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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Faesers neuer Vorstoß Weitgehend überflüssig
Ministerin Nancy Faeser präsentiert ein Paket gegen Rechtsextremismus, das vor allem eins ist: dünn. Die Situation aber ist zu ernst für Minister-PR.
Für eine Bilanz der Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, die Innenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag präsentiert hat, braucht es nur zwei Worte: weitgehend überflüssig. Das Tamtam in Berlin war groß, es gab Pressemappen in Hochglanz, sogar den Verfassungsschutzpräsidenten hatte sich Faeser an ihre Seite gesetzt. Inhaltlich aber blieb es eine denkbar dünne Stunde vor der blauen Wand der Bundespressekonferenz.
Insgesamt 13 Maßnahmen stellte Faeser vor, grob lassen sie sich in vier Kategorien einteilen. Erstens: Dinge, die Faeser fordert, für die sie aber gar nicht verantwortlich ist. Zweitens: Dinge, die ohne das Tamtam am Dienstagmittag Journalisten vermutlich eher keine Zeile wert gewesen wären. Drittens: Dinge, die schon länger auf dem Weg sind. Viertens: Dinge, die Faeser schon lange plant – aber an denen sie bisher gescheitert ist.
Wichtige Gesetzentwürfe hängen fest
Vor allem die letzte Kategorie machte Faesers Aufschlag zu einem Ärgernis. Zu den Hängern in dieser Kategorie zählen ein verschärftes Waffenrecht sowie das Demokratiefördergesetz, auf das SPD und Grüne so sehr pochen. Mit ihm will die Bundesregierung in Zukunft Vereine und zivilgesellschaftliche Akteure finanziell unterstützen, die über Extremismus aufklären. Den Zugang zu Waffen strenger kontrollieren, die Gesellschaft besser informieren – beide Ansätze sind sinnvoll. Doch beide Gesetzentwürfe hängen seit einem Jahr in der Pipeline fest. Es tut sich: nichts.
Die FDP nämlich sperrt sich – und Faeser gelingt es seit Monaten nicht, den Koalitionspartner vom Einlenken zu überzeugen, geschweige denn seine Bedenken ernst zu nehmen. Zumindest beim Demokratiefördergesetz wäre das allerdings ein Leichtes: Um auszuschließen, dass linksradikale Organisationen profitieren, wünscht sich die FDP nämlich eine Extremismusklausel im Gesetz. Also eine Bestätigung der Vereine, die Geld vom Bund erhalten wollen: Wir sind keine Extremisten, wir stehen zu unserer Demokratie.
Eine gar nicht so abwegige Forderung – doch die Bundesinnenministerin weigert sich wie Familienministerin Lisa Paus (Grüne) seit Monaten, auf die FDP zuzugehen. Zwar mag Faeser am Dienstag noch so sehr betonen, man sei auf einem guten Weg, ja, sogar: Es gebe gar keinen Konflikt. Klar aber ist: Die Fronten haben sich verhärtet, mal wieder ist die Ampel völlig festgefahren.
Lärm um (fast) nichts
Wozu also diese Pressekonferenz am Dienstag? Warum so viel Lärm um (fast) nichts? Der Grund liegt wohl weniger an den wahren Fortschritten innerhalb der Koalition als vielmehr im Druck von außen. Schließlich demonstrieren noch immer regelmäßig Tausende gegen die AfD und gegen Rechtsextremismus – noch dazu viele potenzielle Wähler eher linker Parteien. Auch der Druck aus der SPD ist groß, in der Partei sind die Befürworter von noch sehr viel radikaleren Maßnahmen wie zum Beispiel einem AfD-Verbotsverfahren laut.
Faeser aber ist Ministerin nicht nur für SPD-Mitglieder und potenzielle SPD-Wählerinnen. Sie muss ganz Deutschland dienen. Dazu gehören auch die rund 20 Prozent, die laut Umfragen darüber nachdenken, AfD zu wählen. Jede Idee von Faeser, jede Gesetzesänderung, die dazu taugt, der AfD zu schaden, steht gerade unter besonderer Beobachtung – handelt es sich doch im Osten um die größte Oppositionspartei. Und jede Maßnahme taugt dazu, den Graben zwischen potenziellen AfD-Wählern und Regierung immer tiefer zu ziehen.
Das spricht nicht gegen wirksame Aktionen gegen Rechtsextremisten. Im Gegenteil. Ein großer Aufschlag? Gerne! Aber für reine Minister-PR ist die Situation zu ernst.
- Eigene Beobachtungen