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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ampel-Ärger FDP: Grüne blockieren Anti-Geldwäsche-Gesetz
Die Ampel hat sich verkeilt: Die Koalition wird neue Anti-Geldwäsche-Gesetze nicht mehr vor der Sommerpause beschließen. FDP und Grüne geben dafür einander die Schuld.
Eigentlich sollte es noch vor der parlamentarischen Sommerpause kommen, jetzt aber ist der finale Beschluss blockiert – offenbar auch, weil es auf einer anderen Gesetzesbaustelle nicht vorangeht. Entgegen den ursprünglichen Erwartungen wird die Ampelkoalition diese Woche ein Gesetz für eine härtere Bekämpfung von Geldwäsche nicht mehr beschließen.
Die FDP wirft den Grünen vor, das Gesetz zu blockieren, um damit Fortschritte bei der stockenden Kindergrundsicherung zu erzwingen. Die Grünen machen vor allem mangelnde Fortschritte bei einem weiteren Gesetz dafür verantwortlich.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, zeigte sich am Dienstagvormittag verärgert. "Ich habe dafür kein Verständnis", sagte er. Er habe erwartet, dass man sich innerhalb der Ampelkoalition einig sei, welch hohe Priorität der Kampf gegen Geldwäsche habe.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte am Mittag, man dürfe gegenüber Clan-Kriminalität, die das Gesetz bekämpfe, nicht nachsichtig sein. „Es lässt mich ratlos zurück, wenn andere Koalitionspartner hier Nachsicht walten lassen wollen. Das betrübt mich sehr.“
Mit dem sogenannten Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz soll unter anderem eine neue Behörde geschaffen werden, die die Analyse, die strafrechtlichen Ermittlungen und die Aufsicht bei Geldwäsche-Fällen koordiniert. Das "Ermittlungszentrum Geldwäsche" soll mit allen Befugnissen der Strafverfolgungsbehörden in bedeutsamen internationalen Fällen mit Deutschlandbezug tätig werden.
Umstrittene Kindergrundsicherung Auslöser für Blockade
Es soll bereits bei verdächtigen Finanzströmen ansetzen, um dahinter liegende Straftaten aufzudecken. Das Konzept wird "follow the money" ("Folge dem Geld") genannt und soll direkter zu professionellen Hintermännern und Netzwerken führen.
Nach Informationen von t-online ist die Reform auf der Ebene der Fachpolitiker im zuständigen Finanzausschuss bereits seit Mai fertig ausgehandelt. Erst vergangene Woche meldete die Deutsche Presse-Agentur, dass sich der Bundestag in seiner letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause final mit dem Gesetz befassen werde.
Dass es nun doch nicht so kommt, hängt aus Sicht der FDP mit einem völlig anderen Gesetz zusammen, das den Grünen besonders wichtig ist – und das sie jetzt mit der Verabschiedung des Anti-Geldwäsche-Gesetzes verknüpfen: die Kindergrundsicherung, bei der eine Einigung mit den Koalitionspartnern SPD und FDP weiter aussteht.
Grüne: FDP blockiert die nötigen Instrumente
Die Grünen hingegen begründen ihr Zögern vor allem mit einem anderen Geldwäsche-Gesetz. Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte, die Bekämpfung von Finanzkriminalität sei für die Grünen von "zentraler Bedeutung". Es sei aber relevant, dass man auch die Befugnisse der Behörde, die geschaffen werde, gesetzlich regele. "Das ist leider bis heute nicht erfolgt, das halte ich für ein großes Defizit."
Konkret geht es dabei laut Haßelmann um das Gesetz zur Bekämpfung von Vermögensverschleierung, für das der Justizminister und der Finanzminister verantwortlich seien. Haßelmann kritisierte: "Ich weiß nicht, warum Marco Buschmann und Christian Lindner als die beiden zuständigen Minister sich bis heute nicht darauf verständigt haben, die Befugnisse für Vermögensverschleierung klar in einem Gesetzesvorhaben festzuschreiben."
Der zuständige Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch wirft deshalb seinerseits der FDP vor, den Abschluss des Vorhabens "unmöglich gemacht" zu haben. "Ein Feuerwehrhaus braucht Ausrüstung, um zu löschen. Die Behörde braucht Instrumente, um Finanzkriminalität zu bekämpfen", sagte Audretsch t-online. "Leider blockiert die FDP weiterhin die nötigen Instrumente zur Bekämpfung von Finanzkriminalität."
FDP-Fraktionsvize: Grüne nehmen Gesetz in "Geiselhaft"
Der stellvertretende Fraktionschef der FDP, Christoph Meyer, sieht die Verantwortung hingegen bei den Grünen. Er sagt, die Grünen nähmen das Gesetz, das vor allem der FDP wichtig sei, in "Geiselhaft". Die Fraktion stelle "unrealistische Forderungen bei der Kindergrundsicherung".
"Trotz Zugeständnissen durch SPD und FDP an die Grünen und die Bereitschaft zu übereilten Beratungen blockieren die Grünen weiterhin den Bundestagsbeschluss", sagte Meyer t-online. Das Ergebnis der "grünen Blockadepolitik" sei ein drohendes EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, fehlende Bekämpfung von Geldwäsche, Finanzkriminalität und Terrorismus "sowie internationaler Reputationsverlust".
- Eigene Recherche