"In Wahrheit dort bloße Ware" SPD-Chefin Saskia Esken verlässt Twitter
Die SPD-Chefin war zehn Jahre auf der Plattform aktiv, nun will sie Twitter verlassen. Ihre Ankündigung kommt zu einem besonderen Zeitpunkt.
Die Parteivorsitzende der SPD, Saskia Esken, verlässt den Kurznachrichtendienst Twitter. Zehn Jahre lang war sie eigenen Angaben zufolge dort aktiv. "Mit vielen hatte ich gute Debatten und Aktionen", schreibt sie am Donnerstag in dem Netzwerk. Einige der anderen Nutzer habe sie auch im echten Leben treffen dürfen. Trotzdem werde sie nun Twitter verlassen, schreibt sie dort weiter. Diesen Schritt erklärt sie näher in einem Gastbeitrag, den die "Zeit" veröffentlicht hat.
Dort äußert sie grundsätzliche Kritik an den Strukturen der von Millionen Menschen genutzten sozialen Medien. Diese dienten nur vordergründig der Vernetzung der User, in Wahrheit seien die Nutzer dort "bloße Ware" und auf "Daten, Gewohnheiten und Vorlieben reduziert".
Das habe weitreichende negative Konsequenzen für unsere Gesellschaft, so Esken. "Die Ökonomie von Aufmerksamkeit und Empörung, wie wir sie heute in den sozialen Medien erleben, beschädigt unsere politische Kultur." Hass und Desinformation bedrohten den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie.
"Mehr oder minder ins Leere"
Die Plattformen hätten derweil kein Interesse daran, an diesen Dynamiken etwas zu ändern, da diese ihnen wirtschaftlich nutzten. Auch die politischen Versuche, die Konzerne zu regulieren, liefen "mehr oder minder ins Leere", so die SPD-Chefin.
Besonders deutlich kämen diese Entwicklungen bei Twitter zum Vorschein. "Twitter unternimmt nichts gegen Fakeprofile, agiert im Umgang mit gemeldeten strafbaren Inhalten wie Beleidigung oder Volksverhetzung ausgesprochen nachlässig und lässt auch nach klaren Urteilen nicht von unrechtmäßigen Twitter-Sperren ab", schreibt Esken.
Milliardär Elon Musk übernimmt
Ihre Ankündigung kommt zu einem besonderen Zeitpunkt: Nur wenige Stunden später wird bekannt, dass Milliardär Elon Musk, unter anderem CEO des Auto-Bauers Tesla, Twitter nun doch übernehmen wird. "The bird is freed" – "der Vogel ist befreit", schreibt Musk selbst auf Twitter, unter Anspielung auf das Marken-Symbol eines Vogels. Die Übernahme folgt auf ein monatelanges Tauziehen – Musk hatte die Übernahme ursprünglich selbst eingefädelt, dann aber versucht, wieder aus dem Deal herauszukommen.
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Viele hatten bereits vor der Übernahme befürchtet, dass unter Musk auf der Plattform eine weitere Verrohung des Tons stattfinden würde. Musk begründete den Kauf stets mit dem Anliegen, die Redefreiheit zu stärken. Auch sagte er, er würde den von Twitter verbannten Ex-Präsidenten Donald Trump wieder zurück auf die Plattform lassen.
SPD-Chefin Esken kündigt in ihrem Beitrag an, sich für eine Veränderung im digitalen Raum einsetzen zu wollen. "Ich werde mich mit all meiner Kraft dafür einsetzen, dass demokratisch gestaltete digitale öffentliche Räume und Werkzeuge verfügbar werden."
- twitter.de: Profil von @EskenSaskia
- zeit.de: "Wir müssen uns das Netz zurückholen"
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters