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Ampel-Einigung: Haushalt 2025 nach zähem Ringen beschlossen – trotz Kritik


Reaktionen zu Haushaltseinigung
"Schauspiel des schleichenden Niedergangs"

Von t-online, fls, lec

Aktualisiert am 05.07.2024Lesedauer: 7 Min.
Markus Söder (Archivbild): Bei Lanz drehte er den Spieß einmal um.Vergrößern des BildesMarkus Söder (Archivbild): Er kritisiert die Ampel. (Quelle: IMAGO/Revierfoto)
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Nach zähen Ringen hat sich die Ampel auf einen Haushalt für das 2025 geeinigt. Doch neben allgemeiner Erleichterung gibt es auch kritische Stimmen.

Die Spitzen der Ampel-Regierung haben sich auf den Bundeshaushalt für das kommende Jahr verständigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten seit Donnerstagnachmittag um eine Lösung im Haushaltsstreit gerungen.

Scholz traf am Freitagmorgen im Bundestag ein, um die SPD-Fraktion über die Entscheidung zu informieren. Parallel fand eine Fraktionssitzung der Grünen statt, zu der Habeck kam. Die Liberalen wurden von Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Rahmen einer Videoschalte informiert.

Söder: "K.o. ist nur verschoben worden"

CSU-Chef Markus Söder sieht den Ampel-Durchbruch beim Haushalt 2025 als nicht ausreichend für eine grundlegende Wende in Deutschland. "Die Koalition scheint offensichtlich den Matchball des Niedergangs abgewendet zu haben gestern Nacht", sagte der bayerische Ministerpräsident in Berlin.

Die Ampel habe sich "noch mal zusammen gerappelt, hat noch mal letzte Kräfte mobilisiert, um eine Einigung zu finden". Er fügte hinzu: "Ob das reichen wird, glaube ich nicht. Der K. o. ist nur verschoben worden." Söder sprach von einem "Schauspiel des schleichenden Niedergangs".

Auch der CDU-Haushaltsexperte Mathias Middelberg kritisierte die Haushaltseinigung der Ampel. "Nach dem, was bisher bekannt ist, wird der sogenannte Wachstumsturbo seinem Namen nicht gerecht". Die von der FDP geforderte und dringend nötige echte "Wirtschaftswende" werde es nicht geben. Einzelne Elemente könnten taugen, kräftiger Schub sei aber nicht zu erwarten, so Middelberg.

Union-Chefhaushälter: Einigung gut für Koalition, nicht für Deutschland

Der Unions-Chefhaushälter Christian Haase hat sich skeptisch über die Einigung der Koalitionsspitzen über den Bundeshaushalt 2025 gezeigt. Haase sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die Einigung mag gut für den Fortbestand der Koalition sein, dass sie jedoch gut für Deutschland ist, darf ernsthaft bezweifelt werden. Allein der monatelange Prozess war ein einziges politisches Gewürge mit fast täglichen Dissonanzen und weit entfernt von einem geräuschlosen Regieren. Man wird sehen, wie lange die Einigung trägt."

Die anstehenden Landtagswahlen mit potenziell schlechten Wahlergebnissen für die Ampelfraktionen würden zeigen, ob die Einigung dann noch immer Bestand haben und die Schuldenbremse weiterhin stehen werde. "Es scheinen eher halbherzige bis gar keine Lösungen das Ergebnis zu sein – etwa bei der Migration, der Bundeswehr oder dem Bürgergeld."

Parlamentarischer Geschäftsführer der Union: Zeitenwende "endgültig beerdigt"

Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sagte der "Rheinischen Post": "Fest steht heute nur: Das wird ein Sommer der heißen Debatten." Frei betonte, die Regierung wolle sich erneut "durchlavieren und die eigentlichen Fragen vertagen."

Die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufene Zeitenwende in der Sicherheitspolitik sei mit der Einigung "endgültig beerdigt", sagte Frei mit Blick auf den Wehretat, der dem Vernehmen nach weniger stark steigen soll als von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erhofft.

Habeck witzelt über gemutmaßten Koalitionsbruch

Im Vorfeld war viel über ein Scheitern der Haushaltsverhandlungen spekuliert worden - etwa über ein Auseinanderbrechen der Koalition wurde gemutmaßt. Angesprochen auf die Frage, wie nah die Koalition in der vergangenen Verhandlungs-Nacht vor dem Bruch der Koalition stand, antworte Vizekanzler Robert Habeck der dpa: "Das ist ein geräumiges Haus, da ist alles nicht so knapp."

Lang: "Beweisen Handlungsfähigkeit"

Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter zeigte sich erleichtert über den Durchbruch. "Ich glaube, angesichts der Weltlage wäre es komplett unverantwortlich gewesen, wenn die Regierung jetzt auseinandergefallen wäre", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag vor Journalisten. Deutschland habe "eine große Verantwortung" für den Zusammenhalt und für die Abwehrbereitschaft Europas. "Natürlich muss man sich die Einigung genau anschauen."

Ähnlich versöhnliche Töne kamen vom Parteivorsitzenden, Omid Nouripour: "Gerade in dieser angespannten geopolitischen Lage ist es ein wichtiges Signal, dass diese Regierung Handlungsfähigkeit beweist".

Zusammenfassend beschrieb er die Einigung als Stärkung für den sozialen Zusammenhalt. "Wir setzen wichtige Wachstumsimpulse für die Wirtschaft, bekämpfen den Fachkräftemangel durch eine bessere Entlohnung für Arbeit im höheren Alter und bringen Geflüchtete leichter und schneller in Jobs", so der Parteivorsitzende gegenüber der dpa.

Aus Kreisen des Bundesfamilienministeriums hieß es, die Haushaltsverhandlungen seien für Familienministerin Lisa Paus (Grüne) im Zusammenspiel mit Vizekanzler Habeck "in einem herausfordernden Umfeld erfolgreich verlaufen". Dabei seien für die Ministerin drei Punkte zentral.

Erstens gebe es ein starkes Kinderpaket mit Unterstützung für armutsgefährdete Familien. Zweitens würden Kinder- und Jugendplan sowie die Demokratieförderung ohne Abstriche fortgeführt. Drittens habe man für die Freiwilligendienste im Vergleich zur ursprünglichen Planung "mehr Mittel" herausgeholt. Auch Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann sprach von einigen bedeutenden Impulsen in der Familien-, Klima- und Wirtschaftspolitik.

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch betont, kein Klimaprogramm im Klima- und Transformationsfonds werde gekürzt. "Das gibt Sicherheit für Unternehmen genau wie Bürgerinnen und Bürger."

Auch die Parteichefin der Grünen, Ricarda Lang, äußerte sich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur ähnlich. "Ich glaube, es ist gut, dass wir in der geopolitischen Lage jetzt Handlungsfähigkeit beweisen", so Lang.

Streitpunkt Schuldenbremse

Kritischer zeigte sich die Grünen Fraktionschefin Katharina Dröge. Zwar zeigt sie sich im Gespräch mit dem Deutschlandfunk erleichtert, dass man sich auf einen Haushalt geeinigt habe, der das Land nicht "kaputtspare", aber bedauert, dass es keine Reform der Schuldenbremse geben wird.

"In der Haushaltspolitik hat sich Christian Lindner sehr stark in bestimmten Fragen eingemauert und die aus meiner Sicht über andere notwendige Themen gestellt", sagte Dröge kurz vor der Sitzung ihrer Fraktion zu den Ergebnissen der Haushaltsberatungen. Die Einhaltung der Schuldenbremse "über Sicherheit und Verteidigung" zu setzen, sei "keine vernünftige Prioritätensetzung", betonte Dröge.

SPD gibt sich nach Einigung entspannt – zum Teil

Betont entspannt, aber wortkarg gaben sich die Vertreter der Kanzlerpartei. "Es ist ein schöner Morgen, die Sonne scheint, Keir Starmer wird Ministerpräsident, und wir haben einen Haushalt", so der SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil zu den versammelten Reportern vor Beginn der Fraktionssitzung. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zeigte sich zuversichtlich, dass er alle seine Vorhaben mit dem neuen Haushalt umsetzen können werden.

Rolf Mützenich hingegen sieht die Debatte um die Schuldenbremse für noch nicht beendet an. Er behalte sich das Instrument vor, über einen Notlagenbeschluss eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu ermöglichen, sagte Mützenich am Freitag nach einer Sondersitzung seiner Fraktion mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. Denn es seien "eine Menge Kunstgriffe nötig" gewesen, um die Milliardenlücke im Bundeshaushalt 2025 zu schließen.

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Auch der Stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Achim Post sieht die Einigung zum Bundeshaushalt 2025 zum Teil kritisch. Laut Post ist der Entwurf "auf Kante genäht".

Es würden alle Möglichkeiten ausgenutzt, die die Verfassung vorsehe, sagte der Sozialdemokrat am Freitag im Deutschlandfunk. Am wichtigsten sei, dass es kein Gegeneinander-Ausspielen der Ukraine-Hilfen und der inneren und sozialen Sicherheit gebe. "Von daher, glaube ich, kann man mit diesem Haushaltsentwurf gut leben. Wir werden ihn im Parlament natürlich noch deutlich verbessern", sagte Post.

SPD geht in die Offensive

Nach der Haushaltseinigung der Koalitionsspitzen ist in der SPD-Fraktion Kritik an der Arbeit von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) laut geworden. Es könne "nicht sein, dass der Finanzminister auch in diesem Jahr nicht in der Lage war, selbstständig einen Haushalt aufzustellen", erklärte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde, am Freitag in Berlin.

"Eine aktive Rolle von Olaf Scholz war notwendig", erklärte Rohde. Der Bundeskanzler habe damit "erneut staatstragende Verantwortung gezeigt".

Rohde spielte mit seiner Kritik darauf an, dass die Einigung auf die Grundzüge des Haushalts im Spitzentrio der Koalition Scholz, Habeck und Lindner erzielt wurde. Die Federführung für die Haushaltsaufstellung obliegt dem Bundesfinanzministerium. Ressortchef Lindner hatte sich zunächst aber darauf beschränkt, den einzelnen Ministerien Sparvorgaben zu machen.

FDP lobt gefundenen Kompromiss

Aus der FDP gab es derweil Lob für den gefundenen Kompromiss. "Mit der Einigung zum Haushalt kommt die Wirtschaftswende und die Schuldenbremse steht", sagte Fraktionsvize Christoph Meyer t-online. Die Koalition habe sich auf einen verfassungskonformen Haushalt geeinigt. "Das ist ein Sieg der Vernunft."

 
 
 
 
 
 
 

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat die Einigung der Ampel-Spitzen auf den Bundeshaushalt für das kommende Jahr begrüßt. "Der Haushalt steht und die Wirtschaftswende kommt: Mit Einhaltung der Schuldenbremse, Entlastung der hart arbeitenden Mitte und deutlichen Impulsen für mehr Wachstum", teilte Djir-Sarai am Freitag in Berlin mit. Er erklärte: "Dafür hat sich das lange Verhandeln gelohnt."

Verteidigungsausschuss-Vorsitzender begrüßt Aufstockung des Wehretats

FDP-Fraktionschef Christian Dürr lobt die Einigung der Ampelspitzen. "Die Schuldenbremse wird eingehalten, Deutschland kann wieder wachsen, das sind zwei wichtige Signale", sagt Dürr nach einer virtuellen Fraktionssitzung der FDP.

Wichtig sei vor allem: "Wir kommen mit dem Geld, das uns die Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stellen, aus." Die Schuldenquote Deutschlands werde dadurch weiter sinken, und auch die Belastungsquote für die Menschen gehe weiter nach unten. Auf der anderen Seite blieben die Investitionen "auf historisch hohem Niveau", sagt Dürr. "Wir stärken die Wachstumsfaktoren in Deutschland."

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber (FDP), sagte den "Funke"-Zeitungen: "Der erneute Aufwuchs des Verteidigungshaushalts unterstreicht die hohe Priorität der Modernisierung der Bundeswehr. Die Bundesregierung setzt in ihrem Entwurf die richtigen Prioritäten für die Sicherheit unserer Republik."

Merz: "Schuldenbremse ist wichtig"

Aus der Opposition kommen ebenfalls lobende Worte. So zeigte sich Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU, erfreut darüber, dass die Ampel weiterhin an der Schuldenbremse festhält. "Die Schuldenbremse, so wie sie im Grundgesetz angelegt ist, ist richtig", sagte er im ARD-"Morgenmagazin".

"Sie hat bis heute dafür gesorgt, dass wir eben nicht zu hohe Schulden machen. Sie gibt viele Spielräume." Diese seien von der Koalition ausgenutzt worden und zeigten, dass eine Regierung auch mit geltender Bremse Schulden aufnehmen könne. "Und das ist das, was die Koalition gegenwärtig tut. Darüber hinaus weitere Schulden zu machen, ist unverantwortlich", betonte er.

Haushalt soll im November verabschiedet werden

Die drei Spitzenvertreter der Ampel-Regierung hatten in den vergangenen Wochen immer wieder über eine Lösung im Haushaltsstreit verhandelt. FDP-Chef Lindner hatte dabei eine insbesondere von der SPD geforderte erneute Aussetzung der Schuldenbremse abgelehnt und stattdessen milliardenschwere Einsparungen gefordert.

Die Bundesregierung will nach bisherigen Plänen den Haushaltsentwurf am 17. Juli im Kabinett verabschieden. Er soll dann nach der Sommerpause im Bundestag beraten und Ende November beschlossen werden.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
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