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Olaf Scholz und die Impfpflicht: Kippt sein großes Projekt?


Impfpflicht
Kippt sein großes Projekt?

Von t-online, TiK, spä

10.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Kanzler Olaf Scholz: Jetzt wackelt die Impfpflicht – schon wieder.Vergrößern des Bildes
Kanzler Olaf Scholz: Jetzt wackelt die Impfpflicht – schon wieder. (Quelle: reuters)

Österreich setzt die geplante Impfpflicht für alle aus. Das ist kein gutes Omen für das gleiche Vorhaben von Kanzler Olaf Scholz. Denn die Ampelkoalition ist sich ohnehin schon nicht einig.

Der Kanzler ist sich sicher. Olaf Scholz ließ am Mittwoch über den stellvertretenden Regierungssprecher Wolfgang Büchner ausrichten, seine Meinung habe sich nicht geändert. Und die lautet: "Wir brauchen die allgemeine Impfpflicht, um uns für den Herbst und Winter vorzubereiten."

Scholz will sich nicht anders positionieren, vielleicht kann er es auch gar nicht: Seit Monaten wirbt er, gemeinsam mit seinem Gesundheitsminister Karl Lauterbach, für eine allgemeine Impfpflicht. Und nun steht dieses Projekt erneut infrage.

Wien legt eine bemerkenswerte Kehrtwende hin

Warum? Weil Österreich angekündigt hat, die erst vor Kurzem beschlossene allgemeine Impfpflicht wieder auszusetzen. Ausschlaggebend sei die Omikron-Welle, die für viele nur milde Verläufe bedeute. Es ist eine bemerkenswerte Wiener Kehrtwende. Und eine mit Symbolkraft: Österreich war das erste Land in der EU, das eine allgemeine Impfpflicht auf den Weg brachte.

Was die Entscheidung des südlichen Nachbarn für Deutschland heißt, darüber sind sich die Ampelkoalitionäre allerdings nicht einig. So wie das Projekt insgesamt nicht wirklich ein Anliegen aller drei Regierungspartner ist.

"Ein alternativer Weg"

Anfang April könnte der Deutsche Bundestag über die Impfpflicht entscheiden. Drei Vorschläge stehen zur Wahl:

  • Eine Impfpflicht für alle Bürger ab 18 Jahren (federführend ist der Grüne Janosch Dahmen),
  • eine altersbezogene Impfpflicht für den Fall, dass im Herbst eine erneute, gefährliche Mutation auftritt (verantwortet vom FDP-Politiker Andrew Ullmann)
  • und ein Vorschlag, der eine Impfpflicht generell ablehnt (eingebracht vom FDP-Politiker Wolfgang Kubicki).

FDP-Mann Ullmann sagt t-online: "Die Entscheidung in Österreich sollte uns zu denken geben. Es ist ein klares Signal, dass die allgemeine Impfpflicht nicht die richtige Entscheidung ist." Er bleibt bei seinem Vorschlag und lehnt eine Pflicht für alle Deutschen weiterhin ab: "Es sollte ein alternativer Weg beschritten werden."

Sein Kollege Dirk Wiese, SPD-Fraktionsvize, sieht das anders. "Eine Impfpflicht und damit in der Folge eine dringend nötige Erhöhung der Impfquote ist erforderlich, damit wir im kommenden Herbst und Winter nicht erneut Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger, für Wirtschaft, Sport und Kultur bei uns im Land haben." Die Entscheidung aus Österreich habe darauf "keine Auswirkungen".

Das beschädige massiv das Vertrauen, glaubt mancher

Intern sind sich nicht alle so sicher. Da ist zum einen die bereits ausgesetzte, einrichtungsbezogene Impfpflicht: Kurz nachdem der Bundestag beschlossen hatte, dass sich das medizinische Personal gegen das Coronavirus impfen lassen muss, kündigten mehrere Bundesländer an, die Entscheidung auszusetzen. Das Vorhaben sei nicht umsetzbar, nicht zu kontrollieren und man müsse möglicherweise auf zu viel Personal verzichten, hieß es.

Die österreichische Entscheidung sorgt jedoch noch aus einem anderen Grund für Unruhe: Die Ampelkoalition will eine Kehrtwende wie im Nachbarland unbedingt vermeiden. Sich zunächst für eine solche Regelung einzusetzen und anschließend den eigenen Vorschlag wieder zu streichen, beschädige massiv das Vertrauen, ist sich manch einer im Bundestag sicher.

"Eine allgemeine Impfpflicht wird nicht kommen"

Auch deshalb wird nun nochmals besonders intensiv diskutiert, worauf genau sich die Koalition verständigen könnte. Welcher Vorschlag eine Mehrheit findet, ist noch völlig offen – auch, weil nicht klar ist, wie sich die Abgeordneten von CDU und CSU positionieren werden. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, ist bereits sicher: "Eine allgemeine Impfpflicht wird nicht kommen." Sein Unions-Kollege Sepp Müller sagt: "Die Entwicklungen in Österreich müssen ergebnisoffen in die Debatte im Bundestag einfließen."

Sicher ist: Der politische Druck hat mit der Entscheidung in Österreich nochmals zugenommen. Welcher Gesetzentwurf am Ende auch in der Öffentlichkeit mehrheitsfähig ist, dürfte eng damit zusammenhängen, wie die Pandemie in den nächsten Wochen verläuft. Ein Bundestagsabgeordneter aus der Opposition, der seinen Namen nicht öffentlich lesen möchte, sagt: "Je harmloser die Verläufe werden und je unwahrscheinlicher eine weitere Mutation ist, desto schwieriger kann der Kanzler am Ende den Menschen erklären, warum es eine Impfpflicht wirklich braucht."

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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