Russischer Angriffskrieg Ampel-Klausur im Zeichen des Krieges
Meseberg (dpa) - Nach der Zusage von 50 Gepard-Flugabwehrpanzern will die Bundesregierung in Kürze über die Lieferung weiterer schwerer Waffen in die Ukraine entscheiden. Es geht um Panzerhaubitzen - schwere Artilleriegeschütze, die 40 Kilometer weit schießen können.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte am Mittwoch am Rande der Kabinettsklausur, es werde erörtert, ob die bisher von den Niederlanden geplante Lieferung von fünf Panzerhaubitzen 2000 aufgestockt werden könne. Die Bundeswehr habe rund 100 Haubitzen, von denen etwa 40 einsatzbereit seien. Nach dpa-Informationen kommen davon sieben für eine Lieferung in die Ukraine in Frage.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, er habe mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte am Dienstag über das Projekt gesprochen. Es gebe noch keine Entscheidung. "Sie werden da aber ziemlich schnell was zu hören."
Die Bundesregierung hatte sich zwei Tage nach Kriegsbeginn Ende Februar dafür entschieden, Waffen in die Ukraine zu liefern. In der vergangenen Woche fiel die Entscheidung, auch schwere Waffen abzugeben. Als erstes wurde der Export von den Gepard-Panzern genehmigt. Die Panzerhaubitzen 2000 könnten nun folgen. Bereits beschlossen ist, dass die Bundeswehr ukrainischen Soldaten die Bedienung die Artilleriegeschütze in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz beibringt. Bisher war das aber nur für die niederländischen Haubitzen vorgesehen.
"So aufbruchsmäßig war die Stimmung jetzt nicht"
Die Folgen des Ukraine-Kriegs waren ein Hauptthema der zweitägigen Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Bundesregierung. Mit einer gemeinsamen Pressekonferenz von Scholz, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) endeten die Beratungen am Mittwochmittag. Alle drei betonten, wie eng die drei Ampel-Parteien in der seit fünf Monaten bestehenden Regierung zusammenarbeiten.
Habeck räumte ein, dass man sich den Start damals anders vorgestellt und viel von Aufbruch gesprochen habe. Angesichts der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine sei es dann aber anders gekommen. "So aufbruchsmäßig war die Stimmung jetzt nicht, sondern (...) es war eine Phase von höchster Konzentration und einem tiefen Bewusstsein, dass wir gerade einen historischen Moment erleben."
Scholz und Habeck zu Öl-Embargo: Deutschland vorbereitet
Kurz vor der Klausur legte die EU-Kommission in Brüssel ihr sechstes Sanktionspaket vor, das auch ein Öl-Embargo enthält. Scholz (SPD) sagte, Deutschland sei darauf vorbereitet. "Die Übergangsfrist ist so ausreichend lang, dass wir alle Vorkehrungen treffen können, um Alternativen für russisches Öl in Deutschland zu schaffen", meinte auch Habeck.
Lindner arbeitet unterdessen an einem Instrument, um Sanktionen gegen russische Oligarchen besser durchsetzen zu können. Man prüfe, ob sie gesetzlich verpflichtet werden könnten, Vermögensstände offenzulegen. Dies wäre verbunden mit Bußgeldern und auch strafrechtlich bewehrt. Das wäre ein ganz neues Instrument, um bestehende Sanktionen schlagkräftiger zu machen, sagte Lindner.
Habeck fordert schnelleren Ausbau der Windkraft
Bei der Klausur ging es aber nicht nur um Themen, die direkt mit dem Ukraine-Krieg zu tun haben - Klimaschutz zum Beispiel, das Thema, das zu Beginn der Ampel-Koalition mit Abstand die größte Aufmerksamkeit hatte. Habeck appellierte an die Länder, die Windkraft an Land schneller auszubauen. Die Bundesregierung tue in großer Eile das, was notwendig sei, um die Kapazitäten hinzubekommen. So würden Konflikte zwischen Artenschutz und Windkraft gelöst. Natürlich sei seine "Erwartungshaltung", dass die Länder und Kommunen dann auch Flächen für den Ausbau schaffen. Sonst sei alles "brotlose" Kunst.
Die Bundesregierung strebt für einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien an, dass künftig zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie an Land ausgewiesen werden. Das soll gesetzlich verankert werden. Die meisten Länder sind von diesem Ziel aber noch weit entfernt.
Lindner: Weniger Belastung für den Haushalt im kommenden Jahr
Lindner rechnet für das kommende Jahr mit weniger Belastungen für den Bundeshaushalt. Die Bundesregierung habe die "Erwartung, dass auch die Staatsfinanzen im nächsten Jahr einen Schritt in Richtung Normalisierung gehen können." In diesem Jahr sei der Bundeshaushalt "noch stark geprägt von einer Krise und dem Krieg", sagte der Finanzminister. Als Beispiele nannte der FDP-Chef die Maßnahmen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung, die Hilfen für die Ukraine und die Pakete der Bundesregierung zur finanziellen Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern.