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Ampelregierung streitet um Deutschlands Zukunft: Dann macht mal, jetzt!


Meinung
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Konflikte in der Bundesregierung
Dann macht mal, jetzt

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 13.03.2023Lesedauer: 3 Min.
Christian Lindner, Robert Habeck und Olaf Scholz: Die Bundesregierung steht vor der dringenden Aufgabe, die "Zeitenwende" voranzutreiben.Vergrößern des Bildes
Christian Lindner, Robert Habeck und Olaf Scholz: Die Konflikte in der Ampel sind echt, nicht hochgespielt. (Quelle: Fabrizio Bensch/dpa)

Je mehr sich in Deutschland ändert, desto deutlicher treten die unterschiedlichen Positionen in der Ampelkoalition hervor. Vor allem zwischen FDP und Grünen gibt es Konflikte. Jetzt kommt es mehr denn je auf den Kanzler an.

Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll der Anteil an Sonnenstrom in Deutschland bei 30 Prozent liegen. Die Hausbesitzer gehen munter voran und setzen Solarmodule auf ihre Dächer. Da sie Nachahmer finden, sieht es gut aus. Bei Umfragen, ob sie Photovoltaik erwägen, sagten vier von fünf Befragte, sie wollten demnächst entweder Strom durch Panels erzeugen oder Wärme durch Solarthermie.

Daran gefällt mir, dass sie das einfach machen, weil es sinnvoll ist, und natürlich trägt dazu bei, dass der Staat den Sonnenstrom steuerlich fördert. Worauf es ankommt: Sie müssen nicht dazu gezwungen werden.

Bei Unternehmen sieht es weniger rosig aus. Investitionen auf Firmendächern oder in Solarparks auf freien Flächen sollen sich binnen acht Jahren amortisieren, so lautet die Kalkulation, was unter den herrschenden Bedingungen nicht möglich erscheint. Wirtschaftsminister Robert Habeck arbeitet an einer neuen Solarstrategie, die er Anfang Mai vorstellen will. Darauf warten sie nun, die Unternehmer, und zwischen ihnen und Habeck scheint sogar Wohlwollen zu herrschen.

Auf staatliche Anreizen folgen Schritte in die richtige Richtung

Sieh mal einer an, so geht es also auch. Der Staat setzt Anreize, das schon, und daraus folgen Schritte in die richtige Richtung, wobei Private vorangehen und Unternehmen gerne folgen dürfen.

Meist laufen die Dinge ja anders. Geht es nach Robert Habeck, werden ab dem Jahr 2024 Öl- und Gasheizungen verboten. Ab dann sollen neue Heizungen zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien Wärme herstellen. Gasheizungen werden also eine Zeit lang neben Wärmepumpen existieren, gleichzeitig gilt Wasserstoff als langfristige Alternative. Ziemlich ehrgeizig, aber immerhin beginnt jetzt die zielgerichtete Diskussion über Optionen und Stufen in der Transformation.

Reichen die Argumente der FDP?

Oder Cem Özdemir: Der Ernährungsminister verlangt ein Werbeverbot für Fastfood zum Schutz der Kinder. Rund 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen sind übergewichtig, fast sechs Prozent sind adipös.

Einen Minister, der für Ernährung zuständig ist, können solche Phänomene nicht kaltlassen. Freiwillige Selbstverpflichtung der Werbewirtschaft wäre eine Alternative, führe aber eben zu nichts, sagt Özdemir. Also Verbot. Die FDP ist dagegen, aus Prinzip. Entmündigung der Bürger ist des Teufels aus ihrer Sicht. Das reicht ihr als Argument. Aber reicht es?

Ehrlich gesagt, schwanke ich selbst oft genug, ob sich der Staat heraushalten oder einmischen soll. Ob er besser fixe Fristen setzt oder auf den Erfindergeist der Techniker vertraut, denen rechtzeitig schon was einfallen wird.

Die SPD steht in der Mitte

Beide Grundhaltungen sind idealtypisch in der FDP und bei den Grünen vertreten. Verkehrsminister Volker Wissing machte sich gerade unbeliebt, weil er die Einigung der EU, ab dem Jahr 2035 Verbrenner-Motoren zu verbieten, unterlaufen möchte. Er argumentiert, klimaneutrale Mobilität lasse sich bis dahin womöglich auch durch synthetischen Kraftstoff erreichen. Der Markt möge dann entscheiden.

Klingt gut, klingt erhaben. Niemand spricht so beschwingt vom Markt wie die Liberalen – als wäre er eine reale Schönheit oder zumindest Adam Smiths unsichtbare Hand.

Die SPD steht in der Mitte zwischen Grünen und FDP. Dabei ist sie im Übermaß mit der Selbstfindung in der neuen Weltordnung beschäftigt, da Entspannung durch Wandel keine Zauberformel mehr ist. Früher haben Sozialdemokraten mal gesagt, man müsse Ökologie und Ökonomie miteinander versöhnen. Man möchte ihr jetzt zurufen: Dann macht mal, wenn nicht jetzt, wann dann?

Die Konflikte in der Ampel sind echt

Die Konflikte zwischen den Parteien und den handelnden Personen sind echt, nicht taktisch hochgespielt. Der Gegensatz der Interessen prägt sich stärker aus, als es der Dreier-Koalition guttut. Die Auseinandersetzungen um den Bundeshaushalt sind ein Spiegelbild der Probleme. Dass der Finanzminister den Kabinettsbeschluss verschoben hat, ist ein Alarmzeichen, auch wenn jetzt alle so tun, als sei es halb so schlimm, weil es sich ja nur um Eckpunkte handelt. In Wahrheit ist die übliche Prozedur für den Haushalt 2024 unterbrochen.

Nicht zufällig blockiert sich die Regierung selbst. Christian Lindner muss die Schuldenregel einhalten, wie es das Grundgesetz vorsieht. Dazu sind die Zinsen so enorm gestiegen, dass die Mehreinnahmen an Steuern nicht dagegen aufkommen. Das sind Umstände, die ins Gewicht fallen. Und dann will jeder Minister das meiste für sein Ressort herausholen, was denn sonst. Vor allem der Verteidigungsminister hat die Logik auf seiner Seite.

Deutschland wird in den nächsten Jahren auf ganzer Linie transformiert. Lange genug wurde nur darüber geredet, jetzt werden die notwendigen Entscheidungen getroffen, und deshalb brechen die unvermeidlichen Konflikte über Abfolge und Geschwindigkeit auf. Am Ende kommt es auf den Kanzler an, auf wen denn sonst. Darauf sind wir jetzt gespannt.

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