Trotz Fall Nawalny Streitfall Nord Stream 2: Merkels Haltung "erst einmal unberührt"
Der Fall von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny kratzt an den deutsch-russischen Beziehungen. Das umstrittene Pipeline-Projekt "Nord Stream 2" will die Kanzlerin jedoch nicht damit verknüpfen – trotz internationaler Kritik.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Diskussion über weitere Sanktionen gegen Russland wegen der Inhaftierung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny nicht mit dem Streit über die Gaspipeline Nord Stream 2 verknüpfen. Bei einer Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron sagte Merkel am Freitag, dass die personenbezogenen Sanktionen gegen Russland wegen der Inhaftierung Nawalnys ausgeweitet werden könnten. "Die Haltung zu Nord Stream 2 ist davon erst einmal unberührt."
Merkel betonte auch, dass trotz der Differenzen im Fall Nawalny der Dialog mit Russland nicht abgebrochen werden sollte. Es sei demnach "trotzdem strategisch geboten, mit Russland im Gespräch zu bleiben über viele geostrategische Fragen."
Macron setzt auf deutsch-französische Absprache
Macron pochte auf eine enge Absprache zwischen Deutschland und Frankreich bei Nord Stream 2. "Ich glaube, dass zu diesem Projekt, das fast abgeschlossen ist, nichts ohne eine enge deutsch-französische Koordinierung angekündigt werden kann", sagte er. Man setze weiterhin auf eine souveräne europäische Energiestrategie.
Die Pipeline zwischen Russland und Deutschland ist fast fertiggebaut. Frankreich steht dem Projekt wie viele andere europäische Staaten kritisch gegenüber. Die USA bekämpfen es mit Sanktionen, weil sie eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen befürchten.
Fall Nawalny belastet deutsch-russische Beziehungen
Nawalny war am Dienstag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er aus Sicht der Richterin mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren von 2014 verstoßen haben soll. Ihm werden aber ein mehrmonatiger Hausarrest und Haftzeiten angerechnet, sodass seine Anwälte von zwei Jahren und acht Monaten im Straflager ausgehen. Auf den prominentesten Oppositionellen Russlands war im August in Russland ein Giftanschlag verübt worden, von dem er sich anschließend in Deutschland erholt hat. Im Januar wurde er bei der Rückkehr nach Russland festgenommen.
Wegen der Inhaftierung Nawalnys werden in der EU bereits seit dem vergangenen Monat neue EU-Sanktionen gegen Russland diskutiert. Im vergangenen Jahr hatte die EU nach dem Anschlag auf Nawalny bereits Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin verhängt. Auch Russland hatte am Freitag mehrere EU-Diplomaten, darunter einen deutschen, ausgewiesen.
- Nachrichtenagentur dpa