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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Warten aufs Klimageld SPD-Politikerin verwundert mit Aussage Moderatorin Illner
Das Klimageld der Ampel wankt. Eine führende SPD-Politikerin räumt ein: Vielleicht kommt es erst 2025. Maybrit Illner fasst es nicht.
Möglicherweise ist die Ampelkoalition ja längst abgewählt, wenn das Klimageld endlich überwiesen werden kann. SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz betonte zwar am Donnerstagabend bei "Maybrit Illner": "Das Klimageld muss kommen." Dann aber fügte sie mit Blick auf die Probleme bei der Umsetzung hinzu: "Ob das jetzt nächstes Jahr ist oder übernächstes Jahr ..." Die Moderatorin warnte vor einem gebrochenen Versprechen: "Ist das Wahlkampfhilfe für die AfD?"
Die Gäste
- Veronika Grimm, Wirtschaftsweise
- Claus Ruhe Madsen (CDU), Wirtschaftsminister Schleswig-Holsteins
- Verena Hubertz, Vize SPD-Bundestagsfraktion
- Marie-Christine Ostermann, "Die Familienunternehmer"
- Marcel Fratzscher, Ökonom
"Was macht das mit den Leuten?", fragte Illner. Denn viele Menschen hätten sich auf das Versprechen der Ampel verlassen, dass sie für den ab 2024 deutlich höheren CO2-Preis eben durch das direkt überwiesene Klimageld entschädigt werden. Davon sollen insbesondere Bürger mit kleinem Einkommen profitieren. Doch es hapert bei der Umsetzung. Dafür sind Bankdaten und Steuernummern nötig – und das Geld fehlt auch, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Meseberg mitteilte.
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Warten auf das Klimageld
"Aber 30 Milliarden Euro für die energieintensiven Industrien haben Sie?", fragte Illner die Sozialdemokratin unter Verweis auf den auch von ihrer Bundestagsfraktion geforderten Industriestrompreis. "Dass wir ein Klimageld brauchen, ist ganz klar", beteuerte Hubertz. "Denn wir wollen die Menschen nicht mit den steigenden Preisen alleine lassen und sagen, der Markt richtet das schon", bemühte sie sich um den Markenkern der Sozialdemokratie.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm bekräftigte in der ZDF-Talkshow am Donnerstagabend ihren Widerstand gegen den Industriestrompreis von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen). "Ich fände das sehr problematisch", unterstrich die Ökonomin von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Nicht nur müsse eine solche Subvention durch Schulden oder Steuern finanziert werden.
Die höhere Nachfrage werde auch den Strompreis am Markt für alle anderen Verbraucher in die Höhe treiben, prognostizierte Grimm, die als eine der fünf Wirtschaftsweisen die Regierung berät. Sie plädierte dafür, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass bestimmte energieintensive Industrien einfach nicht mehr komplett in Deutschland gehalten werden könnten. Stattdessen solle die Bundesregierung rasch dafür sorgen, dass Deutschland seinen Bedarf an klimaneutraler Energie sehr schnell aus vielen Teilen der Welt deckt, um sich nicht erneut wie beim Erdgas von einem Lieferanten abhängig zu machen.
"Wir müssen weg von diesem Denken, wir müssen alles in Deutschland produzieren", argumentierte auch der Ökonom Marcel Fratzscher gegen den Industriestrompreis. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (zu rund zwei Dritteln aus Mitteln des Bundes und der Länder finanziert) betonte bei "Maybrit Illner": Wenn deutsche Unternehmen Produktion ins Ausland verlagern, kann das durchaus Jobs in Deutschland sichern.
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Warnung vor dem Industriestrompreis
Fratzscher forderte die Politik auf, "sich ein Stück weit unabhängig" zu machen von Forderungen aus der Industrie nach niedrigen Strompreisen. Sie müsse stattdessen gute Rahmenbedingungen für alle schaffen und nicht "aussuchen, welche Firmen überleben und welche nicht".
Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbandes "Die Familienunternehmer", sprach in der ZDF-Talkshow von einer "ganz krassen Wettbewerbsverzerrung". Es gebe in Deutschland rund 40.000 produzierende Unternehmen. Die Politik spreche beim Industriestrompreis aber nur über Subventionen für 2.000 Branchenriesen.
Ostermann forderte von der Bundesregierung, die Rahmenbedingungen so massiv zu verbessern, dass Unternehmen wieder aus eigenem Antrieb heraus in ihre Zukunft in Deutschland investieren. Dazu sei auch eine mutige Steuerreform nötig, damit Beschäftigte wieder mehr Netto vom Brutto hätten, aber auch ein einfacherer Zugang für ausländische Fachkräfte auf den deutschen Arbeitsmarkt.
Warum müssen gut ausgebildete, serbische Lokführer erst Deutsch lernen, ehe sie hierzulande arbeiten dürfen?, fragte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU). "Ich bin noch nie nach vorne in den Zug gelaufen, weil ich mit dem Lokführer reden wollte. Warum ist es so wichtig, dass der Deutsch spricht?", warf er zum Ende von "Maybrit Illner" in die Runde.
Nun würden einem bei dieser Frage spontan einige Gründe einfallen. Madsen aber sieht in vielen Vorschriften einen Ausdruck eines deutschen Problems. "Wir lieben es, geregelt zu werden", meinte er. Die Deutschen wünschten sich für alles eine Vorschrift, suchten dann aber sofort nach Schlupflöchern. Die würden mit weiteren Vorschriften gestopft und schon sei die überbordende Bürokratie da – mit allen Folgeschäden.
Deutschland: dick statt krank
Auf Illners Frage "Ist Deutschland der kranke Mann Europas?" antwortete der ehemalige Rostocker Oberbürgermeister deshalb: "Ich würde nicht vom kranken, sondern vom dicken Mann sprechen. Wir sind viel zu träge geworden." Madsen spiegelte da auch Fratzschers Einschätzung. Der Ökonom findet, dass Deutschland sich gerade ein Stück weit in eine Krise hineindenkt: "Wir sind sehr gut darin, uns schlecht zu reden."
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"Wir sind so versunken in 'German Angst', anstatt die Chancen zu erkennen", meinte auch der Däne Madsen. Vieles sei bei allen Herausforderungen ein mentales Problem. So würden die Unternehmer, mit denen er spreche, deutlich optimistischer auf die Lage blicken. Seine Forderung an den "dicken Mann Deutschland": "Ab in die Sporthalle."
- zdf.de: "Maybrit Illner" vom 31. August 2023