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Baerbock und Lawrow bei G20 auf Bali: Auf ihre Antwort kommt es an


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Baerbock und Lawrow auf Bali
Auf ihre Antwort kommt es an

Von Fabian Reinbold, Bali

Aktualisiert am 07.07.2022Lesedauer: 3 Min.
Baerbock und Lawrow (im Januar in Moskau): Ringen um Deutungshoheit.Vergrößern des Bildes
Baerbock und Lawrow (im Januar in Moskau): Ringen um Deutungshoheit. (Quelle: imago-images-bilder)
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Der Termin ist heikel: Erstmals seit dem Ukraine-Krieg treffen die Außenminister Deutschlands und Russlands aufeinander. Annalena Baerbock hat einen Plan.

Seit fast sechs Monaten herrscht Funkstille zwischen ihnen, doch jetzt trifft Außenministerin Annalena Baerbock wieder auf ihren russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Bei der G20-Sitzung auf der indonesischen Insel Bali kommen die beiden Diplomaten erstmals seit Russlands Überfall auf die Ukraine zusammen.

Die Veranstaltung hatte in den vergangenen Wochen für allerlei Kopfzerbrechen unter den Diplomaten in Berlin gesorgt. Sollte man das G20-Außenministertreffen boykottieren, wenn der Gastgeber entgegen aller Warnungen den Vertreter von Wladimir Putins Regime einlädt? Oder würde man damit vor allem den eigenen Zielen schaden, die Front gegen Russland zu stärken? Und wie kann man in Bali allzu freundliche Bilder mit dem Vertreter des Kriegsherrn Putin vermeiden?

Annalena Baerbock ist letztlich nach Bali geflogen, wie auch ihre Amtskollegen der westlichen Industrieländer. Und sie haben einen Plan verabredet, wie man das G20-Format respektiert, aber zugleich die Konfrontation mit Russland deutlich macht.

Baerbock antwortet auf Lawrow

Am Freitagmorgen wird die Grünen-Politikerin mit Sergej Lawrow, der seit 18 Jahren an der Seite Putins amtiert, im selben Saal des Tagungshotels Mulia Platz nehmen. Thema der ersten Arbeitssitzung ist ausgerechnet die Stärkung der multilateralen Weltordnung. Mit anderen Worten: Wie verhandelt man gemeinsam über die eigenen Interessen, und zwar auf Basis des Völkerrechts – und nicht des Rechts des Stärkeren? Es ist also so ziemlich das genaue Gegenteil des russischen Angriffskriegs gegen den Nachbarn Ukraine.

Lawrow wird dazu als 18. Redner sein Statement abgeben. Und gleich darauf wird Baerbock ihm antworten, so haben es die G7-Staaten vereinbart. Deutschland hat aktuell den Vorsitz der Gruppe der sieben führenden westlichen Industrienationen inne. Die Bundesaußenministerin wird also auch in ihrem Namen sprechen.

Vorgesehen sind in dieser Runde nur kurze Statements von drei Minuten. Meist sind sie von langer Hand vorbereitet. Baerbock will in ihrer Äußerung jedoch auf das reagieren, was Lawrow zuvor sagt. Sie werde "sehr deutliche Worte finden, dass wir diesen Bruch des Völkerrechts nicht akzeptieren", sagte sie vorab.

Ringen um die Deutungshoheit

Der Westen und Russland ringen um Einfluss auf viele der aufstrebenden Schwellenländer, die sich im G20-Format mit den Industrienationen treffen. Für die Bundesregierung ist ein wichtiges Ziel, dass sich mehr dieser Staaten klar gegen Russlands Krieg positionieren. Moskau wiederum verbreitet das Narrativ, dass nicht seine Blockaden von Getreideexporten aus der Ukraine schuld an der Weizenkrise seien, sondern die Sanktionen des Westens.

Es gibt ein Tauziehen um Deutungshoheit und Einfluss. Schon vor der Abreise hatte die Außenministerin in Berlin betont, dass sie vor Ort deshalb Russland "nicht einfach die Bühne des Treffens überlassen" werde. Bei der zweiten Arbeitssitzung zu Ernährungs- und Energiesicherheit soll die Außenministerin des G7-Landes Kanada die Erwiderung auf Lawrows Beitrag übernehmen.

So weit der Plan. Doch dass der mit allen Wassern gewaschene Putin-Wegbegleiter Lawrow vor Ort doch noch irgendwie dazwischenfunkt, liegt zumindest im Bereich des Möglichen.

Eine heikle Situation entschärft

Immerhin umschiffte Baerbock schon die erste heikle Situation, indem sie am Donnerstag so spät in Indonesien ankam, dass sie nicht mehr zum Empfang der Außenminister ging. Dort hätte es zu Bildern mit Lawrow kommen können, die im Angesicht des Krieges unangemessen gesellig gewirkt hätten.

Nach ihrer Ankunft in Bali sagte sie vor den mitreisenden Journalisten: "Wenn ein Staat die internationale Ordnung – und damit die Staaten, die hier am Tisch sitzen – angreift, können wir nicht einfach zum netten Socializing, zum netten Abendessen übergehen." Deshalb werde es kein bilaterales Treffen mit Lawrow geben. Dieser wiederum traf am Vorabend vor Ort seinen chinesischen Amtskollegen Wang Yi zu solch einem Gespräch.

Probelauf für einen möglichen Gipfel mit Putin

Baerbock war im Januar nach Moskau gereist, um Lawrow zu treffen. Einen Monat darauf begann Russland seinen Feldzug gegen die Ukraine. Seitdem haben die beiden Chefdiplomaten auch nicht mehr miteinander telefoniert.

Das Treffen der Außenminister ist auch ein Probelauf für den G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im November. Gastgeber Indonesien hat dazu Wladimir Putin eingeladen und der hat signalisiert, dass er tatsächlich teilnehmen will.

Erst hatten der Bundeskanzler und die westlichen Staatenlenker für diesen Fall ihre Absage in Aussicht gestellt. Doch zum einen luden die Gastgeber dann auch noch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für den November ein. Und zum anderen braucht der Westen die Schwellenländer mehr denn je. Also will man Moskau das Feld nicht kampflos überlassen.

Vom Verlauf des Aufeinandertreffens von Annalena Baerbock und Sergej Lawrow erhofft man sich also auch im Kanzleramt Erkenntnisse für den späteren Gipfel, bei dem Olaf Scholz dann auf Wladimir Putin treffen könnte.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Begleitung der Außenministerin auf ihrer Asienreise
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