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Nach Berliner Sellner-Treffen: Radikale attackieren Berliner AfD-Chefin


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Streit um Sellner-Treffen
Radikale attackieren Berliner AfD-Chefin


18.01.2024Lesedauer: 3 Min.
Kristin Brinker: Wegen einer Aussage steht die Berliner AfD-Chefin steht unter Druck.Vergrößern des Bildes
Kristin Brinker: Wegen einer Aussage steht die Berliner AfD-Chefin unter Druck. (Quelle: IMAGO/Bernd Elmenthaler)

Die Berliner AfD-Chefin versucht, sich von einem Treffen mit Rechtsextremen zu distanzieren. Denen gefällt das gar nicht, auch Parteifreunde begehren auf.

"Geschockt" sei sie gewesen über das Publikum, schnell sei sie wieder gegangen: So versucht sich die Berliner AfD-Chefin Kristin Brinker gerade von einem Treffen zu distanzieren, das im Juni 2023 beim ehemaligen Finanzsenator und CDU-Politiker Peter Kurth stattfand. In dessen Wohnung und auf dessen Dachterrasse diskutierte man am lauen Sommerabend über literarische Neuerscheinungen – mit prominenten Köpfen der rechtsextremen Szene (t-online berichtete).

Video | Während Brinkners Rede: Abgeordnete verlassen den Plenarsaal
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Quelle: t-online

Andere Teilnehmer des rechtslastigen Bücherabends begehren nun gegen Brinkers Darstellung beim Lokalsender RBB auf. Verblüfft sind auch Parteifreunde über die Behauptungen der AfD-Landeschefin. Und mindestens ein prominenter rechtsextremer Gast ist offenbar sehr verärgert über ihre Distanzierung.

Leseabend mit Sellner und Kubitschek

Was war geschehen? Unter den Gästen des Bücherabends befanden sich nach übereinstimmenden Angaben von Beteiligten Martin Sellner, Chef der "Identitären Bewegung" (IB), sowie Verleger Götz Kubitschek, Gründer der Denkfabrik Institut für Staatspolitik in Schnellroda. Beide Organisationen werden vom Verfassungsschutz beobachtet, gelten in der rechtsextremen Szene als tonangebend – und nehmen in den vergangenen Jahren immer stärker Einfluss auf Programmatik und Personal in der AfD.

Häufig zu Gast bei Kubitschek in Schnellroda ist zum Beispiel Maximilian Krah, Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl – auch er war an dem Abend in Berlin bei Kurth zu Gast. Krah stellte sein Buch "Politik von rechts" vor, Sellner sein Werk "Regime Change von rechts". Beide Bücher sind 2023 in Kubitscheks Antaios-Verlag erschienen und skizzieren Strategien, mit denen der AfD und den ihr befreundeten Organisationen zuerst die Hoheit über den Diskurs, dann die Machtübernahme in den Parlamenten gelingen soll.

Trotz dieser offensichtlichen Verbindungen versuchen in der AfD manche offiziell noch immer, den Einfluss aus der IB sowie vom Institut für Staatspolitik auf die Partei kleinzureden. Eine von ihnen: Kristin Brinker, die seit 2021 den Berliner Landesverband sowie die Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus anführt.

"Kristin Brinker hat den Abend sehr genossen"

Ein für sie nicht ganz unproblematischer Kurs, denn auch in der Berliner AfD sind die völkischen Kräfte stark. Brinker hat sich mit ihnen arrangiert und es so an die Spitze geschafft. Doch noch immer tritt sie oft eher konservativ-bürgerlich auf als stramm rechts – der von ihr geäußerte "Schock" mit Blick auf die Hauptgäste des Abends gehört nun offenbar zu dieser Strategie, ebenso wie die behauptete rasche Flucht von dem Buchabend.

Bei anderen Teilnehmern an dem Abend regt sich gegen Brinkers Distanzierungen allerdings vehementer Widerstand und Unmut. "Unsinn" sei die Behauptung, heißt es da hinter vorgehaltener Hand.

Es sei ein "gelungenes und harmonisches Event über den Dächern von Berlin" gewesen, beschreibt der Europa-Spitzenkandidat der AfD, Maximilian Krah, den Abend im Gespräch mit t-online. "Auch Kristin Brinker hat ihn sehr genossen, wie sie mir bei einem Gespräch zu sehr fortgeschrittener Stunde an jenem Abend bestätigte." Die Betonung liegt auf: "sehr fortgeschrittener Stunde" – Brinker also sei lange geblieben.

In Chatgruppen der AfD kursiert außerdem ein Schreiben, das aus der Feder von Verleger Götz Kubitschek stammen soll. Gerichtet ist es an Brinker, darin heißt es unter anderem: Brinkers Darstellung entspreche nicht der Wahrheit. Im Gegenteil, sie habe sich doch mit Kubitschek über parteiinterne Strategien unterhalten – nämlich darüber, dass sich die Berliner Landeschefin der Gruppe der AfD-Ost anschließen und "die ein oder andere Stellungnahme unterzeichnen" wolle.

Tiefe Parteiinterna – diskutiert mit dem Kopf der rechtsextremen außerparlamentarischen Kaderschmiede? Kubitschek will sich auf Anfrage von t-online zu dem Schreiben nicht äußern. So hält es inzwischen auch Brinker.

Wie stark war die CDU vertreten?

Ihre Distanzierung von dem Abend hat Brinker im Übrigen im Ansehen bei den anderen Parteien nicht geholfen: Am Donnerstag verließen im Berliner Abgeordnetenhaus, wo sie auch Chefin der Fraktion ist, viele Abgeordnete demonstrativ das Plenum, als Brinker im Rahmen der Aktuellen Stunde an das Mikrofon trat. Thema der Aktuellen Stunde: "Gemeinsam rechten Umsturzfantasien eine demokratische Mobilisierung entgegenstellen – Berlin bleibt offen, vielfältig und solidarisch". Mehr dazu lesen Sie hier.

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner erklärte: "Ich höre keiner Rechtsradikalen zu, wie sie nach den aktuellen Enthüllungen über rechtsextreme Netzwerke relativiert und lügt. Deswegen haben wir spontan das Plenum nach den ersten Sätzen verlassen."

Nicht nur Krah, Brinker und AfD-Politiker allerdings tauschten sich laut dem Schreiben, das von Kubitschek stammen soll, bei Kurth intensiv mit dem Rechtsextremen aus. Er habe an dem Abend mit "gut einem Dutzend Ihrer Kollegen aus Landesparlamenten, aus dem Bundestag" sowie "mit einigen CDU-Mitgliedern und Mitarbeitern" gesprochen, heißt es da an Brinker gerichtet. Es interessiere ihn, "ob es vielleicht dieser Altparteien-Anteil war, der Sie schockierte".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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