Erster AfD-Landrat in Sonneberg: Was Robert Sesselmann entscheiden darf

Zäsur in Thüringen

Das darf der erste AfD-Landrat Deutschlands jetzt entscheiden

Zehn Jahre nach ihrer Gründung stellt die AfD zum ersten Mal einen Landrat: Robert Sesselmann steht künftig im thüringischen Sonneberg an der Spitze der Verwaltung. Wer ist der Mann?

Es ist eine Zäsur in der deutschen Politiklandschaft. Zum ersten Mal hat die rechte Alternative für Deutschland (AfD) eine Landratswahl und damit auch Regierungsverantwortung gewonnen.

Im Landkreis Sonneberg im südlichen Thüringen konnte sich AfD-Mann Robert Sesselmann gegen seinen CDU-Konkurrenten durchsetzen. Bei der Wahlparty gab sich die Parteiprominenz die Ehre: Der Faschist und Vorsitzende der Landespartei Björn Höcke war zugegen, ebenso wie AfD-Chef Tino Chrupalla.

Wer aber ist Robert Sesselmann, der erste Landrat der AfD? Mit welchen Versprechungen konnte er die Wahl gegen den CDU-Kandidaten trotz Unterstützung aller anderen großen Parteien gewinnen?

Polizei ermittelt gegen Sesselmann

Robert Sesselmann ist 50 Jahre alt. Laut der Website der AfD Thüringen wurde er in Sonneberg geboren und arbeitet dort als Rechtsanwalt. Aus seinem Profil auf der Website des Thüringer Landtags geht außerdem hervor, dass Sesselmann Mitglied der AfD-Fraktion im Landesparlament ist und auch im Stadtrat der Stadt Sonneberg sitzt.

Sesselmann scheint allerdings nicht der unbescholtene Konservative zu sein, als der er sich gibt. In der vergangenen Woche enthüllte der "Spiegel", dass die Polizei gegen den frisch gewählten Landrat ermittle. Hintergrund soll ein Vorfall am 19. Juni 2023 gewesen sein, bei dem Sesselmann einen Mann bedroht haben soll, der CDU-Plakate in Sonneberg aufhängte.

Dem Bericht zufolge warf der AfD-Mann seinem Gegenüber vor, er habe sich an seinen eigenen Wahlplakaten zu schaffen gemacht. Laut "Spiegel"-Informationen habe Sesselmann zu dem Mann gesagt, er wisse, wo dieser wohne. Er werde ihm "jemanden auf den Hals hetzen" und dafür sorgen, dass er keine Aufträge mehr bekomme.

Sesselmann: "Deutschland ist ein Marionettenstaat der USA"

Auch zu Deutschland hat Sesselmann Ansichten, die von denen der meisten Menschen abweichen dürften. Wie der "Deutschlandfunk" berichtet, soll Sesselmann auf einer Montagsdemo Deutschland als "Marionettenstaat der USA" bezeichnet haben – was wiederum zum AfD-Landesverband passt, den der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem einschätzt.

Medial hielt sich der frisch gewählte Landrat im Wahlkampf zurück. Zur Wahlfeier der AfD bekam eine t-online-Reporterin keine Akkreditierung. Sie berichtete, Sesselman habe ihr dazu gesagt, man könne die Informationen von der "Neuen Zürcher Zeitung" kaufen, die akkreditiert sei.

Sesselmanns Wahlkampfthemen

Auffällig im Wahlkampf: Sesselmann und seine AfD versuchten, in Sonneberg vor allem mit Themen zu überzeugen, zu denen ein Landrat keinerlei Kompetenzen hat. "Euro abschaffen", stand etwa auf einem Wahlplakat. Ob Sesselmann künftig die D-Mark an der thüringisch-bayerischen Grenze einführen will, ist nicht bekannt.

Auch weitere Wahlkampfthemen des frisch gewählten Landrates haben nur wenig mit Kommunalpolitik zu tun. "Grenzen schließen", plakatierte die AfD in Sonneberg etwa – obwohl der Landkreis keinerlei Außengrenze zu anderen Staaten hat. "Frauen vor dem Islam schützen", stand auf einem weiteren Plakat.

Warum sich Sesselmann und die AfD entschieden haben, mit bundespolitischen Themen um den Posten des Landrats zu kämpfen? "Die Themenbereiche, die jetzt konkret hier vor Ort sind, die interessieren die Leute nicht", erklärte Sesselmann vor der Stichwahl im Gespräch mit dem "Deutschlandfunk". Die Menschen auf der Straße interessiere ihm zufolge eher, wie es mit den Sanktionen gegen Russland weiterginge oder wie sich die Energiepreise entwickelten.

Die Kompetenzen des Landrats

Was Sesselmann in diesem Zuge nicht erwähnt: In Fragen der Bundespolitik hat er als Landrat nichts zu sagen. Im Gegenteil, er muss auf Bundes- oder Landesebene beschlossenen Vorhaben ausführen. Wie der Kommunalexperte Thomas Budde vom Thüringer Landkreistag im Gespräch mit dem MDR erklärt, fallen darunter etwa 80 verschiedene Aufgabengebiete.

Diese Themenbereiche betreffen vor allem die Verwaltung des Landkreises, in dem der Landrat tätig ist. Es geht dabei unter anderem um Baugenehmigungen, die KfZ-Zulassung im Kreis, die Untere Denkmalschutzbehörde oder die Verteilung von Geldern an soziale Einrichtungen.

Allerdings hat der Landrat auch ein Mitspracherecht, wenn es darum geht, Geflüchtete im Landkreis unterzubringen. Er kann entscheiden, ob Schutzsuchende in privaten Wohnungen, in Gemeinschaftsunterkünften, in Turnhallen oder gar in Zelten untergebracht werden. Auch kann er entscheiden, ob Geflüchtete Geld- oder Sachleistungen erhalten. Für Letzteres gibt es allerdings hohe rechtliche Hürden.

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Ob Sesselmann bereit ist, deshalb vor Gerichte zu ziehen, ist nicht bekannt – vor allem, weil Sonneberg als kleinster Landkreis in Thüringen nur 2,6 Prozent aller im Bundesland ankommenden Geflüchteten aufnehmen muss. Im vergangenen Jahr waren das 988 Menschen.