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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kritik an Olaf Scholz "Der taucht einfach immer wieder über Wochen weg"
Deutschlands Ex-Botschafter in Moskau sprach mit Markus Lanz über den mutmaßlichen Tod des Wagner-Chefs. Anton Hofreiter übte scharfe Kritik am Kanzler.
"Die Sendung war anders geplant", verriet Markus Lanz am Mittwoch gleich zu Beginn. Angesichts des mutmaßlichen Tods des russischen Wagner-Chefs Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz hatte der Moderator kurzfristig seine Gästeliste geändert.
Um Hintergründe und die Frage zu klären, wie sehr diese Entwicklung Russlands Präsident Wladimir Putin nutze, hatte Lanz den früheren deutschen Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch eingeladen.
Die Gäste:
- Rüdiger von Fritsch, Ex-Botschafter in Moskau
- Anton Hofreiter, Grünen-Politiker
- Antje Höning, Leiterin der Wirtschaftsredaktion der "Rheinischen Post"
- Lars Feld, Wirtschaftswissenschaftler und Berater von Finanzminister Christian Lindner
Wagner-Aufgaben anders verteilt?
Der Russlandkenner schloss nicht aus, dass der Kreml hinter dem plötzlichen Tod des Söldnerführers steckt. Sollte das der Fall sein, gehe er jedoch davon aus, dass die für Putin nützlichen Dienste der Wagner-Truppe vorher in andere Hände übergegangen seien.
Von Fritsch meinte damit die Machenschaften Prigoschins, die darauf abgezielt hatten, den Westen zu stören und so Russlands Einfluss zu vergrößern, wie er erläuterte. Als Beispiel nannte er unter anderem die Beteiligung an Schleuserkriminalität in Nordafrika.
Zur Erinnerung: Lange hatte Prigoschin einen guten Draht zu Putin gehabt und erledigte Kampfaufträge für den Kreml – in der Ukraine und in Afrika. Auf den Tag genau zwei Monate vor dem Flugzeugabsturz machte er sich den Kremlchef jedoch zum Feind, indem er gen Moskau zog und eine Meuterei gegen die russische Führung startete.
Putin hat "gewisse Unterstützung"
Der Wagner-Vormarsch auf Moskau habe die Regierung schwach aussehen lassen, erklärte von Fritsch. Putin habe kurz die Kontrolle verloren, so der Ex-Botschafter. "Sie lebten alle gefährlich", sagte von Fritsch mit Blick darauf über die Führungsriege der Privatarmee. Bei dem Absturz am Mittwoch kam mutmaßlich auch Wagner-Kommandeur Dmitri Utkin ums Leben.
Ob ein zweiter Wagner-Marsch in Richtung Moskau denkbar sei, wollte Lanz von seinem Gast wissen. Für ihn sei das "höchst unwahrscheinlich", erklärte von Fritsch. Die Söldner der Meuterei seien schließlich entweder nach Belarus geschickt oder ins russische Militär integriert worden.
In der russischen Gesellschaft habe Putin noch eine "gewisse Unterstützung", so der Russlandkenner. Auch wenn die eher eine "mangelnde Bereitschaft zum Widerspruch" sei – ganz nach dem Motto: "Wer gesenkten Hauptes geht, dem wird der Kopf nicht abgeschlagen".
Dann werden Verhandlungen mit Russland wahrscheinlich
Mit Blick auf diplomatische Bemühungen, um den Angriffskrieg auf die Ukraine zu beenden, erklärte von Fritsch: "Der richtige Moment wäre vom ersten Tag an gewesen, aber der eine will nicht verhandeln."
Frieden sei für Putin "kein Ziel an sich", so der Ex-Botschafter. Viel eher gehe es um Macht, Einfluss, Respekt und die Größe Russlands. Am wahrscheinlichsten würden Verhandlungen, wenn sich Putin in der Lage befinde, dass er den Krieg nicht in seinem Sinne beenden kann und im eigenen Land an Macht zu verlieren drohe.
Wenn es so weit sei, müsse gewährleistet sein, dass die Ukraine auf Augenhöhe verhandeln könne und sich keinem Diktat beugen müsse, so der Diplomat. Darüber hinaus müsse ein Rahmen geschaffen werden, in dem Russland behaupten könne, es habe etwas erreicht.
Hofreiter kritisiert Kanzler Scholz
Dass Deutschland die Ukraine weiter unterstützen muss, damit sie sich Putin nicht beugen muss, bekräftigte am Mittwochabend Grünen-Bundestagsabgeordneter Anton Hofreiter. "Am Ende tragen wir mit einer langsamen Reaktion dazu bei, dass sich der Krieg in die Länge zieht", sagte er mit Blick auf Waffenlieferungen. Putin bestärke das in dem Glauben, er habe den längeren Atem.
Das Problem der langen Debatten verortete Hofreiter "überwiegend in der SPD" und auch im Kanzleramt. Überhaupt war der Grüne auf Bundeskanzler Olaf Scholz wenig gut zu sprechen.
"Der taucht einfach immer wieder über Wochen weg und man kriegt nicht mit, welche Position er hat", kritisierte er. An anderer Stelle erklärte er: "Es gibt einfach einen Mangel von Vertrauen in dieser Koalition."
Prigoschin auf Passagierliste des Todesflugs
Während Lanz und seine Gäste noch diskutierten, informierte die Luftfahrtbehörde Rosawiatsia offiziell, dass Prigoschin und Utkin auf der Passagierliste eines nordwestlich von Moskau abgestürzten Flugzeuges gestanden haben.
Viele Kommentatoren sahen das als Bestätigung für den Tod Prigoschins. Eine direkte Bestätigung von Rosawiatsia oder einer offiziellen Stelle in Russland, dass Prigoschin tot ist, gab es bis zum Ende der Sendung allerdings weiter nicht.
- "Markus Lanz" vom 23. August 2023