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Haushaltsstreit in der Ampel: Jetzt ruft der Kanzler zum Nachsitzen


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Chefgespräche zum Milliardenstreit
Kanzler eskaliert den Haushaltsstreit


Aktualisiert am 27.05.2024Lesedauer: 4 Min.
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Kanzler Olaf Scholz: Jetzt schaltet er sich selbst in den Haushaltszoff ein. (Quelle: IMAGO/Bernd Elmenthaler/imago)
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In der Bundesregierung eskaliert der Streit ums Geld: Jetzt bestellt Kanzler Olaf Scholz fünf sparresistente Minister zum Chefgespräch mit dem Spitzentrio der Ampel ein.

Gerade noch haben sie zusammen gefeiert. Das Grundgesetz ist 75 geworden: Staatsakt, große Rede des Bundespräsidenten, dazu ein Bürgerfest zwischen Reichstag und Kanzleramt mit Softeis, Bier und Glücksrädern. Von einzelnen Störern abgesehen, könnte man sagen: Im Berliner Regierungsviertel herrschte dieses Wochenende gute Stimmung.

Doch mit der dürfte es nun schnell wieder vorbei sein, zumindest bei einigen der Ampelminister. Grund dafür: der Milliarden-Zoff um den Bundeshaushalt – bei dem jetzt Kanzler Olaf Scholz (SPD) die nächste Eskalationsstufe zündet.

Wie t-online aus Regierungskreisen erfuhr, sind in den kommenden Wochen jene Ressortchefs ins Kanzleramt eingeladen, die für 2025 deutlich größere Etats angemeldet hatten, als Finanzminister Christian Lindner (FDP) ihnen mit seinen Sparauflagen zugebilligt hatte. Namentlich sind das Boris Pistorius (SPD, Verteidigung), Svenja Schulze (SPD, Entwicklungshilfe), Hubertus Heil (SPD, Arbeit und Soziales), Nancy Faeser (SPD, Inneres) und Annalena Baerbock (Grüne, Auswärtiges Amt). Zusammen soll der von ihnen geforderte Bedarf die Budgetvorgaben um rund 20 Milliarden Euro übersteigen.

Chefgespräche mit den Dreien von der Ampelspitze

Die Treffen mit dem Kanzler sind als sogenannte Chefgespräche mit dem Ampel-Dreigestirn angelegt. Teilnehmen sollen neben Scholz demnach auch Lindner für die Liberalen und Robert Habeck für die Grünen. Anders ausgedrückt: Die fünf Minister müssen zum Nachsitzen antanzen, zum Rapport bei den Dreien von der Ampelspitze.

Ziel der Gespräche ist demnach, dass am Ende jeweils ein Einzeletat für jedes der betroffenen Häuser steht, der die Sparauflagen erfüllt. Wann genau die Treffen stattfinden sollen, ist nicht bekannt.

Klar ist nur: Allein die Versuchsanordnung ist ungewöhnlich für die regierungsinternen Haushaltsberatungen. Normalerweise nämlich regeln die Etatverhandlungen nicht der Kanzler und die Minister, sondern die Staatssekretäre. So soll es nun auch bei den übrigen zehn Ministerien laufen, die sich weitgehend an die Sparauflagen gehalten haben.

Ungewöhnliches Vorgehen innerhalb der Regierung

Im Falle der sparresistenten Ressorts zeigt sich derweil einmal mehr: Die Zeiten sind eben nicht normal.

Nachdem die Bundesregierung im vergangenen Jahrzehnt fast immer mehr Geld ausgeben konnte als im Vorjahr, muss sie dieses Jahr erstmals seit Langem wieder sparen. Die Wirtschaft schwächelt, die Steuereinnahmen sinken – und dann ist da auch noch das Schuldenbremsen-Urteil der Verfassungsrichter vom November, das den früher oft üblichen Kredittricksereien sehr enge Grenzen setzt.

Bereits im Dezember hatten sich Scholz, Habeck und Lindner deshalb auf ein Vorgehen verständigt, das vom üblichen Haushaltsverfahren abweicht. Anders als sonst sollte nicht das Kabinett in Gänze im März grobe Eckwerte für den Haushalt beschließen, sondern Lindner in Absprache mit Kanzler und Vizekanzler den einzelnen Häusern diktieren, wie viel sie maximal ausgeben dürfen. Grundlage für Vorgaben ist die mittelfristige Finanzplanung des Bundes für das Jahr 2025, die das Kabinett im vergangenen Sommer beschlossen hat.

Doch selbst wenn sich alle Ressorts an diese Vorgaben hielten, bliebe am Ende wohl dennoch ein Fehlbetrag übrig. Und da ist etwaiges Extrageld für eine Stimulierung der Wirtschaft, zu der sich alle drei Ampelpartner mittlerweile bekennen, noch gar nicht eingerechnet.

Fehlbetrag laut Lindner "zweistelliger Milliardenbetrag"

Auch deshalb ist es schwer zu sagen, wie groß genau die Lücke im Haushalt ist. Die exakte Höhe dürften neben dem Finanzministerium lediglich einigen wenigen Regierungsvertretern bekannt sein. Im ZDF danach gefragt, sagte Lindner am Sonntagabend: "Es ist ein zweistelliger Milliarden-Eurobetrag."

Je nachdem, mit wem man spricht, hört man in Berlin sehr unterschiedliche Summen, angefangen von 15 Milliarden Euro über 25 Milliarden Euro bis zu 50 Milliarden Euro, die fehlen sollen. Während die Liberalen um ihren Chef Christian Lindner ein Interesse daran haben, die Summe möglichst klein erscheinen zu lassen, versuchen insbesondere die Sozialdemokraten, aber auch die Grünen, den Handlungsbedarf größer zu rechnen. Ihr Kalkül: Je höher der Betrag, desto größer ist der Druck, am Ende doch noch die Schuldenbremse auszusetzen – wogegen sich die FDP mit aller Kraft sträubt.

So oder so, bei den Chefgesprächen im Kanzleramt könnte es hitzig zugehen. Bislang hat sich keiner der fünf betroffenen Minister zum Einlenken bereit gezeigt, im Gegenteil:

Verteidigungsminister Pistorius etwa hatte unlängst an verschiedenen Stellen noch einmal mehr Geld für sich und sein Ressort gefordert. (Mehr dazu lesen Sie hier.) Olaf Scholz wiederum hatte im Interview mit dem "Stern" Finanzminister Lindner den Rücken gestärkt und erklärt: "Jetzt ist erst mal Schwitzen angesagt."

Bis Anfang Juli soll der Haushalt stehen

Viel Zeit dafür bleibt nicht mehr. Der Haushalt für das kommende Jahr muss, so haben es Scholz und Lindner immer wieder erklärt, bis zur Kabinettssitzung am 3. Juli stehen. Dann, kurz vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause, soll der Entwurf wie gewohnt an den Bundestag übermittelt werden. Die Haushaltspolitiker der Fraktionen bekommen damit Zeit, sich dem Zahlenwerk bis September zu widmen, wenn die eigentlichen Beratungen im Parlament beginnen.

Die Chefgespräche mit dem Ampel-Triumvirat sind also zum Erfolg verdammt. Scheitern sie, könnte die Regierung auch noch auf anderem Weg rechtzeitig fertig werden – indem das Finanzministerium den Entwurf in Eigenregie aufstellt und den anderen Ministerien ihre Ausgaben endgültig diktiert.

Lindner sagte dazu am Sonntag im ZDF: "Das ist natürlich theoretisch möglich. Der Einzige, der einen Haushalt vorlegen kann, ist der Finanzminister." Allerdings, so schob er hinterher, sei er niemand, der öffentlich Drohungen ausspricht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • ZDF: "Bericht aus Berlin" vom 26. Mai 2024
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