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Merz erklärt Deutschlandpakt nach Treffen mit Scholz für erledigt – Warum?


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Merz erklärt Deutschlandpakt für erledigt
Jetzt also doch nicht


Aktualisiert am 08.11.2023Lesedauer: 4 Min.
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Jetzt doch kein Deutschlandpakt: Merz wirft Scholz fehlende Bereitschaft vor. (Quelle: IMAGO/Florian Gaertner/photothek.de)
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Seit Wochen treffen sich Olaf Scholz und Friedrich Merz, um über Migration zu sprechen. Doch nach der Bund-Länder-Runde am Montag reicht es dem CDU-Chef. Was ist passiert?

Am Dienstagvormittag um kurz nach elf Uhr reicht es Friedrich Merz. Für einen Moment sieht man ihn noch grübeln. Er verzieht die Mundwinkel nach unten, blickt durch den Raum voller Journalisten, die für die Pressekonferenz in die nordrhein-westfälische Landesvertretung gekommen sind. Dann sprudelt es aus ihm heraus.

Die Bundesregierung habe geglaubt, sie könne die Zusammenarbeit mit ihm durch die mit den Ländern ersetzen. Für das Thema Deutschlandpakt und Asyl sei die Bund-Länder-Runde aber der falsche Ort. "Da wäre notwendig gewesen, im Bundestag eine Übereinstimmung zu finden", findet Merz. Der CDU-Chef unterstreicht noch einmal: Er habe dem Kanzler sogar eine "Arbeitseinheit" angeboten. Zwischen Regierung und Unionsfraktion, versteht sich. Der Bundeskanzler habe das abgelehnt.

Dann wird Merz deutlich: "Damit ist das Thema Deutschlandpakt zur Migration aus meiner Sicht erledigt."

Dabei hatten sich Olaf Scholz und Friedrich Merz in den vergangenen Wochen gleich mehrfach im Kanzleramt getroffen. Unter anderem beim Abendessen wurde über Lösungen für das Thema Migration gesprochen. Teile der Union streuten, die Ampel bekäme keine Mehrheit mehr zustande und brauche nun die "Hilfe" von CDU und CSU im Bundestag. CSU-Chef Markus Söder rief sogar schon einen Regierungswechsel zur Großen Koalition aus.

Erst am vergangenen Freitag fand das letzte Treffen zwischen dem Kanzler und dem Oppositionsführer statt. Und jetzt will Merz doch nicht?

Scholz ging es bei den Treffen mit Merz um etwas anderes

Grund dafür ist auf den ersten Blick die Unzufriedenheit über die Ergebnisse der Verhandlungen zwischen Bund und Ländern. Merz hatte Scholz vor einiger Zeit ein 26-Punkte-Papier vorgelegt, in dem die Unionsfraktion festgehalten hatte, welche konkreten Maßnahmen sie sich in der Migrationspolitik vorstellt.

Das, was Scholz und die Ministerpräsidenten nun am Montagabend bis in die frühen Morgenstunden verhandelt haben, geht dem CDU-Vorsitzenden nicht weit genug. Es reiche nicht aus, um eine wirkliche Wende in der Asylpolitik herbeizuführen, findet er.

Aber Moment mal! Kann es Merz nicht eigentlich egal sein, inwieweit Scholz bei Verhandlungen mit den Ministerpräsidenten auf seine Vorschläge eingeht?

Immerhin betont der CDU-Chef am Dienstag selbst mehrfach, wie wenig Einfluss die Länder auf die Migrationspolitik hätten. Entscheidend sei vielmehr, was am Ende im Bundestag beschlossen werde. Die Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels könnten ihn nach dieser Lesart also gar nicht so sehr ärgern.

Was Merz nicht sagt, aber wissen wird: Tatsächlich hat am Montagabend sehr wohl die entscheidende Verhandlungsrunde stattgefunden. Scholz spricht von einem "sehr historischen Moment". Ohne Merz.

Und während aus den Gesprächen zwischen den beiden bislang nichts Konkretes gefolgt ist, gibt es nach dem Bund-Länder-Treffen einen Beschluss. Die Ampel wird auf Basis dessen, was dort verhandelt wurde, Gesetze in den Bundestag einbringen. Merz' Segen? Ist dafür erst mal zweitrangig. Scholz braucht die Stimmen der Union nicht für eine Mehrheit im Bundestag. Merz' 26-Punkte-Papier soll, wie t-online erfuhr, nicht einmal eine Rolle in den Gesprächen zwischen Bund und Ländern gespielt haben.

Der Grund für Merz' plötzliche Absage an den Deutschlandpakt dürfte also nicht allein auf die Ergebnisse der Verhandlungen zurückzuführen sein. Sondern vor allem darauf, dass Scholz hier klargemacht hat, mit wem er politisch verhandelt – und wen er zum Bratkartoffelessen einlädt.

Oder wie es der Vizekanzler Robert Habeck am Dienstagmorgen beim Verband Deutscher Maschinenbauer sagt: Die Nacht zeige, dass "dieses Land in seiner politischen Mitte handlungsfähig ist und dass sich die entscheidenden Akteure in den entscheidenden Nächten auch zusammenraufen können". Zu den entscheidenden Akteuren gehören demnach: der Bundeskanzler, weite Teile des Kabinetts und die Ministerpräsidenten, darunter Hendrik Wüst und Markus Söder.

Von Merz? Ist auch hier keine Rede.

Was hatte Merz sich erhofft?

Nun stellt sich die Frage: Was sollte das ganze Theater? Warum lädt Scholz Merz zu Gesprächen ein, wenn er ihn gar nicht braucht? Und weshalb hat der CDU-Chef einem gemeinsamen Kraftakt überhaupt zugestimmt? Es ist in der Regel nicht die Aufgabe eines Oppositionsführers, dem Kanzler beim Regieren zu helfen. Und: Als Scholz die Länder und die CDU/CSU-Fraktion zu einem Deutschlandpakt eingeladen hat, brachte das für Merz ein klares Risiko mit sich, bei dem Thema Migration in Mithaft genommen zu werden.

Trotzdem entschied die Union, entschied sich vor allem Merz dafür.

Ein wichtiger Grund: Die CDU/CSU-Fraktion konnte sich endlich mal wieder staatsmännisch geben. Etwas zur Krisenbewältigung beitragen. Besonders für den CDU-Vorsitzenden war das eine Chance. Merz hat noch nie regiert. Von seinen Widersachern, auch aus den eigenen Reihen, wird ihm gerne vorgeworfen, der ewige Oppositionsführer zu sein. Mit dem Deutschlandpakt hätte er zeigen können, dass er nicht nur kritisieren, sondern auch um Lösungen ringen und Kompromisse verhandeln kann.

Das Problem: dem Kanzler ging es nie darum, mit Merz zu verhandeln. Scholz wollte wohl keine Hilfe von der Union, er wollte sie einbinden, um den Ton in der Debatte zu entschärfen. Was kurzzeitig funktioniert hat, ist nun offenkundig gescheitert.

Stattdessen ist etwas anderes passiert. Als Merz das Projekt Deutschlandpakt Migration am Dienstag um kurz vor elf für beendet erklärt und sich damit voll und ganz zurückzieht in die Rolle des Oppositionsführers, steht noch ein zweiter CDU-Politiker im Raum: Hendrik Wüst wartet geduldig am Mikrofon neben ihm.

Als er dran ist, sagt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, dass auch ihm die Ergebnisse nicht ausreichten. Dass man in der vergangenen Nacht zwar hart gerungen und erste Schritte gemacht habe, die er anerkenne. Gleichzeitig aber weiter über das Thema verhandelt werde müsse.

Der nächste Termin der Ministerpräsidenten mit Scholz soll bereits in der Abstimmung sein.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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