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Änderung bei Diskriminierungsgesetz: FDP kritisiert Bundesbeauftragte


"Wer so redet, verharmlost Diskriminierung"
Ataman verteidigt Vorschläge für Reform des Antidiskriminierungsgesetzes

Von dpa, t-online, sje, cck, cry

Aktualisiert am 21.07.2023Lesedauer: 3 Min.
Ferda Ataman: Die Bundesbeauftragte hat einen Vorschlag gemacht, wie die Gesetzeslage rund um Diskriminierungen angepasst werden könnte.Vergrößern des Bildes
Ferda Ataman: Die Bundesbeauftragte hat einen Vorschlag gemacht, wie die Gesetzeslage rund um Diskriminierungen angepasst werden könnte. (Quelle: Kira Hofmann/photothek.de/imago-images-bilder)
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Wird in Deutschland das Gesetz gegen Diskriminierung geändert? Der Vorschlag der Antidiskriminierungsbeauftragten sorgt für Aufsehen und Kritik. Sie wehrt sich.

Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, hat ihre Vorschläge zur Reform des Gleichbehandlungsgesetzes gegen Kritik der FDP verteidigt. "Es gibt in Deutschland leider eine lange Tradition, Menschen mit Diskriminierungserfahrungen als Spinner darzustellen, die sich das nur einbilden", sagte Ataman den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Freitag. "Wer so redet, verharmlost Diskriminierung, die für viele Menschen existenzielle Folgen haben kann."

Ihre Vorschläge für eine entsprechende Gesetzesänderung stoßen auf scharfe Kritik aus FDP und Union. "Das Papier von Frau Ataman ist gesellschaftlicher Sprengstoff und sät Verunsicherung allerorten", sagte Katrin Helling-Plahr, rechtspolitische Sprecherin der FDP, der "Bild".

Es geht um das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieses soll verhindern, dass Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Identität benachteiligt werden.

Ataman will Nachweis von Diskriminierung erleichtern

Ataman hatte am Dienstag ein Grundlagenpapier für eine Reform des AGG vorgestellt. Sie will unter anderem den Nachweis von Diskriminierung erleichtern. In ihrem Papier heißt es dazu: "Das Erfordernis, eine Benachteiligung und Indizien nachzuweisen, sollte auf die Glaubhaftmachung herabgesenkt werden, das heißt, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit genügt."

Das hieße, dass nicht mehr zwingend harte Beweise gebraucht würden, damit es zu einer Verurteilung kommt. Stehen sich die Aussagen von Opfer und Beschuldigtem gegenüber, könnten Richter bei ihrer Entscheidung die Begleitumstände betrachten, die eine Diskriminierung belegen oder die Vorwürfe entkräften.

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Darüber hinaus hatte sie diverse weitere Verbesserungsvorschläge gemacht. So sollen auch die Klagemöglichkeiten für Betroffene deutlich vereinfacht werden. Dazu soll ein Verbandsklagerecht für Antidiskriminierungsverbände und eine Klagemöglichkeit für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes geschaffen werden. Ataman plädierte außerdem für eine deutliche Verlängerung der Fristen, in denen Menschen ihre Ansprüche wegen Diskriminierungen geltend machen können, auf künftig zwölf Monate.

Außerdem möchte sie unter anderem auch die Möglichkeit aus dem AGG streichen, dass Arbeitgeber Mindest- und Höchstanforderungen an das Alter von Beschäftigten stellen können.

"Kein Freibrief für Vorwürfe nach Bauchgefühl"

FDP-Politikerin Helling-Plahr kommentierte, mit derartigen Änderungen "würde das AGG künftig Missbrauch, Falschbeschuldigungen und Erpressungen fördern, statt echten Fällen von Diskriminierung entgegenzuwirken". Auch FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg schrieb auf Twitter, der Schutz vor Diskriminierung sei "kein Freibrief für Vorwürfe und Ansprüche nach Bauchgefühl und Wahrscheinlichkeiten". Arbeitgeber und Vermieter dürften nicht unter Generalverdacht stehen. Wolfgang Kubicki, FDP-Vize und Vizepräsident des Bundestags, sagte der "Bild"-Zeitung, Ataman belaste die Diskussion in der Ampel-Koalition "mit einem solch unausgegorenen Vorschlag leider schon jetzt".

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Auch aus der Opposition kam Kritik: Günter Krings, rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nannte den Vorschlag in der "Bild" "absurd". Eine solche Änderung des AGG führe zu "einer gigantischen Einschränkung von Freiheit, statt echte Diskriminierungen zu verhindern".

Kritik meldet im Bericht der "Bild" auch der Rechtswissenschaftler Volker Boehme-Neßler von der Universität Oldenburg an. "Das ist fast eine Beweislastumkehr", sagte er demnach. Atamans Reformvorschlag halte er für "verfassungsrechtlich bedenklich", zitiert ihn die Zeitung. So werde "Tür und Tor für Missbrauch" geöffnet, die "Hemmschwelle für falsche Beschuldigungen und Denunziationen" sinke.

Integrationsbeauftragte bestärkt Ataman

Bestärkt wurde Ataman in ihrem Vorhaben hingegen von der Beauftragten des Bundes für Integration und Antirassismus, Reem Alabali-Radovan. Der Vorstoß sei wichtig, schrieb sie auf Twitter. "Es wird höchste Zeit, dass wir Schutzlücken schließen."

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Ataman selbst betonte bei einem Pressegespräch am Dienstag, dass das aktuelle AGG es vielen Menschen es schwer machen würde, ihre Rechte durchzusetzen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes 2006 habe es nur rund 700 Gerichtsentscheidungen auf der Grundlage des AGG gegeben. "Gerichtsverfahren sind oft langwierig und teuer und Menschen müssen die Kosten und Risiken alleine tragen", erklärte sie. "Mit besseren Klagemöglichkeiten, wie wir sie vorschlagen, läge die Last des Prozesses nicht mehr allein bei den Betroffenen."

Gesetzesentwurf muss aus dem Justizministerium kommen

Unterstützt wurde Ataman von dem Juristen Bernhard Franke, der die Antidiskriminierungsstelle bis 2022 kommissarisch leitete. Das derzeitige Gesetz habe eine Reihe von Schwachstellen. Als zentral in der Reform sieht er die Veränderungen beim Klagerecht.

Die Ampel-Koalition hatte eine Überarbeitung des Gesetzes im Koalitionsvertrag vereinbart. Demnach will die Bundesregierung "Schutzlücken schließen, den Rechtsschutz verbessern und den Anwendungsbereich ausweiten". Ein Gesetzesentwurf zu Atamans Initiative müsste allerdings aus dem Bundesjustizministerium von Marco Buschmann kommen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
  • Eigene Recherche
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