Vor Corona-Gipfel Lauterbach: "Brauchen größeres Corona-Besteck"
Kurz vor dem Corona-Gipfel von Bund und Ländern sieht Gesundheitsminister Lauterbach Öffnungsschritte kritisch und mahnt zur Vorsicht. Künftig will er wichtige Weichen selbst festlegen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich vor der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gegen ein komplettes Zurückfahren der Corona-Auflagen gewandt. Es sei Zeit für Lockerungen mit Augenmaß, sagte Lauterbach der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Nötig sei aber weiter die Möglichkeit für schnelles und flexibles Reagieren auf die Pandemie. "Das Virus verschwindet nicht von heute auf morgen."
Lauterbach sagte: "Deswegen müssen wir das Infektionsschutzgesetz so formulieren, dass der Basisschutz gewährleistet bleibt und bei Bedarf ausgedehnt werden kann." Der SPD-Politiker kündigte an: "Den Text werden wir im parlamentarischen Verfahren ergänzen, so dass auch nach dem 20. März mehr möglich ist als Maske und Abstand."
"Wir haben den Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht"
Lauterbach betonte: "Die Länder brauchen ein größeres Corona-Besteck." Auch in der Gesetzgebung müsse man sich auf ein Leben mit Corona einstellen. "Wir haben den Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht", bekräftigte Lauterbach. "Mit ihren Nachwirkungen müssen wir allerdings noch eine Weile leben."
Inzwischen steckten sich weniger Menschen mit dem Coronavirus an. "Aber die Zahl der Klinikeinweisungen wird noch mehrere Tage in die Höhe gehen", sagte Lauterbach. "Darüber hinaus ist der Anteil der älteren Infizierten gestiegen, ihr Schutz ist aber besonders wichtig."
Der Minister betonte: "Bisher sind wir gut durch diese Welle gekommen, auch im Vergleich zu anderen betroffenen Ländern in Europa." Lauterbach betonte die Booster-Impfungen, die Kontakt-Beschränkungen - aber auch "die Vorsicht der Menschen, die sich an die Auflagen gehalten haben".
Jetzt sei die Zeit, mit Augenmaß zu lockern. Aber: "Komplett zurückfahren können wir die Corona-Auflagen nicht."
Lauterbach will künftig selbst Weichen stellen
Außerdem will der Gesundheitsminister wichtige Weichenstellungen in der Corona-Krise wie etwa die Verkürzung des Genesenenstatus künftig selbst vornehmen. "Über tiefgreifende Entscheidungen wie etwa den Genesenenstatus möchte ich selbst und direkt entscheiden. Sonst trage ich die politische Verantwortung für das Handeln anderer", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung am Mittwoch.
Das Robert Koch-Institut (RKI) unter Lothar Wieler hatte den Genesenenstatus mit Wirkung vom 15. Januar unerwartet von sechs auf drei Monate verkürzt. Viele Bürger verloren damit quasi über Nacht ihr Recht, in Restaurants, Bars oder in Fitnessstudios zu gehen. Dass das RKI die Frist festlegt, sieht eine neue Verordnung zwar so vor, der Zeitpunkt kam dennoch überraschend. Vor allem die FDP kritisierte das Vorgehen des RKI und auch dessen Chef mit scharfen Worten.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst kritisierte Lauterbachs Haltung. "Ich bin nicht dafür, dass Herr Lauterbach das mit sich alleine ausmacht", sagte der CDU-Politiker im "Frühstart" von RTL/n-tv am Mittwoch. Wüst, der derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, sprach sich stattdessen für ein Mitbestimmungsrecht der Länder aus: "Wir sollten zu der alten Regelung zurückkehren, dass der Bundesrat zustimmungspflichtig ist."
Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow sagte MDR Aktuell, es sei ein schwerer Fehler gewesen, "dass durch eine einfache Information auf der Internetseite des RKI beziehungsweise des Paul-Ehrlich-Instituts auf einmal Anweisungen Gesetzeskraft bekommen". In der Bevölkerung habe das zu Irritationen und zu viel Vertrauensverlust geführt. "Das muss wieder in Ordnung gebracht werden.
Die MPK berät an diesem Mittwoch über weitreichende Öffnungen. Die Corona-Vorgaben sollen nach einem ersten Entwurf für eine MPK-Beschlussvorlage bis 20. März weitgehend entfallen. Danach soll es laut dem Entwurfsvorschlag nur "niedrigschwelliger Basisschutzmaßnahmen" bedürfen – etwa Maskenpflicht in Innenräumen. Der Bundestag solle die Rechtsgrundlagen für entsprechende Ländermaßnahmen schaffen, so der erste Entwurf von Kanzleramt und MPK-Spitzen.
- Nachrichtenagentur dpa