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AfD: Wie soll man mit der Partei umgehen? Ampel und Union ohne Strategie


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Umgang mit der AfD
So nicht

MeinungVon Sara Sievert

30.01.2024Lesedauer: 4 Min.
Demonstration gegen Rechtsextremismus und die AfD in Darmstadt: Tausende kamen zu einem Protest zusammen.Vergrößern des Bildes
Demonstration gegen Rechtsextremismus und die AfD in Darmstadt: Tausende kamen zu einem Protest zusammen. (Quelle: Boris Roessler/dpa)
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Ampel und Union suchen nach dem richtigen Umgang mit der AfD. Während die einen hoffen, dass sich das Problem von selbst löst, mahnen die anderen zu weniger Hysterie. Beides hilft nicht.

Eigentlich müsste jetzt alles ganz klar sein. Spätestens als bekannt wurde, dass hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer im November in einem Hotel bei Potsdam zusammenkamen, um die Vertreibung von Millionen von Menschen zu planen, wurde mehr als deutlich, was Teile der AfD in Wahrheit wollen. Und dass ihre Vorhaben eine Gefahr für die Demokratie sind.

Zu Recht haben viele Menschen mit Entsetzen auf die Berichte des Recherchenetzwerks "Correctiv" reagiert. "Der Geist ist aus der Flasche", sagte etwa Kanzler Olaf Scholz (SPD) kürzlich in einem Interview mit der "Zeit". Gemeint ist – und das stimmt: Die AfD habe sich selbst entlarvt.

Doch was folgt nun daraus? Sind die Reaktionen auf das, was da gerade passiert, bislang wirklich ausreichend? Kurzum: Sie sind es nicht.

Keine echte Strategie – weder in der Ampel noch bei der Union

Zu lange haben weder Regierung noch Opposition das Thema ernst genug genommen. Vielmehr haben viele versucht, die AfD durch Ignoranz kleinzukriegen. Bloß nicht darüber reden. Geht schon vorbei.

Das Ergebnis dieser jahrelangen Taktik, die manche zur Strategie erhoben: Die Rechtsaußen-Partei kommt in den Umfragen im Bund mittlerweile stabil auf rund 20 Prozent. Bei den vergangenen Landtagswahlen konnte sie fast überall Zugewinne verzeichnen. Und bei den anstehenden Wahlen im Osten droht sie stärkste Kraft zu werden, könnte sogar erstmals einen Ministerpräsidenten stellen.

Spätestens jetzt, denkt man, müsste eigentlich bei allen Demokraten Alarmstufe Rot herrschen. Parteiübergreifend müssten Politiker der demokratischen Mitte nach Lösungen suchen, nach einem nachhaltigen Umgang mit der AfD. Stattdessen aber macht sich nach wie vor Hilflosigkeit breit. Es gibt keine echte, vor allem: keine gemeinsame Strategie. Weder bei den Ampelparteien SPD, Grüne und FDP – noch in der Union.

Bloß nicht darüber reden? Auch davon hat die AfD profitiert

Bei Letzterer versuchen es manche sogar mit Beschwichtigungen. Einige mahnen zu weniger Hysterie. Als der nordrhein-westfälische CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst klar von einer "Nazipartei" sprach, rümpften einzelne Parteikollegen die Nase. So weit müsse man nun auch nicht gehen, heißt es. Die meisten wählten die AfD doch aus Protest. Ein Argument, das auch aus der Regierungskoalition oft zu vernehmen ist.

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Selbst wenn das stimmte – es verharmlost den Ernst der Lage. Fakt ist: Die AfD ist eine in weiten Teilen rechtsextremistische Partei. Und ja, es sind auch Nazis dabei. Jene Mitglieder, die es womöglich nicht sind, tolerieren dieses Gedankengut zumindest. Und die, die AfD wählen, auch.

So ehrlich muss man sein, das müssen die Spitzen, gerade der Union, auch sagen. Denn umgekehrt gilt: Das Problem nicht beim Namen zu nennen, führt nicht dazu, dass es verschwindet. Es verschiebt die Grenze der Akzeptanz.

Abschiebe-Fantasien sind kein Geheimnis

Friedrich Merz hat recht, wenn er sagt, dass man die Wählerinnen und Wähler der AfD nicht beschimpfen darf, will man sie zurückgewinnen. Allerdings darf man auch keine Angst davor haben, ihnen den Spiegel vorzuhalten. "Bessere Politik" machen ist richtig und wichtig, aber es reicht eben nicht.

Zumal die "Correctiv"-Enthüllungen nur bedingt überraschen. Treffen wie das in Potsdam gab es in der Vergangenheit schon mehrfach. Und die Abschiebe-Fantasien vieler in der AfD waren nie ein Geheimnis. Wer Zweifel hatte, konnte sich bei einem Auftritt Björn Höckes überzeugen. Der rechtsextreme Landesvorsitzende der AfD in Thüringen, den man seit 2019 per Gerichtsurteil als einen Faschisten bezeichnen darf, ist längst in die Mitte der Partei gerückt.

Wirklich abgeschreckt wurden bislang aber nur die, die ohnehin schon gegen die AfD waren. Nicht aber die AfD-Wählerinnen und Wähler selbst. Im Gegenteil, selbst nach den Recherchen von "Correctiv" steht die Partei bei rund 20 Prozent. In Sachsen kommt sie aktuell auf 35 Prozent und ist stabil stärkste Kraft in den Umfragen.

Jetzt gibt es ein Momentum

Dass die AfD im Bund regiert, mag aktuell noch unwahrscheinlich sein. Wenn jedoch Kinder in die Schule kommen und die Sorge äußern, ihre Eltern könnten abgeschoben werden, oder Menschen mit Migrationsgeschichte im Internet recherchieren, wie sie sich im Ernstfall möglichst schnell ins Ausland absetzen könnten, dann muss das jeden Demokraten alarmieren.

Was es jetzt braucht, ist ein gemeinsamer Kraftakt, der über Worthülsen hinausgeht. Es hilft nicht, wenn die einen laut über ein AfD-Verbot nachdenken, während die anderen den Gedanken möglichst schnell wieder abmoderieren. Und so begrüßenswert die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus sind – auch das allein wird nicht reichen.

Der Vorschlag, das Bundesverfassungsgericht per Grundgesetz stärker vor möglichen Entmachtungsversuchen zu schützen, könnte ein Anfang sein. Dafür bräuchte es ohnehin eine Zweidrittelmehrheit. Eine Absprache mit der Union wird also nötig sein. Die demokratischen Parteien könnten das Momentum nutzen, um sich über den Vorschlag hinaus ernsthaft mit dem Problem der AfD auseinandersetzen. Sonst droht im Osten noch in diesem Jahr der erste Kontrollverlust. Er ginge, wie so oft, auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Correctiv: Geheimplan gegen Deutschland
  • ZDF: Talkshow "Carmen Miosga" im Gespräch mit CDU-Chef Friedrich Merz
  • RND: Wüst
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