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Anne Will: Die Schuldenbremse I Haseloff ruft "Ausnahmesituation" aus


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"Anne Will" zur Schuldenbremse
CDU-Ministerpräsident ruft "Ausnahmesituation" aus


Aktualisiert am 27.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Reiner Haseloff bei "Anne Will": Er fordert einen kritischen Blick auf Sozialleistungen. (Quelle: IMAGO/Jürgen Heinrich/imago-images-bilder)
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Die Bundesregierung steckt finanziell in der Klemme. Sozialleistungen müssen kritisch überdacht werden, fordert Haseloff. Klingbeil wehrt ab und konzentriert sich stattdessen auf eine Reform der Schuldenbremse.

Seit dem Haushaltsurteil aus Karlsruhe klafft eine 60 Milliarden Euro große Lücke im Etat der Bundesregierung. Gleichzeitig wartet der Haushalt für 2024 noch auf seine Beratung. "Wie hart trifft es Deutschland?", wollte Anne Will vor diesem Hintergrund am Sonntag von ihren Gästen wissen.

Die Gäste

Lars Klingbeil, SPD-Parteivorsitzender
Reiner Haseloff, CDU-Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt
Marcel Fratzscher, Präsident DIW Berlin
Julia Löhr, Wirtschaftskorrespondentin der "Frankfurter Allgemeine Zeitung"
Ann-Kathrin Büüsker, Hauptstadtkorrespondentin des "Deutschlandfunk"

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, erkannte in der derzeitigen Situation vor allem ein Grundproblem: Die Politik muss sich "ehrlich machen" und entscheiden, wie sie künftig Prioritäten setzen wolle, um die Transformation zu schaffen, erklärte er.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe vor Augen geführt, dass es nicht länger vereinbar sei, viel Geld auszugeben, ohne dabei die Steuern zu erhöhen. Genau das habe jedoch sowohl die Ampel als auch ihre Vorgängerregierung bisher so praktiziert, erklärte der Ökonom.

Aus ökonomischer Sicht sei nun dringend eine "klare Ansage" notwendig, wie sich die Regierung die Transformation vorstelle. Die Entscheidung über den Haushalt 2024 werde im Vergleich zu dieser Grundsatzentscheidung "relativ leicht", so Fratzscher.

Haseloff will kritischen Blick auf Sozialleistungen

Zustimmung bekam er von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. "Sie haben vollkommen recht", erklärte der mit Blick auf die Forderung der Prioritätensetzung an Fratzscher gewandt.

Bei den Ausgaben gebe es auch aus seiner Sicht zu viele "Sahnehäubchen", so der CDU-Mann. "Das muss durchgeforstet werden", sagte er und betonte, dabei solle man vor allem Sozialleistungen wie Bürgergeld und Kindergrundsicherung genau unter die Lupe nehmen.

Widerspruch erntete er in diesem Punkt von Lars Klingbeil. Der Glaube, dass über Sozialkürzungen 60 Milliarden eingeholt werden könnten, sei "ein Irrweg", erklärte der SPD-Chef. Außerdem sei er der Meinung, der Staat müsse "gerade in Zeiten von Unsicherheit" Sicherheit geben, indem Sozialleistungen unangetastet blieben.

In einem Punkt sind Klingbeil und Haseloff sich einig

Einig waren sich Haseloff und Klingbeil darin, dass der Haushalt für 2024 nun so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden müsse. Die finale Beratung des Etats für 2024 hatte der Haushaltsausschuss im Bundestag zuletzt verschoben mit der Begründung, man wolle mit "Sorgfalt" auf das Karlsruher Haushaltsurteil reagieren.

"Es darf nicht sein, dass aus dieser Haushaltsnotlage eine Staatskrise wird", erklärte Haseloff bei "Anne Will". "Wenn wir nicht schnell handlungsfähig werden, wird das ein Problem für unsere Investoren", so der Ministerpräsident. In Sachsen-Anhalt will Intel ab 2027 Chips der neuesten Generation produzieren. In einer ersten Ausbaustufe sollen dafür zwei Halbleiterwerke gebaut werden.

Schuldenbremse aussetzen – wegen Notstand?

Für den neuen Haushalt sah Haseloff genügend Gründe, um eine Notsituation auszurufen und infolgedessen die Schuldenbremse auszusetzen. "Wir haben eine Ausnahmesituation", erklärte der CDU-Mann und verwies unter anderem auf den Ukrainekrieg und die Lage im Nahen Osten.

"Kriegsbedingt" sei in seinem Bundesland ein "absoluter Notstand" in Sachen Steuereinnahmen entstanden, erklärte der Ministerpräsident: In den ersten drei Quartalen sei das Bruttoinlandsprodukt um 3,5 Prozent gesunken, so Haseloff "Das knallt richtig rein, wie sollen wir das kompensieren, wenn wir nicht klar sagen, wir haben eine Herausforderung?", sagte er.

Klingbeil warnt vor zu wenig Investitionen

Nach der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse ist dem Bund eine Nettokreditaufnahme in Höhe von maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestattet. Bei Naturkatastrophen oder der Erklärung einer außergewöhnlichen Notsituation kann er jedoch eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen.

Die Ausrufung einer Notlage könne für 2024 ein Weg sein, erklärte SPD-Chef Klingbeil. Grundsätzlich werde man aber nicht um eine "Reform der Schuldenbremse herumkommen", stellte er klar. Sonst drohe ein "enormer wirtschaftlicher Schaden", sagte Klingbeil. Anderen das Feld zu überlassen und Investitionen – etwa in grünen Stahl oder Wasserstoff – "abzuwürgen", halte er für "einen ganz schlechten Weg", erklärte er.

Kritik übte der SPD-Chef an Finanzminister Christian Lindner, der zuletzt im Alleingang ein vorzeitiges Ende der Preisbremsen für Strom und Gas angekündigt hatte. "Einseitig das Aus zu verkünden, ohne dass wir das gemeinsam besprochen haben: Das geht so nicht", wurde der Sozialdemokrat deutlich.

Sollten die Preise wieder nach oben schießen, müsse es Sicherheit geben, stellte Klingbeil klar. "Wir sollten nicht über einzelne Verkündungen von einzelnen Ministern jetzt diese schwierige Debatte in den nächsten Wochen führen", mahnte er. "Es braucht jetzt ein Gesamtpaket. Daran muss gearbeitet werden, und wenn das fertig ist, kann es verkündet werden."

Einen Schritt in diese Richtung geht die Regierung am Montag in Berlin: Dort wollen Wirtschaftsminister Robert Habeck und die Wirtschafts- und Energieminister der Länder über die Auswirkungen des Urteils beraten. Für Dienstag hat Bundeskanzler Scholz eine Regierungserklärung angekündigt.

Verwendete Quellen
  • zdf.de: "Anne Will" vom 26. November 2023
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