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AfD-Wahlsieg ist eine Warnung: Rechtsextremismus wieder mehrheitsfähig


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Nach der Wahl des AfD-Landrats
Schluss mit der Methode Scholz!

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

Aktualisiert am 27.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Die AfD-Parteivorsitzende Alice Weidel und der rechtsextreme AfD-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Björn Höcke, bei einer Großdemonstration der Partei in Erfurt im April.Vergrößern des Bildes
Alice Weidel, Björn Höcke: Die Köpfe der AfD dürfen sich freuen. (Quelle: IMAGO/KH)

Die Strategien der anderen Parteien sind in Sonneberg krachend gescheitert. Das muss uns eine Warnung sein. Was kann jetzt helfen?

Es ist eine Zäsur für Deutschland: Zum ersten Mal hat ein Politiker der AfD die Wahl um ein kommunales Spitzenamt gewonnen. Mit Robert Sesselmann wird in Zukunft ein Mitglied des Thüringer Höcke-Verbands, der als gesichert rechtsextrem gilt, den Landkreis Sonneberg verwalten.

Es ist ein kleiner Landkreis, einer der kleinsten in Deutschland – und die Einflussmöglichkeiten eines Landrats sind beschränkt. Doch das Signal, das Sesselmanns Sieg sendet, ist riesig: Rechtsextremismus ist in Deutschland wieder mehrheitsfähig.

Besonders mit Blick auf die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen 2024 ist das fatal. Denn schon jetzt fährt die AfD in Umfragen hier Spitzenwerte ein.

Video | AfD gewinnt bundesweit erstes Landratsmandat
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Quelle: reuters

Krachend gescheitert

Krachend gescheitert sind die Strategien der anderen Parteien, um die AfD kleinzuhalten. Wenn man denn überhaupt von Strategien sprechen will. Bisher nämlich lief es in der Regel so: Die CDU versuchte, die AfD zu kopieren – und hat nach vielen verlorenen Wahlen immer noch nicht verstanden, dass sie so die Wähler nur zum Original treibt.

Die anderen Parteien ignorieren die AfD hingegen, solange es nur irgend geht. Erst wenn die AfD so stark ist, dass sie in Stichwahlen einzieht wie in Sonneberg, wachen sie plötzlich auf – und verbünden sich alle gemeinsam gegen die AfD.

Noch nicht einmal die gemeinsame Unterstützung von SPD, Grünen, Linken und FDP für den CDU-Kandidaten hat in Sonneberg geholfen. Im Gegenteil: Im Vergleich zum ersten Wahlgang ist die Beteiligung in der Stichwahl gestiegen – und haben noch mehr Menschen als zuvor AfD gewählt.

Das ist unüblich, gehen doch im zweiten Wahlgang in der Regel weniger Menschen an die Urne. In Sonneberg aber wurden die Menschen nicht müder. Einige wurden noch wütender, noch trotziger. Dafür haben nicht zuletzt diejenigen Parteien gesorgt, die sich zusammengeschlossen hatten, um die AfD in letzter Minute noch zu verhindern.

Schluss mit Verleugnung und Alibi-Ritualen

Parteien und auch die Medien müssen jetzt nicht so sehr einen neuen Umgang mit der AfD finden, sondern vielmehr mit der deutschen Bevölkerung. Es muss erstens dringend aufgearbeitet werden, was zu lange nicht aufgearbeitet wurde.

Dazu gehört endlich eine Debatte über die nach wie vor tiefe Kluft zwischen Ost und West sowie ein Verständnis im Westen für die Erfahrungen vieler in der Diktatur. Aber auch eine neue Auseinandersetzung mit Rassismus und Staatsfeindlichkeit in Deutschland. Denn allzu oft vermischen sich bei den sogenannten Protestwählern Abstiegsängste, Neid und Hass auf "die da oben" und "die Ausländer".

Dazu müssen sich die demokratischen Parteien eingestehen: Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung ist leicht zu verführen vom Populismus. Da gibt es Jahrzehnte des Verleugnens aufzuholen. Man denke nur an den ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Biedenkopf, der noch im Jahr 2000 die Meinung vertrat, seine Sachsen seien immun gegen Rechtsextremismus.

Schluss sollte auch sein mit den immer gleichen Ritualen und hohlen Phrasen zu Jahrestagen von rechten Morden und Attacken. Kranzniederlegungen bringen uns nicht weiter. Deutschland muss in die Köpfe seiner Bürger investieren: in das Vermitteln eines echten Verständnisses von Demokratie und der deutschen Vergangenheit. In die Lehre, wie tödlich der Nationalsozialismus war und wie viel Glück wahre Freiheit bedeutet – für alle, nicht nur für einen Teil der Gesellschaft.

Diese Investitionen sind bitter nötig. Bisher lässt die Politik in diese Bereiche am wenigsten Geld fließen – weil sie nur langfristig wirken oder weil sie gar nicht als notwendige Aufgaben erkannt wurden: in Schulen, in Freizeiteinrichtungen, in Sozial- und Familienarbeit.

Es braucht eine neue Kommunikation

Zweitens muss die Politik lernen, neu zu kommunizieren – und die Medien ihre Botschaft besser übersetzen. Denn nicht zuletzt der anhaltende Krisenmodus überfordert die Menschen und ist ein entscheidender Treiber für das Hoch der AfD.

Schädlich ist in dieser Lage eine Kommunikation, hinter der sich der Bundeskanzler versteckt und die auch schon seine Vorgängerin Angela Merkel pflegte: sich am liebsten sehr lange herauszuhalten; Gesetze erst zu erklären, wenn sie fertig sind, und dann in so verschachtelten Sätzen zu sprechen, dass sie kein Mensch versteht. Diese Kommunikation mag einen selbst an der Macht halten – den Bürgern aber schenkt sie wenig Orientierung.

Die multikomplexen Lagen, in denen wir uns befinden, müssen mehr und sehr viel einfacher erklärt werden, ohne in Populismus abzurutschen. Schluss also auch mit der Methode Scholz.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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