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Russland-Affäre um Top-Manager Rüdiger Grube und Promi-Köchin Cornelia Poletto


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Russland-Affäre um Gerhard Schröder
Promiköchin und Topmanager in Erklärungsnot


27.01.2024Lesedauer: 6 Min.
Das Ehepaar Cornelia Poletto und Rüdiger Grube: Die Affäre um SPD-Netzwerke und russisches Gas weitet sich auf Hamburg aus.Vergrößern des Bildes
Das Ehepaar Cornelia Poletto und Rüdiger Grube: Die Affäre um SPD-Netzwerke und russisches Gas weitet sich auf Hamburg aus.
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Dem Hamburger Hafen stehen stürmische Zeiten bevor: Recherchen von t-online weisen auf Interessenkonflikte bei Aufsichtsratschef Rüdiger Grube hin. Dabei geht es auch um seine Frau Cornelia Poletto.

Rüdiger Grube und Cornelia Poletto sind ein schillerndes Ehepaar: Er, der ehemalige Bahnchef und immer noch gefragte Topmanager – sie, die TV-Köchin, die die Hamburger Prominenz bewirtet. Als die beiden sich 2015 das Jawort gaben, stand der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) als Trauzeuge am Altar. Politik, Berufliches und Privates liegen im Hause Grube-Poletto eng beieinander, so scheint es.

Zwei heikle Posten

Denn Grube ist nicht nur ein Mann mit besten Verbindungen vor allem in die sozialdemokratische Partei. Er ist auch seit seinem Abgang als Chef der Deutschen Bahn im Jahr 2017 ein Mann mit vielen Verpflichtungen: Er machte sich als Unternehmensberater selbstständig und sammelte von da an Aufsichtsratsposten um Aufsichtsratsposten, häufig als Vorsitzender.

Ob der Schienenfahrzeughersteller Bombardier Transportation, der Bahntechniker Vossloh AG, der Sendemastbetreiber Vantage Towers AG oder die deutsche Vodafone-Tochter: Es waren nicht eben kleine Unternehmen, die ihm Mandate antrugen. Zuletzt übernahm er zum 1. Januar auch den Vorsitz im Aufsichtsrat der Berliner Euref AG. Einer seiner prominentesten Posten ist aber der des langjährigen Aufsichtsratschefs bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).

Deutsch-russische Partnerschaft

Und es sind genau diese beiden Posten, die sowohl ihn als auch den Hamburger Hafen nun in Verlegenheit bringen könnten, was nicht wenig mit Grubes und auch Polettos sonstigen Verbindungen zu tun hat. Er selbst bezeichnete sie auf Anfrage von t-online als privat. Einen schriftlichen Fragenkatalog beantworteten weder er, noch seine Frau oder die Euref AG.

Wie Recherchen von t-online aber zeigen, setzte sich HHLA-Aufsichtsratsvorsitzender Grube über Jahre für ein Projekt im Hamburger Hafen ein, das der SPD-nahe Euref-Chef Reinhard Müller gemeinsam mit Altbundeskanzler und Russlandgas-Lobbyist Gerhard Schröder (SPD) initiiert hatte: eine deutsch-russische Wasserstoffpartnerschaft, die über die Pipeline Nord Stream 2 und Rostock bis nach Hamburg reichen sollte.

Bis ins Büro des Bürgermeisters

Grube stieß dafür die Türen zur Hamburger Politik auf, bis die Pläne schließlich auf dem Tisch des Bürgermeisters Peter Tschentscher (SPD) lagen – während Grube selbst zur Besprechung mit Kreml-Vertretern eingeladen wurde und Grubes Frau, Cornelia Poletto, ihrerseits mit der Euref AG Geschäfte machte.

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Die Rede ist von der "Wasserstoff-Hanse", die Euref und Schröder mit der SPD-geführten Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern 2021 auf den Weg brachten. Die angebliche Klimainitiative verschleierte Geschäftsanbahnungen mit Russland, wie t-online exklusiv berichtete. Unter dem Dach der zugehörigen Marke sollten Wasserstoff und schließlich E-Fuel für die Schifffahrt produziert werden – auf Basis von russischem Erdgas.

"Hamburg als Tor zum Atlantik"

Zur Umsetzung dieser milliardenschweren Pläne peilte die Euref AG einen Standort im Rostocker Hafen an. Von Beginn an plante sie aber, die Initiative auf den Hamburger Hafen auszuweiten. "Rostock als Brücke zu den baltischen Metropolen und Hamburg als Tor zum Atlantik", hieß es in einem t-online vorliegenden Visionspapier zur Initiative. Teil der Planungen war auch ein dortiger "Innovationscampus" der Euref AG.

Einen vergleichbaren Campus hat die Euref AG vor 15 Jahren in Berlin-Schöneberg errichtet, wo seitdem die Energiewirtschaft mit der Spitzenpolitik zusammenkommt. Ein weiterer soll bald am Düsseldorfer Flughafen eröffnet werden. Und über Düsseldorf und Hamburg kamen offenbar Rüdiger Grube und seine Frau ins Spiel, wie neue Recherchen von t-online nahelegen.

Eine Köchin für den Campus

Denn als im Sommer 2020 die Planungen für den Düsseldorfer Campus vorgestellt wurden, geriet nicht nur der damalige SPD-Oberbürgermeister Thomas Geisel – ein ehemaliger Ruhrgas-Manager – über das 250-Millionen-Euro-Projekt regelrecht ins Schwärmen. Auch das Ehepaar Grube-Poletto hatte Grund zur Freude.

Köchin Poletto übernahm das gesamte gastronomische Konzept des Campus – und wird als gastronomische Leiterin nach der Eröffnung für die Bewirtung von vermutlich Tausenden Kunden täglich zuständig sein. Gemeinsam mit Müller und dem damaligen NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) setzte sie im August 2021 den Spatenstich zum Zukunftsprojekt. Und auch ihr Mann, der dem Festakt beiwohnte, blieb nicht untätig.

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Wenige Wochen zuvor hatte der HHLA-Vorsitzende die Gründungsveranstaltung der "Wasserstoff-Hanse" in Rostock besucht. Fotos zeigen ihn direkt neben Schröder, Müller und Manuela Schwesig (SPD), der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. Ihre Landesregierung hatte damals mit weitreichenden Problemen zu kämpfen, für die die Initiative offenbar einen Teil der Lösung darstellen sollte.

Ein halbes Jahr vor Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine drohten die USA mit Sanktionen gegen am Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligte Unternehmen. Eine vorgebliche Landesklimastiftung sollte sie mit russischem Geld vor Strafmaßnahmen schützen. Und die "Wasserstoff-Hanse" sollte zeitgleich die deutsch-russischen Gasgeschäfte auf Wasserstoff ausweiten.

Konferenz mit dem Kreml

Grube bezeichnet seine damaligen Kontakte zur Euref AG und zu Müller als privat, sie hätten mit seiner Position bei der HHLA nichts zu tun. Der Anlass der Gründungsveranstaltung, die Geschäftsbeziehungen seiner Frau zur Euref AG und t-online vorliegende Dokumente aus dem Landeswirtschaftsministerium lassen an dieser Darstellung allerdings zweifeln.

Die Einladungsliste zur Veranstaltung führte Grube nicht als Privatperson oder Vertreter der HHLA, sondern als Geschäftsführer seines Beratungsunternehmens. Kurz vor dem Festakt in Düsseldorf schickte ihm die Euref AG das Visionspapier der "Wasserstoff-Hanse" zu, in dem die geplante Expansion nach Hamburg explizit erwähnt wird. Ende Dezember 2021 zählte er dann zu einem exklusiven Kreis, der von der Euref AG zur Besprechung mit Kreml-Repräsentanten und russischen Energiefunktionären eingeladen wurde. Mit dabei: der russische Vizeenergieminister Pavel Sorokin.

Ein exklusiver Kreis

Bei der Video-Konferenz ging es den Dokumenten zufolge um die gerade gegründete "Wasserstoff-Hanse", die damit verbundene "deutsch-russische Energiezusammenarbeit im Ostseeraum", "die Nutzung von Nord Stream 2 für den Transport von Wasserstoff" und "die Herstellung von E-Fuels, insbesondere mit Blick auf den Einsatz im Rahmen der Schifffahrt".

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Die deutschen Teilnehmer laut einer Aufstellung des Wirtschaftsministeriums: Müller, Schröder und zwei weitere Euref-Vertreter sowie Oliver Hermes, Geschäftsführer des Pumpenherstellers Wilo und ebenfalls Gründungsmitglied der "Wasserstoff-Hanse". Außerdem Rüdiger Grube, dessen Funktion für das Treffen aus den Dokumenten nicht ersichtlich ist. Der Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Meyer (SPD), steuerte schließlich eine Grußbotschaft bei, statt persönlich zu erscheinen.

Grube stellte die Kontakte her

Die Euref AG aber wertete das Treffen als Erfolg, Sorokin habe mehrfach "ein rasches weiteres, nach Möglichkeit persönliches Treffen vorgeschlagen". Als das SPD-Präsidium wenige Wochen später zur Jahresauftaktklausur 2022 auf dem Campus in Berlin zusammenkam, verkündete die Unternehmensgruppe: "Eine weitere Wasserstoff-Hanse ist in Hamburg gegenüber den Landungsbrücken geplant, wo ein neuer Euref-Campus entstehen wird." HHLA-Vorsitzender Grube hatte dafür bereits die Fäden gezogen.

Auf Anfrage von t-online bestätigte Grube, dass er Kontakt zum damaligen Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) und zur Geschäftsführung der Hamburg Port Authority (HPA) hergestellt habe, um die Investitionspläne an den Senat heranzutragen. Bald waren zusätzlich der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher, die Leitung des Bürgermeisterbüros und die Leitung des Planungsstabs an den Gesprächen beteiligt. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der CDU-Fraktion hervor.

"Ab 2025/26 beginnt die Umsetzung"

In der Antwort heißt es weiter, das Projekt habe sich seit 2021 nicht weiter konkretisiert. Das gibt auch die Hamburg Port Authority (HPA) auf Anfrage von t-online an. Stellungnahmen von Euref und Grube ließen allerdings auf einen anderen Stand schließen.

"Hamburg hat uns ein Grundstück angetragen", zitierte eine Unternehmensbroschüre im April 2022 ihren Vorstandsvorsitzenden Müller. "Der Standort ist sehr interessant, weil der Hafen, einer der weltgrößten, mitten in der Stadt liegt." Noch im Frühjahr 2023 gingen das Unternehmen und Grube auf Werbetour für die Pläne – und zwar mit ziemlich konkreten Aussichten.

"Ab 2025/26 beginnt die Umsetzung des Projekts auf rund 106.400 Quadratmetern in exponierter Lage gegenüber der Elbphilharmonie", heißt es in einer Euref-Broschüre von April 2023. Beigefügt ist eine "erste Ideenskizze aus dem Workshop mit der Hamburg Port Authority aus dem Jahre 2022". Illustriert wurde darauf ein Innovationscampus auf dem Gelände der Norderwerft des Schiffbauers Lürssen, auf dem demnach auch "zwei maritime E-Fuel-Tankstellen" entstehen sollen.

Und Grube trug das Projekt als HHLA-Aufsichtsratschef offensiv in die Öffentlichkeit. Ebenfalls im April 2023 titelte das "Hamburger Abendblatt": "HHLA-Aufsichtsratschef Grube fordert einen Zukunftscampus". Darin sprach er sich für einen Ort aus, "an dem wir Zukunftstechnologien bündeln können, um beispielsweise mehr Fintech-Unternehmen im Hamburger Hafen anzusiedeln". Gefragt nach konkreten Vorstellungen, holte er aus.

Ein Ausgleich von der Stadt?

"Lürssen will ja seinen Schiffbau bei Blohm+Voss konzentrieren, und dann stellt sich die Frage, was mit dem Gelände der Norderwerft passiert. Ich bin der Meinung, das wäre der ideale Ort für einen solchen Zukunftscampus", sagte Grube. Er verwies auf den Campus der Euref in Berlin. "Das Modell ist so erfolgreich, dass jetzt auch Düsseldorf einen solchen Zukunftscampus erhält", schwärmte Grube – und erwähnte noch, dass Euref auch in Hamburg einen Campus errichten wolle, Gespräche würden bereits geführt.

Wie sich diese Gespräche gestalteten, darüber berichtete er laut "Welt" ebenfalls als HHLA-Vorsitzender nur acht Wochen später im Hafenclub: "Man spreche mit Lürssen und mit der Hafenverwaltung HPA über Möglichkeiten, dass Lürssen die Norderwerft auf das Gelände der ebenfalls zum Unternehmen gehörenden Werft Blohm+Voss verlagere und dafür von der Stadt einen Ausgleich bekomme", heißt es in dem Bericht.

Und wie ist der Stand heute tatsächlich? Der Senat beantwortete Fragen binnen 48 Stunden Frist nicht. Die HPA wollte Grubes Ausführungen nicht kommentieren. Die HHLA verweist bei Anfragen auf Grube. Und Grube sagt: "Es ruht der See", was wohl bedeuten soll: Es wird vorerst offenbar nichts aus den hochtrabenden Plänen. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Euref AG ist sein Einsatz aber aber nun endgültig nicht mehr privat.

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