen.
Das sorgt für Kritik. Die Regierung schlage einen "völlig falschen Weg" ein, sagte Martin Burkert, Chef der Bahngewerkschaft EVG der "SZ". So wie das derzeit in Berlin laufe, werde das nichts mit der Verkehrswende, kritisiert Burkert.
Wissing sucht nach Lösung
Daraufhin hat Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) bereits eine andere Regelung angekündigt, um den Schienenverkehr zu entlasten. Man werde dafür die vorgeschriebene Verzinsung des Eigenkapitals der DB Infrago massiv senken, sagte ein Sprecher des Ministeriums der Nachrichtenagentur Reuters. Statt 5,9 Prozent sollten es künftig nur noch rund zwei Prozent des Eigenkapitals sein, die Infrago einnehmen müsse.
Sollte der Bund den Verzinsungssatz auf rund zwei Prozent senken, würden auf der anderen Seite aber wieder Einnahmen von rund 800 Millionen Euro fehlen. Das Dilemma ist dem Verkehrsministerium bewusst: "Das Ministerium wird zeitnah einen konkreten Fahrplan vorlegen, wie wir gemeinsam mit der Branche und den Bundesländern den Finanzierungsmechanismus der Schieneninfrastruktur in Deutschland zukunftssicher machen können", sagte ein Sprecher.
- sueddeutsche.de: "Das System Bahn gerät ins Wanken" (kostenpflichtig)