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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Streit um Heizungen Kretschmer legt sich mit Lang und Illner an
Michael Kretschmer hat eine Wärmepumpe. Er kritisiert aber das Verbot neuer Gasheizungen als "Planwirtschaft" und will die Russland-Pipeline offen halten. Mit einem Spruch eckt er jedoch bei Illner an.
"Wir haben zu Hause eine Wärmepumpgenanlage installiert vor einem halben Jahr. Ich weiß genau, worüber ich rede." Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) redete sich am Donnerstagabend bei "Maybrit Illner" immer wieder in Rage, als es um das drohende Verbot neuer Gas- und Ölheizungen ging. "Das ist doch keine Klimapolitik, das ist eine Verarschung der jungen Generation", schimpfte der Christdemokrat. Grünen-Chefin Ricarda Lang versprach hingegen: "Für Menschen mit niedrigem Einkommen soll eine Wärmepumpe nicht teuer sein als eine Gasheizung."
Die Gäste
- Michael Kretschmer (CDU), sächsischer Ministerpräsident
- Ricarda Lang, Grünen-Parteivorsitzende
- Veronika Grimm, Wirtschaftsweise
- Gerald Traufetter, "Spiegel"
- Hermann-Josef Tenhagen, "Finanztip"
"Wenn die Regel kommt, dann wird sie sozial flankiert sein", beteuerte Lang. Sie sprach sich dafür aus, die Hilfen je nach Einkommen zu staffeln. "Wir schützen hier ganz akut Mieterinnen und Mieter", versprach die Co-Vorsitzende der Grünen. Denn in zehn oder 20 Jahren werde Erdgas unbezahlbar sein. Und da müsse bei einer Heizkessel-Lebensdauer von rund 30 Jahren jetzt schon etwas getan werden. Die Wärmewende sei eine Generationenaufgabe, sagte Lang. Aber: "Es wird keine Verschrottungsorgien geben."
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Streit bei "Illner": "Das ist Planwirtschaft"
Kretschmer warf der Regierung vor, an den Realitäten im Land vorbei und gegen den Willen der Bürger zu handeln. "Sie provozieren diese Bevölkerung", sagte der Ministerpräsident an Lang gewandt. "Das ist Planwirtschaft. Es wird nicht funktionieren." Die Grünen-Chefin warf dem Oppositionspolitiker daraufhin vor, sich respektlos gegenüber der deutschen Geschichte zu äußern und "irgendwelche Kulturkampfdebatten" loszutreten.
Kretschmer geriet auch kurz mit der Gastgeberin aneinander. Die hatte infrage gestellt, ob überhaupt die Handwerker vorhanden sind, um all die nötigen Wärmepumpen zu installieren. Denn viele Heizungsmonteure würden sich mit der Technik nicht gut auskennen. "Ziemlich arrogant" nannte Kretschmer diese Einschätzung. "Ich würde es nicht behaupten, wenn ich es nicht wüsste", wies Illner ihren Gast zurecht. Die ZDF-Moderatorin sah Defizite bei der Ausbildung. In dreieinhalb Jahren würde ein Heizungsmonteur gerade einmal sechs Stunden mit dem Thema "Wärmepumpen" zubringen.
"Natürlich haben wir eine Förderung bekommen", sagte Kretschmer, als er von Illner nach seiner Wärmepumpe gefragt wurde. Aber selbst mit zwei Verdienern und einem gedämmten Haus sei es eine gewaltige Investition gewesen. Er stellte dann noch die Frage in den Raum, wozu eigentlich Terminals für das mit hoher CO2-Belastung geförderte LNG gebaut wurden (Illner: "Weil es eine Energienotlage gab") und plädierte dafür, die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 nach Russland zu reparieren, ehe sie unwiederbringlich korrodiert.
"Wir sind dabei, Optionen zu schließen", monierte der sächsische Ministerpräsident. Mit oder ohne Wladimir Putin?, hakte Illner nach. Kretschmer stellte Nord Stream 1 als Option dar, um in fünf oder zehn Jahren unter einem neuen Machthaber wieder Gas aus Russland zu beziehen.
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Das war nur einer der Punkte, bei denen Kretschmer auch beim "Spiegel"-Journalisten Gerald Traufetter auf Unverständnis stieß. Nord Stream 1 sei von Russland gebaut worden, um die Ukraine zu umgehen, erinnerte dieser. Außerdem gebe es genügend Pipelines über die Ukraine, sollte Deutschland irgendwann tatsächlich wieder Gas aus Russland beziehen wollen.
"Bloß keine Gasheizung kaufen"
Die Diskussionen über die vorab bekannt gewordenen, noch nicht finalen, Pläne zu den Gas- und Ölheizungen bezeichnete der Chefkorrespondent im "Spiegel"-Hauptstadtbüro für die Ampel als "Vollkatastrophe". Trotzdem warnte er: "Man kann nur jedem davon abraten, sich jetzt noch schnell eine Gasheizung zu kaufen." Auch, weil sich laut dem Polit-Insider etwas in Berlin bewege. Neben einer möglichen Abwrackprämie für Gasheizungen deutet sich ihm zufolge an, dass konventionelle Gasthermen weiter neu installiert werden dürfen, wenn 65 Prozent des Gases aus nachhaltigen Quellen stammen: "Man erkennt da Bewegung."
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"Wenn das sozial abgefedert wird, ist das zu machen", meinte "Finanztip"-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen zum Umstieg auf Wärmepumpen. Die sind zwar rund anderthalb bis doppelt so teuer wie Heizkessel für Öl und Gas. Jeder Käufer hat aber laut Tenhagen Anrecht auf eine Förderung in Höhe von 40 Prozent: "Da bin ich beim selben Preis, das tut sich nicht viel." Hinzu kämen dann noch die steigenden Gaspreise. "Deshalb hat Herr Kretschmer es ja gemacht."
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Wirtschaftsweise Grimm: "Der Staat wird das nicht zahlen können"
Kritik an den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) kam aber auch von der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm. Die in Aussicht gestellten Subventionen würden das Land "an den Rand des Nervenzusammenbruchs bringen", warnte die Ökonomin von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sie bezweifelte, ob Habecks Versprechen gehalten werden können. "Der Staat wird das nicht zahlen können, schon gar nicht mit der Schuldenbremse." Sie mahnte, endlich die Stromnetze auszubauen und Gas durch "massive" Mengen Wasserstoff aus dem Ausland zu ersetzen.
Kretschmer hatte der Ampelkoalition bei "Maybrit Illner" vorgeworfen, gar nicht mehr auf Gaskraftwerke zu setzen, obwohl die eine sehr viel bessere CO2-Bilanz als US-amerikanisches Flüssiggas hätten. Das sei nicht richtig, korrigierte ihn "Spiegel"-Journalist Traufetter. Gaskraftwerke seien für den Übergang zum Wasserstoffzeitalter geplant. Aber keines der benötigten Kraftwerke sei genehmigt, geschweige denn beantragt, warf Illner ein. "Wenn wir das bis 2030 schaffen wollen, müssen wir schleunigst anfangen", bilanzierte Traufetter.
- "Maybrit Illner" vom 22. März 2023