Kontakt zu mutmaßlichem Schleuser Reul räumt Fehlverhalten ein – "war arglos"
30.000 Euro für den Landtagswahlkampf von Herbert Reul sind eine stattliche Summe. Der damalige Geldgeber soll allerdings Chef einer mutmaßlichen Schleuserbande gewesen sein.
Spenden des mutmaßlichen Chefs einer Schleuserbande mit wohlhabender ausländischer Klientel haben nach Angaben von Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) seine politische Arbeit nicht beeinflusst. "Die Spenden haben natürlich keinen Einfluss gehabt auf mein Verhalten – null", sagte Reul am Dienstag in einer Sondersitzung des Innenausschusses im Düsseldorfer Landtag. Bei seinen Treffen mit dem Rechtsanwalt aus dem Kölner Raum habe er keinen Verdacht geschöpft: "Ich war mir ganz sicher, das ist ein anständiger Mensch, wo ich mir keine Gedanken machen muss."
Eigenen Angaben zufolge hatte er acht Begegnungen mit einem Anwalt, dem vorgeworfen wird, Chef einer Schleuserbande gewesen zu sein, und der zeitweise in U-Haft saß. Der Beschuldigte hatte den Landtagswahlkampf des CDU-Abgeordneten aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis im Jahr 2022 mit knapp 30.000 Euro unterstützt. Entsprechende Recherchen des "Kölner Stadt-Anzeigers" hatte Reul bereits im Vorfeld der Befragung bestätigt.
Reul: "Auf die Idee wäre ich nicht gekommen"
Ihm sei gesagt worden, der Mann wolle ihn unterstützen. Demnach habe es sich um ein engagiertes CDU-Mitglied gehandelt, Vater von drei Kindern, mit Rechtsanwaltskanzlei und gutem Ruf, der zudem für eine Berliner Kommunikationsagentur gearbeitet habe. "Kein Ansatz, wo ich nachdenklich werden müsste", sagte Reul.
Kurz vor der Landtagswahl im Mai 2022 seien bei seinem Kreisverband Rhein-Berg drei Spenden des Mannes in Höhe von insgesamt 30.000 Euro für seinen Wahlkampf eingegangen, bestätigte Reul. Die Spenden seien so gestückelt gewesen, dass sie unterhalb der Veröffentlichungsgrenze von 10.000 Euro geblieben seien. Was immer man davon halte, "juristisch ist das total in Ordnung", sagte Reul. Spenden oder gar die Stückelung seien aber niemals Thema in den Treffen gewesen.
Er verbat sich den Vorwurf der SPD-Opposition, es entstehe der Eindruck, Termine beim NRW-Innenminister seien käuflich. Er spreche mit vielen Leuten, sagte Reul. Das Treffen mit dem Anwalt im Innenministerium sei weder exklusiv noch besonders gewesen. "Wenn Politiker nicht mehr mit anderen reden, sondern nur noch mit der eigenen Blase, dann kannst du schließen", sagte der CDU-Politiker.
"Ich war damals total arglos, hatte überhaupt keinen Anlass, an der Seriosität dieses Mannes zu zweifeln", bekräftigte Reul. Heute wisse er, dass er die Treffen besser nicht gemacht hätte: "Politisch-moralisch war es wahrscheinlich unklug."
Ein weiterer Politiker wird verdächtigt
Die mutmaßliche Schleuserbande soll wohlhabenden Menschen aus China und dem Oman eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland beschafft haben und das über mehrere Jahre. Die Polizei hatte in diesem Zusammenhang im April bei einer Razzia Wohnungen in acht Bundesländern durchsucht. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass die mutmaßlichen Schleuser auch Amtsträger in Behörden bestochen haben könnten, um sicherzustellen, dass ihre Klienten aus dem Ausland die gewünschte Aufenthaltserlaubnis erhielten.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden die Ermittlungen bereits 2020 aufgenommen, die Taten sollen sich teilweise bereits in den Jahren 2016/2017 ereignet haben.
Aus seinem Haus seien dafür von der Bundespolizei lediglich sechs Diensthundeführer mit Hunden angefordert worden, sagte Reul. Ansonsten sei das Düsseldorfer Innenministerium oder er selbst nicht mit der Aktion befasst gewesen.
Weitere Ermittlungen laufen
Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen den Dürener Landrat Wolfgang Spelthahn wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit, gibt dazu aber keine weiteren Einzelheiten bekannt. Spelthahn hatte mitgeteilt, er habe sich nichts vorzuwerfen und werde alles tun, um den Verdacht zu entkräften.
Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft derzeit gegen 58 Beschuldigte sowie 147 mutmaßliche Nutznießer, die durch die Schleuser illegal an Aufenthaltstitel gelangt sein sollen. Drei Beschuldigte sitzen den Angaben zufolge noch in Untersuchungshaft, die anderen sind unter Auflagen auf freiem Fuß.
- Nachrichtenagentur dpa