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Post von der Rentenkasse: Ersten Geringverdienern winkt Grundrente


Nach Einführung im Januar
Ersten Geringverdienern winkt Grundrente

Von dpa
Aktualisiert am 29.06.2021Lesedauer: 4 Min.
Rund 1,3 Millionen Menschen mit kleiner Rente bekommen einen Aufschlag.Vergrößern des Bildes
Rund 1,3 Millionen Menschen mit kleiner Rente bekommen einen Aufschlag. (Quelle: picture alliance / dpa./dpa)
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Berlin (dpa) - Mehr als ein halbes Jahr nach Einführung der Grundrente sollen die ersten Rentnerinnen und Rentnern den Aufschlag bald auf ihr Konto ausgezahlt bekommen.

"Wir sind in den letzten Zügen bei der Vorbereitung, und es kann bald losgehen", sagte der Rechtsexperte der Rentenversicherung, Christoph Schnell, am Dienstag in Berlin. Die ersten Bescheide an Neurentner könnten im Juli verschickt werden. Insgesamt will die Rentenversicherung in diesem Jahr bei sieben bis acht Millionen Rentnerinnen und Rentnern prüfen, ob sie den Aufschlag bekommen. Bis Ende 2022 sollen alle 26 Millionen Renten daraufhin überprüft werden. Ausgezahlt wird rückwirkend ab 1. Januar. Damals war der Zuschlag zur Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung oder Rente wegen Todes eingeführt worden.

"Dass die Grundrente jetzt ausgezahlt werden kann, ist das Verdienst der Beschäftigten der Deutschen Rentenversicherung", sagte Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes und Vorsitzende des Vorstands der Rentenversicherung der Deutschen Presse-Agentur. Schnell sprach von einem "Megaprojekt" - das "komplizierte, komplexe Gesetz" der Koalition sei nun zur Umsetzung bereit.

Wie viele Menschen Grundrente bekommen

Rund 900.000 Frauen und 400.000 Männer sollen den Aufschlag für langjährige Geringverdiener bekommen. "Es ist kein Antrag erforderlich", versicherte Schnell. Neurentner sollen in ihren Bescheiden rasch sehen können, ob sie zu den Empfängerinnen und Empfängern zählen. Bestandsrentner, die schon Rente beziehen, sollen nur entsprechende Infos erhalten, wenn sie auch Grundrente bekommen. Im Schnitt soll die Grundrente 75 Euro betragen. Maximal gibt es 418 Euro. Berechnet wird sie jeweils individuell.

Wer Grundrente bekommt

Grundrente bekommt, wer mindestens 33 Jahre Beiträge für Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit gezahlt hat oder dabei auch Zeiten für Kindererziehung oder Pflege aufweist oder Kranken-, Übergangs- oder Kurzarbeitergeld bezogen hat. Erst ab 35 Jahre gibt es den vollen Zuschlag. Die Grundrente richtet sich an Geringverdiener, aber die Beitragsleistung muss mindestens 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes entsprochen haben. Den vollen Aufschlag erhält zudem nur, wessen Monatseinkommen als Rentner bei maximal 1250 Euro bei Alleinstehenden oder 1950 Euro bei Eheleuten oder Lebenspartnern gelegen hat.

Beispiele für Grundrente

Beispiel Sabine Meier, die 40 Jahre in einem Erlanger Bekleidungsgeschäft angestellt war. In diesem erdachten Beispiel geht die Rentenversicherung nach unterm Strich unterdurchschnittlichem Verdienst von einer Rente von 1026 Euro aus. Der Grundrentenzuschlag beträgt 52 Euro. Allerdings werden die Einkommen von Meier und ihrem Mann geprüft, die mit zusammen 2000 Euro um 50 Euro über der Anrechnungsschwelle liegt. Diese 50 Euro werden zu 60 Prozent angerechnet: Um diese 30 Euro wird der Zuschlag gekürzt - es bleibt eine Grundrente von 22 Euro übrig. Am Beispiel einer Frau, die 35 Jahre in Ostdeutschland als Pförtnerin gearbeitet hat und auf 814 Euro Rente kommt, sieht man, dass die Grundrente auch deutlich höher liegen kann: Sie erhält 102 Euro Zuschlag - und inklusive Grundrente folglich 916 Euro Rente.

Warum die Grundrente kompliziert ist

Bei jeder Rentnerin und jedem Rentner wird geprüft, ob 33 Jahre Grundrentenzeiten zusammengekommen sind und die erworbenen Entgeltpunkte, nach denen die Rente berechnet wird, im vorgegebenen Bereich liegen. Bei den Neurentnern können diese Prüfungen nun ab Juli stattfinden. Wenn kein Anspruch auf Grundrente besteht, kann der Rentenbescheid dann verschickt werden. Sind die Voraussetzungen für Grundrente aber erfüllt, kommt erst noch die Prüfung des Einkommens über eine neue Datenautobahn. Geprüft werden das zu versteuernde Einkommen, der steuerfreie Teil der Rente sowie Kapitalerträge.

Ablauf der Einkommensprüfung

Dafür wird die Steuer-Identifikationsnummer der Betroffenen beim Bundeszentralamt für Steuern verifiziert und die Nummern der Ehepartner ermittelt. Dann kommt die eigentliche Einkommensabfrage beim jeweiligen Finanzamt. Erst wenn die Antwort bei der Rentenversicherung eingegangen ist, kann diese die tatsächliche Grundrente ermitteln, mitteilen und den Zuschlag mit der Rente am Monatsende auszahlen. Der Datentransfer für die Einkommensprüfung dürfte oft rund vier Wochen dauern. Ob die erste Grundrente noch im Juli fließt, ist daher ungewiss. Bei den 1,7 Millionen Rentnerinnen und Rentnern im Ausland erfragt die Rentenversicherung das Einkommen direkt.

Welche Renten als nächstes geprüft werden

Nach dem Start bei den Neurentnern will die Rentenversicherung im zweiten Halbjahr die Rentner von Menschen mit Grundsicherung, Wohngeld oder anderen Fürsorgeleistungen prüfen - sowie die Bezüge der Hochbetagten, die bereits vor 1992 Rente bezogen haben. In Wellen folgen bis zum vierten Quartal 2022 die Millionen weiteren Renten. Die Rentenversicherung erwartet, dass nach der Einkommensprüfung etwa fünf Prozent der Renten einen Zuschlag erhalten. Rentnerinnen und Rentner mit mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten und Grundsicherung oder anderen Fürsorgeleistungen, erhalten zudem neu einen Freibetrag von bis zu 223 Euro.

Wie es weitergeht

Knapp 1000 neue Stellen hat die Rentenversicherung für die Umsetzung der Grundrente geschaffen. 400 Millionen Euro kostet die Einführung. Auch künftig wird viel geprüft - die Einkommen der Betroffenen nämlich jährlich neu. Künftige Änderungen am Gesetz sind aber nicht ausgeschlossen. Bereits bevor sich Union und SPD im Herbst 2019 auf die Grundrente geeinigt haben, hatten sie fast bis zum Koalitionsbruch darüber gestritten. Gewerkschafterin Piel fordert, die "aufwendige und völlig unsinnige Einkommensanrechnung" wieder zu kippen. Während SPD-Fraktionsvize Katja Mast die Grundrente nun noch einmal als "sozialpolitischen Meilenstein" feierte, kritisierte FDP-Rentenexperte Johannes Vogel sie als "schlechtes Modell", da Altersarmut so nicht zielgenau bekämpft werde.

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