Geheime RKI-Dokumente Grüner kritisiert "Scheinskandal" um Corona-Protokolle
Das Robert Koch-Institut musste geheime Protokolle des Corona-Krisenstabs veröffentlichen. Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen warnt in der Debatte vor Desinformationen – und ausländischer Einflussnahme.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, hat die Debatte über die Corona-Protokolle des Robert Koch-Instituts (RKI) scharf kritisiert. Dahmen sagte t-online, "dass es sich offensichtlich um den Versuch handelt, einen Scheinskandal herbeizureden".
Das Online-Magazin "Multipolar" hatte teils geschwärzte Protokolle des RKI-Krisenstabs aus der Zeit von Januar 2020 bis April 2021 veröffentlicht. Der Blog zieht aus den Protokollen unter anderem den Schluss, das Hochstufen der Risikobewertung des RKI habe nicht auf einer fachlichen Einschätzung des Instituts beruht, sondern "auf der politischen Anweisung eines externen Akteurs".
Das RKI hat das auf Anfrage von t-online zurückgewiesen. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte: "Das RKI hat unabhängig von politischer Weisung gearbeitet." Das Magazin "Multipolar" wird von Kritikern in die Nähe verschwörungserzählerischer Publikationen gerückt.
Grünen-Politiker Dahmen sagte: "Mir scheint, dass die virulente Verbreitung solcher wahrheitswidriger Gerüchte auch Ergebnis der Einflussnahme ausländischer Nachrichtendienste ist, um unsere Gesellschaft vor dem Hintergrund von Russlands Krieg gegen die Ukraine weiter zu spalten und Politik handlungsunfähig zu machen."
Dahmen: Bildet damalige Erkenntnisse ab
Der Bundestagsabgeordnete Janosch Dahmen ist auch Arzt. Er betonte, vor seiner Zeit im Bundestag selbst im Krisenstab des Rettungsdienstes Berlin mit der Bewältigung der Corona-Pandemie beauftragt gewesen zu sein.
Die RKI-Dokumente bildeten "die zum damaligen Zeitpunkt bekannten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Lagebewertung ab", sagte Dahmen. "Manche Informationen sind mit dem heutigen Wissen über das Virus und über die weitere Entwicklung der Pandemie bestätigt, zu anderen konnte glücklicherweise im Verlauf Entwarnung gegeben werden."
Dahmen kritisierte: "Daraus jedoch nachträglich einen Skandal abzuleiten, ist eher Ausdruck von Unkenntnis und dem Versuch weiterer Desinformationen, der mit redlichem Lernen aus der Pandemie nichts zu tun hat."
Kritik an Angriffen auf Wissenschaft
Der Grünen-Politiker zeigte sich zudem besorgt über die Kritik an Wissenschaftlern wie dem Virologen Christian Drosten, die sich "für unser aller Gesundheit verdient gemacht haben". Obwohl Deutschland nachweislich gut durch die Pandemie gekommen sei, würden sie "immer noch und mit wieder zunehmender Intensität angefeindet, angegriffen und diskreditiert".
Es sei Aufgabe von allen in politischer Verantwortung, sich vor die Wissenschaft zu stellen, forderte Dahmen. Geschehe dies nicht, würden solche Desinformationskampagnen und Angriffe auch dazu führen, dass bei künftigen Krisen Forscher "aus Angst um ihr eigenes Wohlergehen und ihre Reputation nicht mehr bereit sind, Politik mit fundierten, evidenzbasierten Ratschlägen zur Seite zu stehen".
- Exklusive Aussagen von Janosch Dahmen (Grüne)
- Eigene Recherchen, mit Material der Nachrichtenagentur dpa