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Raguhn-Jeßnitz I Reaktionen auf AfD-Bürgermeister: "Gerät etwas ins Rutschen"


Reaktionen auf gewählten AfD-Bürgermeister
"In diesem Land gerät etwas ins Rutschen"

Von t-online, dpa, aj

Aktualisiert am 03.07.2023Lesedauer: 3 Min.
Stichwahl in Raguhn-Jeßnitz: Erstmals wurde ein hauptamtlicher AfD-Bürgermeister gewählt. (Quelle: Glomex)
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Erneut hat die AfD im Osten Deutschlands eine Wahl gewonnen. Während die Partei jubelt, befürchtet Sachsens Ministerpräsident eine Entwicklung ähnlich wie in den USA.

Angesichts des AfD-Höhenflugs hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer vor einer zunehmenden Polarisierung in Deutschland gewarnt. "In diesem Land gerät etwas ins Rutschen", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Als Erklärung für das AfD-Hoch nannte er, die Menschen seien verstört, wie Politik gemacht werde in Deutschland. "Wir sind auf dem Weg in eine Polarisierung, wie wir sie aus Amerika kennen. Die Debatte der vergangenen Woche hat nicht erkennen lassen, dass alle das begriffen haben."

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage hat die AfD einen kommunalpolitischen Wahlsieg erzielt. In der Kleinstadt Raguhn-Jeßnitz stellt die Partei künftig erstmals in Sachsen-Anhalt einen hauptamtlichen Bürgermeister. Bei der Stichwahl setzte sich der AfD-Landtagsabgeordnete Hannes Loth gegen den parteilosen Kandidaten Nils Naumann durch.

"Diese Themen drohen die Gesellschaft zu zerreißen"

Selbst bei der Wahl im thüringischen Sonneberg, wo erstmals ein AfD-Politiker zum Landrat gewählt wurde, hätten vor allem Deutschland-Themen eine Rolle gespielt, sagte Sachsens Ministerpräsident Kretschmer. "Energiewende, Heizungsgesetz, Flüchtlingspolitik und Russland-Embargo haben der AfD den Sieg gebracht. Diese Themen drohen die Gesellschaft zu zerreißen", meint Kretschmer. Politiker griffen zu "Schuldzuweisung und Abgrenzung, statt sich mit unangenehmen Wahrheiten auseinanderzusetzen". Das sei nicht verantwortungsvoll. "Es muss jetzt um Sachfragen gehen."

Das Verhältnis zwischen Bund und Ländern sei noch nie so schlecht gewesen wie aktuell. "Die Bundesregierung muss einen anderen politischen Ansatz wählen. In Deutschland muss wieder mehr miteinander geredet werden." Die Situation sei ernst, mahnte Kretschmer. "Wir müssen anerkennen, dass es mehr als eine Meinung gibt."

Grünen-Landesvorsitzender Helmich: "Massiv enttäuschend"

Nach der Stichwahl in der 8.800-Einwohner-Stadt Raguhn-Jeßnitz erklärten die Linken-Landesvorsitzenden Janina Böttger und Hendrik Lange: "Es ist beunruhigend, dass es nun Vertretern rechtsradikaler AfD-Landesverbände gelingt, kommunale Spitzenämter einzunehmen."

Der Grünen-Landesvorsitzende Dennis Helmich sagte über das Ergebnis der Wahl: "Schlussendlich hat der Kandidat einer rechtsextremen Partei eine knappe Mehrheit der Wähler und Wählerinnen erhalten. Das ist massiv enttäuschend, wurde nun damit das Amt eines hauptamtlichen Bürgermeisters in die Hand eines Vertreters der Partei gelegt, die auf Spaltung, Ausgrenzung und rückwärtsgewandte Politik setzt."

Der CDU-Landrat des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, in dem Raguhn-Jeßnitz liegt, warnte vor weiteren Erfolgen der AfD. "Wenn die Politik, die momentan die Ampelregierung vollzieht, so bestehen bleibt, werden das nicht der letzte Bürgermeister und der letzte Landrat der AfD gewesen sein", sagte Andy Grabner. Nicht nur in Ostdeutschland, auch bundesweit könnte das in Zukunft die politische Richtung sein, warnte er. "Das ist kein Sachsen-Anhalt-Phänomen." Loths Wählerinnen und Wähler seien keineswegs alle Rechtsradikale. "Da sind ganz normale Menschen von nebenan – wie du und ich."

Chrupalla: "Neue Normalität"

Die AfD sprach nach dem Wahlsieg in Sachsen-Anhalt auf Twitter sogar vom ersten AfD-Bürgermeister Deutschlands – wobei bis 2020 im baden-württembergischen Burladingen ein Bürgermeister amtierte, der zur AfD gewechselt war. Parteichef Tino Chrupalla schrieb: "Hannes Loth wird in #RaguhnJeßnitz der erste Bürgermeister der @AfD. Neue Normalität: Wir sind Volkspartei. Schritt für Schritt führen wir die Wende zum Guten herbei und verwirklichen unsere Politik für die Interessen der Bürger. Wir streichen Deutschland im Blau der Hoffnung an!"

Der Thüringer Landeschef der AfD, Björn Höcke, schrieb: "Frei nach Wilhelm Busch, der als Meister der dt. Sprache sicher auch seine Freude am Erfolg unserer Bildungsrettungspartei #AfD hätte: Dieses war der zweite Streich, doch der dritte (OB-Wahl Nordhausen) folgt sogleich. Herzlichen Glückwunsch nach #Raguhn, lieber Hannes #Loth!"

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"Man wählt die AfD, weil man AfD-Positionen gut findet"

Viele Beobachter äußerten ihre Sorge über die Entwicklungen in den sozialen Netzwerken. So schrieb der Historiker Jens-Christian Wagner, der die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora in Weimar leitet: "Die Landnahme der extrem rechten #AfD geht weiter. Nun stellt sie in #Raguhn-Jeßnitz den ersten hauptamtlichen Bürgermeister. Hannes #Loth gewann u.a. mit Stimmungsmache gegen ukrainische Flüchtlinge."

Der deutsch-jüdische Publizist Ruben Gerczikow schrieb auf Twitter: "Der Gegenkandidat Nils Naumann ist parteilos. Man wählt die AfD, weil man AfD-Positionen gut findet. Nur falls ihr wieder das Narrativ einer vermeintlichen Protestwahl hört."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Nachrichtenagentur dpa
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