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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Spionageaffäre bei AfD-Spitzenkandidat Wie Krah und Jian G. ein China-Netzwerk organisierten
Der persönliche Assistent des AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah soll für China spioniert haben. Der Generalbundesanwalt hat ihn festnehmen lassen. t-online hatte exklusiv über Geheimdienstkontakte und Zahlungen aus China berichtet.
Der Generalbundesanwalt wirft dem Assistenten von Maximilian Krah (AfD) im Europaparlament vor, für einen chinesischen Geheimdienst zu arbeiten. Jian G. soll noch im Januar 2024 mehrfach Informationen über Entscheidungen und Verhandlungen an seine Auftraggeber weitergegeben haben. Außerdem habe er mutmaßlich die chinesische Exil-Opposition ausgeforscht. Der 43-Jährige wurde in der Nacht zu Dienstag festgenommen, seine Wohnungen wurden durchsucht. Das teilte der Generalbundesanwalt mit. Zuvor hatte die "Tagesschau" berichtet. Das EU-Parlament hat den Mann aufgrund der Vorwürfe suspendiert.
Die Verstrickungen des Jian G.
Bereits im Oktober hatte t-online exklusiv berichtet, dass Krah den Anstoß für ein chinesisches Lobbynetzwerk gab. Orchestriert wurde es in seinem Auftrag von seinem Assistenten G., einem ehemaligen Mandanten des Rechtsanwalts Krah, den der AfD-Politiker nach seiner Wahl ins Europaparlament 2019 in seinem Büro in Brüssel anstellte. Schon ein Jahr zuvor hatte G. für Krah eine Reise nach China organisiert, wo Krah in Kontakt mit einer Unterorganisation des sogenannten International Department of the Central Comittee of the Communist Party of China (IDCPC) trat, einem Geheimdienst der Kommunistischen Partei.
Auf Initiative Krahs gründete G. dann gemeinsam mit Geschäftspartnern einen Lobbyverein, mit dem er und Krah 2019 Lokalpolitiker aus Pirna nach China lotsten, um eine Städtepartnerschaft anzubahnen. Mit dabei war der heutige AfD-Bürgermeister von Pirna, Tim Lochner. Auch bei dieser Reise trafen Krah und G. Vertreter des Geheimdienstes IDCPC, wie Krah selbst dem Europaparlament mitteilte. Eine chinesische Geschäftspartnerin von G. aus dem Rheinland unterhielt anschließend ein chinesisches Propagandaportal namens "Tendenzblick", das Krah und die AfD immer wieder prominent thematisierte.
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Handelsregisterunterlagen belegten, dass vor und nach der Reise mehrere Zahlungen für Unternehmensanteile aus China in G.s enges privates Umfeld flossen – an eine Chinesin, mit der sich G. Privat- und Geschäftsadressen in Dresden teilt und die er als "Familie" bezeichnet. Auf Fragen von t-online wollte er sich nicht äußern. Ihm liege die deutsch-chinesische Freundschaft am Herzen, teilte er nur mit. Krah wies Interessenkonflikte und Vorwürfe gegen seinen Assistenten zurück.
Lobbytätigkeiten für China
Auffällig war jedoch, dass G. während seiner Kontakte zu chinesischen Regierungsbehörden laut Recherchen von t-online auch jahrelang in Kreisen der chinesischen Exil-Opposition tätig war. In dieser Funktion traf er sogar den Dalai Lama, wie Fotos belegen. Mitstreiter müssen Überwachung und Repression chinesischer Geheimdienste fürchten, G. selbst aber reiste unbehelligt nach China, machte Geschäfte dort, gründete den Lobbyverein für die Förderung der Neuen Seidenstraße und wollte AfD-Politikern 2021 trotz Corona-Beschränkungen Reisen zu den Olympischen Winterspielen vermitteln.
Kennengelernt hatten sich Krah und G. laut Darstellung des AfD-Politikers 2014 in Dresden, als Krah dort noch als Anwalt tätig war. Er habe das Mandat für G.s Im- und Exportunternehmen übernommen. Damals hatte G. bereits die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Im Europaparlament habe er ihn dann aufgrund seiner Praxiskenntnis angestellt, so Krah. G. wurde dort im September 2019 als einer seiner ersten Assistenten akkreditiert.
Anschließend fiel Krah durch von seiner Fraktion abweichende Positionen zu China auf. Das Medium "Politico" deckte auf, dass er einer deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe angehörte, die von einem chinesischen Assistenten des tschechischen Abgeordneten Jan Zahradil organisiert wurde. Auch er arbeitete zeitgleich für dieselbe Frontorganisation der kommunistischen Partei Chinas, die auch die Städtepartnerschaft Pirnas mit China anstrebte.
Während G. für Krah 2019 mit seinen Geschäftspartnern diese Anbahnung organisierte, wurde Krahs eigene Reise nach China damals unter anderem vom Technologiekonzern Huawei, der National Petroleum Corporation (CNPC) und mehreren chinesischen Stadtverwaltungen finanziell unterstützt. Bei der Unterzeichnung der sogenannten Freundschaftsurkunde durch Pirnas heutigen Bürgermeister Lochner war auch Krah anwesend.
- Eigene Recherchen