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Cannabis-Legalisierung: Karl Lauterbach stellt seine Pläne vor


Cannabis-Legalisierung
Lauterbach: "Im Vordergrund steht der Gesundheitsschutz"

Von t-online, dpa, ne

Aktualisiert am 26.10.2022Lesedauer: 4 Min.
Karl Lauterbach (SPD): Der Bundesgesundheitsminister spricht über die geplante kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Deutschland.Vergrößern des Bildes
Karl Lauterbach (SPD): Der Bundesgesundheitsminister spricht über die geplante kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Deutschland. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)
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Die Regierung will den nächsten Schritt in der Cannabis-Legalisierung gehen. Jetzt hat sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu den Plänen geäußert.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch Eckpunkte für eine Cannabis-Legalisierung in Deutschland beschlossen. Nach den Plänen der Ampelkoalition sollen Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm "Genusscannabis" sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in "lizenzierten Fachgeschäften" und möglicherweise auch Apotheken ermöglicht werden.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach erklärte anschließend, dass eine Entkriminalisierung in Deutschland vor allem einem besseren Kinder- und Jugendschutz sowie Gesundheitsschutz von Erwachsenen dienen solle. "Es funktioniert nicht, so wie wir es brauchen. Deshalb brauchen wir einen neuen Ansatz", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Berlin.

Er selbst habe seine Einstellung zur Legalisierung von Cannabis erst in den vergangenen anderthalb Jahren geändert. Der Grund: Mit dem Cannabis-Verbot habe Deutschland in den vergangenen Jahren "keine vorzeigbaren Erfolge" erzielt. Vielmehr sei der Konsum gestiegen. Problematisches Suchtverhalten habe auch bei Erwachsenen zugenommen. "Die Tendenz geht in die falsche Richtung", sagte Lauterbach.

Lauterbach verspricht strenge Regulation

Der Gesundheitsminister versicherte: "Wir wollen den Markt sehr streng regulieren." Straffrei gestellt werden solle der Kauf und Besitz von 20 bis 30 Gramm Cannabis bei Erwachsenen. Ob es für Unter-21-Jährige eine Obergrenze für den Gehalt des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) geben solle, werde geprüft.

Zentraler Baustein der geplanten Freigabe soll staatlich regulierter Anbau des pflanzlichen, psychoaktiven Rauschmittels hierzulande sein. "Wir wollen die Produktion in Deutschland lizenzieren und regulieren." Heute wird Cannabis aus ausländischer Produktion illegal auf dem hiesigen Schwarzmarkt verkauft. Der Verkauf soll laut dem Minister in lizenzierten Abgabestelle erfolgen – noch offen sei, ob dort auch Konsum erlaubt sein solle.

Auf die Frage zu seinem eigenen Cannabis-Konsum sagte Lauterbach, er habe nur einen Probekonsum vorzuweisen. Ein solcher sei bei vielen Ärzten nicht unüblich ist, betonte er. Zu seinen eigenen Erlebnissen während des Konsums wollte er sich jedoch nicht äußern. "Wären sie negativ gewesen, würde man mir das hier nicht glauben. Wären sie positiv gewesen, würde ich hier das falsche Zeichen setzen", sagte der Gesundheitsminister.

Entscheidung der EU-Kommission steht noch aus

Ob es wirklich zu einer Legalisierung von Cannabis kommt, ist aber noch offen. Internationale und europarechtliche Regeln zum Umgang mit Cannabis könnten der Legalisierung in Deutschland entgegenstehen. Der rechtliche Rahmen biete "begrenzte Optionen, das Koalitionsvorhaben umzusetzen", heißt es auch in dem vom Kabinett beschlossenen Eckpunktepapier. Genannt wird in dem Zusammenhang unter anderem das sogenannte Schengener Durchführungsübereinkommen. Ein konkreter Gesetzentwurf soll deshalb erst vorgelegt werden, wenn sich abzeichnet, dass es von der EU gegen die geplante Cannabis-Freigabe keine rechtlichen Einwände gibt.

SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, "die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einzuführen.

Das sind die von Lauterbach vorgelegten Eckpunkte im Überblick:

  • Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden.
  • Der Erwerb und Besitz von maximal 20 bis 30 Gramm "Genusscannabis" zum Eigenkonsum sollen straffrei sein, unabhängig vom konkreten THC-Gehalt. Auf eine THC-Grenze soll wegen zu großen Aufwands bei möglicher Strafverfolgung verzichtet werden.
  • Privater Eigenanbau wird in begrenztem Umfang erlaubt – "drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person". Diese müssen vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt werden.
  • Der Verkauf soll in "lizenzierten Fachgeschäften" – Zutritt erst ab 18 – und eventuell Apotheken ermöglicht werden. Werbung für Cannabisprodukte wird untersagt. Die Menge, die pro Kunde verkauft werden darf, wird begrenzt. Einen Versandhandel soll es zunächst nicht geben. Der Handel ohne Lizenz bleibt strafbar.
  • "Wegen des erhöhten Risikos für cannabisbedingte Gehirnschädigungen in der Adoleszenz" soll geprüft werden, ob es für unter 21-jährige Käufer eine THC-Obergrenze geben soll.
  • Neben der Umsatzsteuer auf Verkäufe ist eine gesonderte "Cannabissteuer" geplant, die sich nach dem THC-Gehalt richtet. Ziel ist ein Endverbraucherpreis, "welcher dem Schwarzmarktpreis nahekommt".
  • Cannabis-Produkte zum Rauchen und Inhalieren oder zur Aufnahme in Form von Kapseln, Sprays oder Tropfen sollen zum Verkauf zugelassen werden – Edibles, also etwa Kekse oder Süßigkeiten mit Cannabis, zunächst nicht.
  • Aufklärung, Prävention, Beratung und Behandlungsangebote sollen ausgebaut werden. Es sei insbesondere notwendig, niedrigschwellige und flächendeckende Frühinterventionsprogramme zur Konsumreflexion für konsumierende Jugendliche einzuführen, heißt es in den Eckpunkten.
  • Begleitend sollen Daten erhoben und analysiert werden zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Cannabis-Freigabe. Nach vier Jahren sollen die Regelungen bewertet und gegebenenfalls angepasst werden, vor allem mit Blick auf den Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz sowie mit Blick auf die Straßenverkehrssicherheit.

Die Eckpunkte sind nur ein Zwischenschritt. Im Zuge eines Gesetzgebungsverfahrens, wenn es denn dazu kommt, können sich viele Details noch ändern.

Die bayerische Landesregierung bekräftigte ihre Kritik an dem Vorhaben. "Die Legalisierungspläne der Bundesregierung stellen nicht nur für Deutschland, sondern auch für ganz Europa ein gefährliches Signal dar", sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch). Der Konsum von Cannabis berge "wesentliche und teils irreversible gesundheitliche und soziale Risiken". Holetschek warnte zudem vor einem "Drogentourismus nach Deutschland".

"Glaube nicht daran"

Kritik kommt auch aus der Branche selbst. "Ich begrüße den Prozess, den die Bundesregierung zur Legalisierung von Cannabis angestoßen hat. Allerdings glaube ich nicht daran, dass eine rein inländische Produktion von Cannabis ausreichen wird, um den Bedarf und die verschiedenen Bedürfnisse zukünftiger Konsumenten zu decken", sagte Philip Schetter, CEO von Cantourage, einem großen Unternehmen für medizinisches Cannabis, t-online.

Auch langfristig sei es sehr schwierig, in Deutschland Cannabis wettbewerbsfähig und nachhaltig anzubauen – das bedinge sich schon durch den hohen Energiebedarf für den Anbau der Pflanzen in den vermutlich notwendigen Indoor-Anlagen – insbesondere unter den heutigen Rahmenbedingungen, so Schetter.

"Im Klartext: Der Preis ist durch das Angebot auf dem Schwarzmarkt gedeckelt, liegt das legal produzierte Cannabis darüber, erfährt der illegale Handel durch die neue Straffreiheit einen Boom. Das darf nicht passieren – insbesondere um Konsumenten zu schützen. Wir dringen deshalb darauf, dass der Import aus anderen Ländern zugelassen wird, wie es heute schon bei medizinischem Cannabis der Fall ist."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Pressekonferenz mit Karl Lauterbach am 26. Oktober 2022
  • Statement von Cantourage-CEO Philip Schetter
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